KHK plus Diabetes – so packen Sie es an
Was die Diabetes-Diagnostik betrifft, so verlässt man sich nach wie vor auf den Blutzucker: Dessen Nüchterngrenze liegt bei 126 mg/dl, das Belastungslimit (Zwei-Stunden-Wert) bei 200 mg/dl. Das HbA1c (> 6,5 %) kann genutzt werden, doch bleiben laut Guideline Zweifel an der Sensitivität dieses Parameters – sprich ein Wert unter 6,5 % schließt den Diabetes nicht aus.
Bei koronarkranken Patienten muss man häufig einen Glucose-Belastungstest durchführen, vor allem wenn Nüchternzucker und HbA1c keine klaren Schlüsse zulassen, betonten Professor Dr. Anton Sirnes aus Norwegen und Professor Dr. Guy de Backer von der Universität Gent, Belgien.
Klare Aussagen trifft die Leitlinie zu den Allgemeinmaßnahmen: Lebensstiländerungen sollen wirksam, aber auch umsetzbar sein. Strikt kohlenhydratarme Kost wird nicht gefordert, aber „täglicher Konsum von Obst und Gemüse“. Der Fettanteil der Nahrung wird auf < 35 % (der gesamten Energiezufuhr) begrenzt, gesättigte Fettsäuren sollten dabei < 10 % und einfach ungesättigte > 10 % ausmachen.
Etwas mehr Bewegung sollte schon drin sein
Rauchverzicht und mehr Bewegung – mindestens 30 Minuten am Tag oder 150 Minuten in der Woche – bilden nach wie vor Standardinhalte der Allgemeinberatung. Als „Hausnummer“ für die Gewichtsreduktion nennt die Leitlinie mindestens 5 % bei BMI über 25 kg/m2.
Die pharmakologische Stoffwechselkontrolle soll laut Leitlinie individualisiert erfolgen und Begleitkrankheiten sowie das Alter berücksichtigen. Um mikro- und makrovaskuläre Schädigungen möglichst effektiv zu verhindern, wird ein normnaher HbA1c-Wert (unter 7 %) angestrebt. Dieser vergleichsweise lockere Zielwert setzt die Patienten keinem unnötigen Unterzuckerungsrisiko aus.
Ältere Menschen mit langer Krankheitsdauer und Folgekomplikationen könnten auch auf Werte von 7,5–8,0 % eingestellt werden. Niedrigere HbA1c-Zielwerte von 6–6,5 % darf man dagegen bei jüngeren Patienten mit kurzer Krankheitsdauer, langer Lebenserwartung und ohne relevante Herz-Kreislauf-Schäden anvisieren.
Zur Blutzuckerkontrolle von Typ-1-Diabetikern wird auf die basale Behandlung mit einem Bolusinsulin und engmaschige BZ-Kontrolle gesetzt. Als First-line-Medikation von Typ-2-Diabetikern nennen die Experten Metformin. Die weiteren pharmakologischen Optionen werden in dem frei zugänglichen Dokument** ausführlich erörtert.
Konsequente Blutdruckkontrolle anstreben!
Das zweite Standbein der kardiovaskulären Diabetiker-Protektion heißt konsequente Blutdruckkontrolle. Nach aktueller Datenlage gelten Zielwerte ≤ 140/85 mmHg als ausreichend – von dem Motto „Je niedriger, desto besser“ ist man abgerückt, weil bei älteren multimorbiden Patienten Werte unter 130/80 mmHg vermehrt Nebenwirkungen und Komplikationen heraufbeschwören. Eine Ausnahme bildet die Nephropathie mit Proteinurie: Sie fordert einen systolischen Obergrenzwert von 130 mmHg.
Sehr häufig bedarf es einer Antihypertensiva-Kombination. Prinzipiell kann auch bei Diabetikern jedes Antihypertensivum nützlich sein: Doch vorrangig werden ACE-Hemmer und AT1-Rezeptorantagonisten empfohlen – insbesondere wenn Proteinurie oder Mikroalbuminurie bestehen.
Betablocker und Diuretika haben ungünstige metabolische effekte
Betablocker und Diuretika sollten wegen der ungünstigen metabolischen Effekte nicht Mittel der Wahl sein, es sei denn, eine kardiale Komorbidität verlangt die Gabe eines Betablockers. Insgesamt hat die effektive Blutdruckkontrolle einen sehr hohen Stellenwert.
Aggressiv soll man bei Diabetikern mit hohem kardiovaskulärem Risiko auch Probleme im Fettstoffwechsel angehen. Dies ist das Präventions-Standbein Nummer drei. Angestrebt wird ein LDL-Wert unter 70 mg/dl bzw. eine LDL-Reduktion um ≥ 50 %.
Keine Diskussion gibt es um die medikamentöse Basis der Lipidtherapie – Statine bilden den Dreh- und Angelpunkt. Unterstützend kommen Bewegung, Gewichtsreduktion und Verzicht auf schnell absorbierbare Kohlenhydrate hinzu.
Ein Gebot zur Primärprävention mit niedrig dosierter Acetylsalicylsäure (ASS) besteht nicht bei Diabetes und niedrigem kardiovaskulärem Risiko. ASS-Therapie kann aber individuell bei sehr hohem Gefäßrisiko erwogen werden. Außer Frage steht dagegen die Indikation bei ischämischen Syndromen bzw. in der Sekundärprävention.
Quelle: European Society of Cardiology - Kongress 2013 in Amsterdam