Silicium – das vielgestaltige Element

Herbstliche Kürbissuppe und Zutaten auf rustikalem Holztisch
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Knochen, Haut, Blutgefäße: In vielen menschlichen Geweben steckt Silicium. Doch seine Anerkennung als essenzielles Spurenelement ist weiter Zukunftsmusik.

Gleich nach dem Sauerstoff ist Silicium das häufigste Element der Erdkruste: Es ist Bestandteil von Sand, Quarz, Gneis, Feldspat und vieler anderer Gesteine. Dementsprechend findet es über Nahrung und Wasser den Weg in unseren Körper. Hier ist es vor allem im Bindegewebe anzutreffen: in Knochen, Nägeln, Haaren, in der Haut oder den Wänden unserer Blutgefäße. Als integraler Bestandteil von Epithelien, Knorpeln und anderen Bindegeweben verbessert es die Stabilisierung dieser Gewebe. Dies ist seinem Einfluss auf die Quervernetzung von Proteinen zu verdanken, z.B. von Kollagen und Glycosaminoglykanen.¹ Daher wird ihm auch eine Wirkung auf die Elastizität der Haut und auf die Stabilität von Arterienwänden zugesprochen.¹

Die Quervernetzung des Keratins ist für den Aufbau von Haar- und Nagelsubstanz wichtig¹, weshalb siliciumhältige Nahrungsergänzungsmittel gern für diesen Zweck eingesetzt werden. Auch in der Knochengesundheit ist Silicium gefragt: Man vermutet, dass es an der Knochenkalzifikation beteiligt ist und über die Synthese/Stabilisation von Kollagen auch auf die Knochenformation wirkt.²

In Nahrungsergänzungsmitteln findet Silicium vor allem in Form von Kieselerde (Terra silicea) Anwendung. Kieselerde oder Kieselgur besteht aus mikroskopisch kleinen Gerüstpanzern abgestorbener Kieselalgen. Sie enthalten Silicium zum Großteil in Form von amorpher Kieselsäure. Daneben finden verschiedene Silkate pharmazeutische Verwendung, also Salze der Kieselsäure unterschiedlicher Zusammensetzung: etwa Zeolithe, Bentonit (Tonerde) oder Kaolin (Bolus alba, weißer Ton). Siliciumdioxid ist in unterschiedlichen Qualitäten als Hilfsstoff gebräuchlich. Es dient z.B. als Hilfsmittel für Tabletten und Dragees, Fließregulierungsmittel, Adsorptionsmittel, Antistatikum in Pudern oder Viskositätserhöher. Silicagel (Blaugel) wird als Trockenmittel verwendet.

Health Claims

Derzeit gibt es keine Health Claims für Silicium. In einer entsprechenden Stellungnahme lehnte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 2011 die Einführung von Health Claims für folgende Punkte bislang ab: Schutz gegen die Akkumulation von Aluminium im Gehirn, kardiovaskuläre Gesundheit, Darmgesundheit, Bildung einer Schutzschicht auf der Magenschleimhaut, Neutralisierung von Magensäure, Unterstützung des normalen Aussehens und der Elastizität der Haut, Beitrag zur Bildung von normalem Kollagen und Bindegewebe, Unterstützung normaler Knochen und Gelenke, Beitrag zur Bildung von Haaren und Nägeln.³

Steckbrief

Vorkommen

Silicium findet sich ubiquitär in Lebensmitteln⁴, vor allem in pflanzlichen. Besonders siliciumreich sind Hafer, Hirse, Gerste, Kartoffeln, Weizen⁵ und deren Erzeugnisse. Aber auch viele Gemüsesorten enthalten nennenswerte Mengen des Elements: etwa Mais, Kohl, Kren, Karfiol oder Kürbis.⁵ Sonnenblumenkerne und Petersilie liefern Silicium, genauso verschiedene Getränke (Wasser, Bier, Wein.) Beispiele für siliciumhältige Arzneipflanzen sind der Ackerschachtelhalm und die Brennessel. In Nahrungsmitteln findet sich Silicium vorwiegend organisch gebunden, z.B. an Pectin. In dieser Form ist es schlechter resorbierbar als in Form monomerer Kieselsäure.⁶

Bedarf

Offiziellen Empfehlungen für die tägliche Siliciumzufuhr existieren nicht. Wegen mangelnder Daten hat die EFSA auch keinen Tolerable Upper Intake Level (UL-Wert) für Silicium definiert.⁷  Abgeleitet von den Mengen, die dem Körper täglich mit dem Stuhl, Urin, Haaren, Nägeln und Hautschuppen verlorengehen, empfehlen verschiedene Autoren eine Zufuhr zwischen 10 und 50 mg Silicium pro Tag.1,5

Die EFSA betrachtet jene tägliche Gesamtzufuhr als gesundheitlich unbedenklich, die den mit der üblichen Nahrung aufgenommenen Siliciummengen entsprechen: 20-50 mg bzw. 0,3-0,8 mg pro kg KG bei Personen mit 60 kg.⁷

Mögliche Anwendungsgebiete

Aufgrund seines Vorhandenseins in diversen Bindegeweben werden folgende Anwendungsgebiete für Silicium vorgeschlagen:

  • Störungen der Haarbildung, Haarausfall1,5
  • Störungen der Nagelbildung, brüchige Nägel1,5
  • Bindegewebsschwäche¹
  • Schwangerschaftsstreifen¹
  • Altershaut¹, fehlende Hautelastizität5
  • Osteoporose1,5

Wegen seiner Bindungsfähigkeit für verschiedene Stoffe wurde kolloidale Kieselsäure auch bei Durchfallerkrankungen empfohlen, Silikate auch bei anderen gastrointestinalen Störungen (Magenübersäuerung).

„Medizin Transparent“, ein Service von Cochrane Österreich und der Donau-Universität Krems, fand 2018 keine belastbare Evidenz für den Einsatz von Silicium gegen Osteoporose, Kniearthrose oder Störungen der Haut, Haare und Nägel. Auch eine postulierte Schutzwirkung gegen Morbus Alzheimer ist nicht durch Studien abgesichert.⁸

Mögliche Mangelsymptome

  • Brüchige Nägel¹
  • Bindegewebsschwäche¹
  • Störungen in der Biosynthese von Kollagen und Proteoglykanen¹
  • Minderung der Elastizität von Haut und Blutgefäßen⁵
  • Siliciumentzug führte bei Tieren zu Defekten im muskuloskelettalen System.²

Eine Abnahme der Siliziumresorption ist z.B. bei einer ungenügenden Produktion von Bauchspeicheldrüsenenzymen (exokrine Pankreasinsuffizienz) möglich.⁹

Praxistipps

  • Silicium spielt auch eine Rolle in der Komplementärmedizin: als Nr. 11 unter den Schüssler Salzen oder in der Homöopathie als Acidum silicium (Silicea).
  • Hinter dem Lebensmittelzusatzstoff E551 verbirgt sich Siliciumdioxid.
  • Was die maximale Tagesdosis von Silicium aus Nahrungsergänzungsmitteln betrifft, sind sich die offiziellen Stellen nicht einig: Gemäß der EFSA (2009) bestehen für Nahrungsergänzungsmittel keine Sicherheitsbedenken bei einer täglichen Aufnahme von
  • bis zu 700 mg Silicium pro Tag in Form von Siliciumdioxid
  • 200 mg Silicium in Form von Kieselsäure.⁴
  • Das Bundesinstitut für Risikobewertung (2021) empfiehlt für Nahrungsergänzungsmittel nur eine Tageshöchstmenge von
  • 350 mg Silcium in Form von Siliciumdioxid
  • 100 mg Silicium in Form von Kieselsäure (Silicagel)
  • 10 mg Silicium in Form von Monomethylsilantriol (organisches Silicium) oder Cholin-stabilisierter Orthokieselsäure.⁴

Die britische Expert Group on Vitamins and Minerals leitete 2003 ein Safe Upper Level von 11,65 mg Silicium pro kg KG für die tägliche zusätzliche Siliciumzufuhr über Nahrungsergänzungsmittel und angereicherte Lebensmittel ab. Das Safe Upper Level für die tägliche Gesamtzufuhr (üblicher Nahrung plus zusätzlicher Zufuhr) wurde auf 760 mg pro Tag bei 60 kg Körpergewicht geschätzt.⁴

Quellen:

¹ Gröber U., Mikronährstoffe, Metabolic Tuning-Prävention-Therapie, WVG Stuttgart 2011

² Holzer G, Holzer LA, Silizium in der Therapie der Osteoporose, J. für Mineralstoffwechsel und muskuloskelettale Erkrankungen 2008, https://www.kup.at/kup/pdf/7185.pdf

³ EFSA, Scientific opinion on the substantiation of health claims related to silicon, https://doi.org/10.2903/j.efsa.2011.2259

⁴ Bundesinstitut für Risikobewertung, Höchstmengenvorschläge für Silizium in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln

⁵ Burgersteins Handbuch der Nährstoffe, 11. AFL 2007

Biesalski H, Taschenatlas Ernährung, 8. AFL, Stuttgart: Thieme; 2020.

⁷ EFSA; Opinion of the Scientific Panel on Dietetic Products, Nutrition and Allergies on a request from the Commission related to the Tolerable Upper Intake Level of Silicon, 2004

⁸ Kerschner B., Silizium: zur Nahrungsergänzung nutzlos? www.medizin-transparent.at

⁹ Biesalski HK, Vitamine, Spurenelemente und Mineralstoffe. Georg Thieme Verlag; Stuttgart/New York 2002