Vitamin B12 – das Vitamin für Blut und Nerven
Ein Vitamin-B12-Mangel ist weiter verbreitet, als man denkt. Nicht nur Veganer und Vegetarier sind davon betroffen, auch ältere Personen, Schwangere oder Personen mit Nieren- oder gastrointestinalen Erkrankungen.
Physiologie
Vitamin B12, auch Cobalamin genannt, wird von Mikroorganismen in der Natur hergestellt und ist daher nur in tierischen Lebensmitteln enthalten.1 Es gehört zu den Corrinoiden und hat Cobalt als Zentralatom.2,3
Natürlich kommt es nur proteingebunden vor. Der Körper muss es daher durch das saure Milieu im Magen und mithilfe von Pepsin freisetzen. Im Magen wird das gerade vom Protein befreite Vitamin B12 an den Intrinsic Factor gebunden, welcher in den Belegzellen gebildet wird. Im Ileum wird der Intrinsic Factor-Vitamin-B12-Komplex dann Ca2+-abhängig durch Endozytose absorbiert.1,3 Pro Mahlzeit kann der Körper nur 2µg Vitamin B12 aufnehmen. Daher sollte die empfohlene Dosis von 4µg/Tag immer aufgeteilt werden.2
Vitamin B12 fungiert als Co-Enzym für viele Prozesse im Körper. Die aktiven Formen werden Methylcobalamin und Adenosylcobalamin genannt.
Methylcobalamin ist wichtig für die Remethylierung von Homocystein und für die Rückgewinnung der Tetrahydrofolsäure aus N-Methyl-tetrahydrofolsäure.2,4 Weiters trägt Vitamin B12 zur Methylierung von Neurotransmittern, Myelin und auch Phospholipiden bei. Vitamin B12 ist an der Bildung der Erythrozyten und an der DNA-Synthese beteiligt. Adenosylcobalamin ist für die Fettsäuresynthese wichtig, dabei wirkt es an der Umwandlung von Methylmalonyl-Coenzym A zu Succinyl-Coenzym A mit.2,4,5
HEALTH CLAIMS
Für Vitamin B12 sind zahlreiche Health Claims beschrieben6:
- Trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei
- Trägt zu einer normalen Funktion des Nervensystems bei
- Trägt zu einem normalen Homocysteinstoffwechsel bei
- Trägt zur normalen psychischen Funktion bei
- Trägt zu einer normalen Bildung roter Blutkörperchen bei
- Trägt zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei
- Trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei
- Hat eine Funktion bei der Zellteilung
MANGEL
Der Vitamin-B12-Mangel ist weit verbreitet. Besondere Risikogruppen stellen dabei ältere Personen und Patienten mit chronischer Gastritis dar. Bei älteren Personen kommt es zu einer verminderten Aufnahme von Vitamin B12, da die Menge an produziertem Intrinsic Factor weniger wird.4,5
PRAXISTIPP: Vegane Mütter, die ihre Babys stillen, sollte man unbedingt auf die Wichtigkeit eines normalen Vitamin-B12-Haushaltes hinweisen, andernfalls kann der Veganismus für das Baby zur Gesundheitsgefahr werden.
Ein schwerwiegender Vitamin-B12-Mangel äußert sich in einer sog. Perniziösen Anämie. Es ist eine Form der makrozytären Anämie, wobei die Entwicklung der Erythrozyten durch den Mangel an Vitamin B12 gestört ist. Die Hauptursache für eine solche Perniziöse Anämie, auch Morbus Biermer genannt, ist die Unfähigkeit zur Magensaftproduktion. Infolgedessen wird kein Intrinsic Factor gebildet und auch kein Vitamin B12 aufgenommen. Symptome für diese Mangelerkrankung sind Blässe, strohgelbe Verfärbung der Haut, Glossitis und Diarrhoe, unbehandelt führt diese zum Tod. Weiters kommt es zu neurologischen Ausfallserscheinungen, der sog. Funikulären Myelose. Durch die unzureichende Fettsäuresynthese ist die Bildung der Myelinscheiden gestört.2
Eine Überdosierung mit Vitamin B12 ist selten, da bei hoher Dosierung der Großteil gleich über den Urin ausgeschieden wird.2
- Page, Hans-Christian / Armin Kurtz / Stefan Silbernagl: Physiologie, Stuttgart, Deutschland: Georg Thieme Verlag, 2019
- A. Domke, R. Großklaus, B. Niemann, H. Przyrembel, K. Richter, E. Schmidt, A. Weißenborn, B. Wörner, R. Ziegenhagen: Verwendung von Vitaminen in Lebensmitteln: Toxikologische und ernährungsphysiologische Aspekte – Teil I, in: BfR Wissenschaft, Jg. 03/2004, S. 211-220
- Mutschler, Ernst / Gerd Geisslinger / Heyo Kroemer / Sabine Menzel / Peter Ruth: Mutschler Arzneimittelwirkungen: Pharmakologie – Klinische Pharmakologie – Toxikologie, vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage., Stuttgart, Deutschland: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2012.
- Gröber, Uwe: Mikronährstoffe: Metabolic Tuning – Prävention – Therapie ; mit 134 Tabellen, 3. Aufl., Weinheim, Deutschland: Beltz Verlag, 2011.
- Mikronährstoff-Coach: Wien, Österreich: Verlagshaus der Ärzte, 2020
- Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission vom 16. Mai 2012
- Gröber, Uwe: Arzneimittel und Mikronährstoffe – Medikationsorientierte Supplementierung, 4. Aufl., Stuttgart, Deutschland: Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2018
Steckbrief
Vorkommen2,4,5
Enthalten in Fleisch, Fisch, Eiern, Milch- und Milchprodukten, weiters sind geringe Mengen auch in fermentierten Produkten wie Sauerkraut vorhanden.
Erhöhter Bedarf2,4,5
- Ältere Personen
- Vegetarische oder vegane Ernährung
- Mangel an Intrinsic Factor
- Schwangere, Stillende, Säuglinge
- Leber und Nierenerkrankungen aufgrund erhöhter Ausscheidung
- Diabetes mellitus
Eingesetzt bei4,5,7
- Älteren Personen, Patienten mit chronischer Gastritis, Vegetarier, Veganer zur Bedarfsdeckung
- Sport, Stress und Konzentrationsschwierigkeiten
- Unterstützend bei Antidementivatherapie
- Schwangere und Stillende
Mangelsymptome3
- Müdigkeit, Schwäche, Schwindel
- Infektanfälligkeit
- Neuralgien
- Gangunsicherheit
- Konzentrationsstörungen
- Brennende Zunge
- Erhöhter Homocystein-Spiegel
Praxistipps
Aufnahme verbessern
Vitamin B12 sollte am besten nüchtern eingenommen werden.4,5
Tagesbedarf / Umrechnung
Für Vitamin B12 ist kein UL (Tolerable Upper Intake Level) definiert.2 Die NOAEL (= No Observed Adverse Effect Level, maximale Aufnahmedosis) ist mit 3000µg/d definiert.2,4,5 Empfohlen wird laut D-A-CH eine Zufuhr von 4µg/Tag für Erwachsene.5
CAVE
Ein Vitamin-B12-Mangel begünstigt indirekt einen Folsäuremangel.4