Selen: Radikalfänger für Schilddrüse und zum Zellschutz
Selen ist ein essenzielles Spurenelement, das relativ selten in unterschiedlichen Konzentrationen in der Erdkruste vorkommt. In vielen Gegenden Europas, auch in Österreich und Deutschland, finden sich selenarme Böden. Vor allem hier kann es zum Selenmangel der dort ansässigen Bevölkerung kommen.
Physiologie
Selen hat viele Funktionen in unserem Körper. Es wirkt antioxidativ und immunmodulierend. Im menschlichen Körper gibt es selenocysteinhaltige Proteine, die für die Regulierung von Redoxhaushalt und antioxidative Prozesse der Zellen und Geweben zuständig sind. So sind selenocysteinhaltige Proteine wie GSH-Peroxidasen für die Entgiftung von Wasserstoffperoxid zuständig oder Thioredoxin-Reduktasen für die Reduktion von Disulfiden zu SH-Gruppen unverzichtbar.
Selen gilt als das wichtigste Spurenelement für die Schilddrüse. Bei der Produktion von Schilddrüsenhormonen kommt es zur Bildung von Sauerstoffradikalen, welche das Gewebe beschädigen können. Durch selenocysteinhaltige Proteine können diese neutralisiert werden und die Schilddrüse vor degenerativen Veränderungen geschützt werden. Weiters ist Selen wichtig für die Umwandlung von Thyroxin in Triiodthyronin. Selen wird als Standardtherapie bei Hashimoto-Thyreoditis eingesetzt. Dabei sollen Patienten begleitend jeden Tag 200µg Selen über drei Monate einnehmen.
Im Anfangsstadium von verschiedenen Krebsarten kann Selen protektiv wirken. Durch die antioxidative Wirkung können DNA-Veränderungen verhindert werden.1,2
Health Claims
Für Selen sind folgende Health Claims beschrieben:3
- Trägt zur Erhaltung normaler Haare bei
- Trägt zur Erhaltung normaler Nägel bei
- Trägt zu einer normalen Spermabildung bei
- Trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei
- Trägt zu einer normalen Schilddrüsenfunktion bei
- Trägt dazu bei, die Zellen vor oxidativem Stress zu schützen
Mangel
Ein Selenmangel macht sich vor allem durch eine übermäßige Infektanfälligkeit bemerkbar. Untypische Symptome wie Müdigkeit oder depressive Verstimmungen können begleitend auftreten. Auch bei Chronic-Fatigue-Patienten wurden vermehrt Selenmängel nachgewiesen. Vegetarier und Veganer leiden häufiger an Selenmangel.
Selenmangelerkrankungen:
- Keshan-Krankheit: eine Form der juvenilen Kardiomyopathie
- Kaschin-Beck-Krankheit: eine Form der Knorpeldegeneration
- Weißmuskelkrankheit: eine Form der nutritiven Rhabdomyolyse
Eine Überdosierung von Selen kann schnell toxisch werden. Überdosierungssymptome sind Haarausfall und brüchige Fingernägel. Patienten haben einen knoblauchartigen Körper- und Mundgeruch und leiden oft an Bauchschmerzen mit Übelkeit oder Durchfall.1,2
Steckbrief
Vorkommen1,2
Die Selenkonzentration in Lebensmitteln hängt sehr stark von den Böden ab. Selenreich sind Fleisch, Fisch, Innereien und Nüsse. Vor allem in Paranüssen findet sich viel Selen.
Erhöhter Bedarf1,2
Bei Schwangeren, Stillenden und Vegetariern besteht ein erhöhter Bedarf. Durch einen erhöhten Selenbedarf oder Malabsorption können auch Patienten mit HIV, ARDS, Autoimmunothyreoiditis, Krebs, Polytraumen oder Raucher und Leistungssportler einen erhöhten Bedarf haben.
Eingesatzgebiete1,2
- Begleitend zu einer onkologischen Therapie
- Präventiv oder begleitend bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus oder rheumatischen Erkrankungen
- Infektanfälligkeit
- Begleitend bei Autoimmunthyreoditis
Mangelsymptome1,2
- Müdigkeit, depressive Verstimmung
- Infektanfälligkeit
- Erhöhte Allergieneigung
- Schilddrüsenprobleme
- Myopathien
Praxistipps
Eine hoch dosierte oder längerfristige Einnahme von Selen sollte nur unter regelmäßiger Kontrolle der Selenspiegel im Vollblut erfolgen.
Aufnahme verbessern1,2
Bei der Einnahme von Selen ist auf darauf zu achten, welche Selenverbindung man zu sich nimmt. Selenmethionin nimmt man am besten zum Essen, Natriumselenit zwei Stunden nach dem Essen.
Tagesbedarf/Umrechnung
Eine Einnahme von 30–70µg Selen pro Tag gilt für gesunde Erwachsene als unbedenklich.1,2
CAVE
Überdosierungen von Selen (mehrere Gramm) können zu Kammerflimmern, Herzversagen und im schlimmsten Fall zum Tod führen.
Quellen
- Mikronährstoff-Coach: Wien, Österreich: Verlagshaus der Ärzte, 2020
- Gröber, Uwe: Mikronährstoffe: Metabolic Tuning – Prävention – Therapie ; mit 134 Tabellen, 3. Aufl., Weinheim, Deutschland: Beltz Verlag, 2011.
- Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012
- Gröber, Uwe: Arzneimittel und Mikronährstoffe – Medikationsorientierte Supplementierung, 4. Aufl., Stuttgart, Deutschland: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2018