Selen – Gift oder Gold?

Lebensmittel mit hohem Selengehalt auf hellgrauem Hintergrund. Konzept für gesunde Ernährung. Draufsicht, flache Lage
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Selen ist ein essenzielles Spurenelement, das eine wichtige Rolle als Radikalfänger spielt.

Selen wurde erst 1817 entdeckt und galt damals als krebsauslösend und als Umweltgift. 1957 begann seine Erfolgsgeschichte als essenzielles Spurenelement und weist heute eine Reihe von Health Claims auf.

Physiologie: Die antioxidative Wirkung des Selens lässt sich darauf zurückführen, dass Selen ein Bestandteil des Enzyms Glutathionperoxidase (= GPx) ist. Dieses schützt die Zellen vor aggressiven Sauerstoffformen, wie sie durch Umweltgifte, Rauchen oder physiologischerweise bei der Synthese von Schilddrüsenhormonen anfallen. Damit in diesem Fall das Schilddrüsengewebe nicht nachhaltig geschädigt wird, hilft die GPx, das anfallende H2O2 zu Wasser umzuwandeln. GPx selbst wird durch Selen aktiviert.
Selen ist außerdem Bestandteil weiterer Enzyme, wie etwa der Dejodase, die das inaktive Schilddrüsenhormon L-Thyroxin (= T4) in aktives Triiodthyronin (= T3) überführt.

Health Claim: Selen trägt zu schönen Haaren und Nägeln bei, ist wichtig für das Immunsystem, schützt vor oxidativem Stress, kann Männer mit Kinderwunsch unterstützen und hilft, die normale Funktion der Schilddrüse aufrechtzuerhalten.

Ursachen des Mangels: Es sind einige Erkrankungen bekannt, die mit einem Selenmangel einhergehen. Dazu zählen Pankreatitis, zystische Fibrose, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, Niereninsuffizienz und Krebs. Auch Herzinfarktpatienten haben niedrigere Selenspiegel. Eine entsprechende Substitution bewirkte eine signifikante Reduktion von Zweitinfarkten und Todesfällen.

Steckbrief

Praxistipps

  • In Österreich, Deutschland und der Schweiz finden sich in vielen Gebieten selenarme Böden. Dies spiegelt sich in der Versorgungssituation wider. Ein Drittel der Erwachsenen und Senioren erreicht in diesen Regionen die empfohlenen Aufnahmemengen nicht. Bei Kindern liegen diese Werte noch höher. Daher ist eine langfristige Gabe von bis zu 200 Mikrogramm Selen pro Tag empfehlenswert. Bei höherer und regelmäßiger Aufnahme sind routinemäßige Kontrollen im Vollblut erforderlich. Bei mehr
    als 750 Mikrogramm pro Tag ist eine Verlängerung der Blutgerinnungszeit möglich.
  • In Nahrungsergänzungsmitteln liegt Selen häufig als Natriumselenit oder Selenmethionin vor. Natriumselenit ist akut bioverfügbar und steht rasch zur Verfügung. Seine Halbwertszeit ist etwa halb so lang wie die von Selenmethionin, das ein natürlicher Bestandteil der Nahrung ist und in verschiedene Proteine, vor allem der Skelettmuskulatur eingebaut wird.
  • Zu beachten ist, dass ein Vitamin-B6-Mangel zu Verwertungsstörungen von Selen führen kann.