Demenz: Ein Garten gegen das Vergessen
Bekanntes erkennen lassen und Interesse wecken – das sind Reize, die der Demenzgarten auf die Patienten ausüben soll. Regelmäßig werden deshalb demente Bewohner des Mülheimer Dorfes von ihren Betreuern in den Garten geführt.
In die Grünanlage integriert sind mehrere bewegungstherapeutische und sensomotorische Übungsmodule, die die Sinne der Patienten aktivieren und ihre räumliche Orientierung unterstützen sollen. So weisen zum Beispiel große Mikadostäbe den Demenzkranken den Weg und naturbelassene Holzstangen auf einem kleinen begehbaren Hügel sollen die Hand-Fuß-Koordination fördern und den Gleichgewichtssinn trainieren.
Erfolgreiche „Koproduktion“ von vielen Partnern
Das Projekt steht unter dem Motto „Urbane Räume für ein gesundes Alter“, es wurde vom Institut für Stadtplanung und Städtebau der Universität Duisburg-Essen initiiert und von der Städteplanerin Sonia Teimann entworfen und geplant. Partner sind die Theodor Fliedner Stiftung, das Zentrum für Außenflächengestaltung für pflegebedürftige Personen (ZAPP) sowie die Abteilung für Psychiatrie des LVR-Klinikums Essen, die das Modellprojekt wissenschaftlich begleitet.
„Wir untersuchen beispielsweise, ob der regelmäßige Besuch der Grünanlage Auswirkungen auf die Stimmung der Patienten, auf ihre Orientierungsfähigkeit, ihren Tag-Nacht-Rhythmus und ihre Alltagskompetenz hat“, erklärt Dr. Ute Fiedler vom LVR-Klinikum Essen. Ziel des Projektes sei es, ältere und vor allem demente Menschen zu motivieren, aktiver zu werden, in die Natur zu gehen und wieder soziale Kontakte aufzunehmen.
Mehr Tageslicht sorgt für besseren Schlaf
„Wir wissen, dass Licht den Tag-Nacht-Rhythmus synchronisiert und das Schlafverhalten bessert und dass körperliche Aktivität nicht nur das Wohlbefinden steigert, sondern sogar die Regeneration von Nervenzellen fördern kann“, erläutert die Kollegin.
Falls sich positive Effekte nachweisen lassen, könne der Demenzgarten Vorbild für die Gestaltung von Grünanlagen im Stadtgebiet sein und dazu beitragen, dass Menschen mit Demenzerkrankung sich wohlfühlen und sich besser in ihre Umgebung integrieren. „Was in dem Dorf am Rande Mülheims, in dem rund 600 alte und junge Menschen mit und ohne Behinderung zusammenleben, möglich ist, sollte sich auch in anderer Umgebung realisieren lassen“, sagt Dr. Fiedler.
Das Modellprojekt wurde 2012 mit der Anlage und Gestaltung des Gartens begonnen, von März bis Oktober 2013 lief die eigentliche Studienphase, in der Demenzpatienten regelmäßig den Garten besucht haben. Zu Beginn der Studie, in deren Mitte und am Ende der Laufzeit wurden die Patienten eingehend untersucht – inklusive Gedächtnis- und Stimmungstest und Befragung der Betreuungspersonen.
Bei Wind und Wetter raus in den Garten
Noch ist die Auswertung nicht abgeschlossen, es gibt allerdings erste Ergebnisse. „Der Garten ist mit Begeisterung von den Patienten und ebenso von deren Betreuungspersonen angenommen worden“, berichtet Dr. Fiedler. Die Inanspruchnahme war hoch, höher als ursprünglich erwartet.
Die Patienten haben den Garten bei Wind und Wetter besucht – mehr als fünf Mal pro Woche für mindestens eine Stunde. Außerdem gibt es gute Hinweise, dass die Gartenbesuche das Stimmungsbild der Patienten positiv beeinflussen und deren soziale Integration fördern: „Dort kam es häufig zu sozialen Begegnungen und es wurden sogar immer wieder Feste gemeinsam gefeiert.“
Werden auch Stimmung und Gedächtnisleistung gebessert?
Auszuwerten ist noch, wie die einzelnen ergometrischen Module angenommen wurden, wie sie sich auf das Befinden der Patienten ausgewirkt haben und ob die Aufenthalte im Demenzgarten die körperliche Aktivität der Patienten gesteigert haben. Außerdem werden Parameter zur Stimmung und zur Gedächtnisleistung, zur sozialen Integration und zur Lebensqualität ausgewertet. „Das Ergebnis der Studie wird mit Spannung erwartet, erklärt Dr. Fiedler.
Quelle: Medical-Tribune-Bericht