Parkinson-Patienten droht die Kachexie
Es gibt viele Gründe, weshalb Menschen im hohen Alter in die Mangelernährung gleiten. Geruchs- und Geschmackssinn stumpfen ab, der Appetit schwindet, teils als Folge des Alters, teils aber auch als Nebenwirkung von Arzneimitteln. „Das muss gar nicht in Übelkeit und Erbrechen ausarten“, erklärte Professor Dr. Claudia Trenkwalder von der Paracelsus-Elena-Klinik in Kassel.

Hinzu kommen Kau- und Schluckprobleme sowie eine verringerte Magenkapazität und eine gesteigerte Aktivität von Sättigungshormonen bei den älteren Menschen.
Gewichtsverlust oft vor motorischen Zeichen
Bei Parkinson-Patienten gibt es darüber hinaus eine Reihe spezifischer Gründe, weshalb sie abmagern – immerhin erfüllt im fortgeschrittenen Krankheitsstadium jeder Fünfte die Definition der Kachexie. Nicht alle Ursachen sind geklärt, so weiß man nicht, weshalb Patienten oft schon vor Einsetzen der motorischen Symptome abzunehmen beginnen. Die Geruchs- und Geschmacksstörungen sind bei ihnen oft noch stärker ausgeprägt als im Alter ohnehin.
Viel zu selten wird bedacht, dass der Tremor selbst beim unzureichend behandelten Parkinson-Patienten viel Energie kosten kann. Prof. Trenkwalder berichtete von einer Patientin, die im Zustand schwerster Mangelernährung stationär aufgenommen werden musste; sie wog bei einer Größe von 1,78 m nur noch 47 kg und berichtete, sie habe in den vergangenen zwei Jahren mehr als 10 kg abgenommen.
Die Patientin vertrug viele ihrer Parkinson-Medikamente nicht und blieb deshalb immer wieder beziehungsweise über längere Zeit ohne Therapie, sodass der ausgeprägte Tremor die körperlichen Reserven allmählich aufgezehrt hatte.
M. Parkinson - Hohe L-Dopa-Dosis,niedriger BMI
Aber auch die Therapie selbst kann Probleme bereiten. Zum einen logistische: „Wenn ein Patient fünfmal am Tag Levodopa nehmen muss und vorher und hinterher je eine Stunde Nahrungskarenz einhalten soll, bleibt nicht mehr viel Zeit zum Essen“, verdeutlichte die Kollegin. Off-Zeiten, Dyskinesien, Schluck- und Magenentleerungsstörungen können die Nahrungsaufnahme weiter behindern.
Und schließlich scheint auch die Medikamentendosis eine gewisse Rolle zu spielen: Wie Prof. Trenkwalder selbst in einer Studie zeigen konnte, korreliert der BMI invers mit der Levodopa-Dosis. Möglicherweise wird die Medikation vor allem bei schon vorher leichtgewichtigen Patienten schnell überdosiert und verschlechtert dann den Appetit.
Sind die dritten Zähne auch in Ordnung?
Was kann man tun, damit ältere Patienten und insbesondere Parkinson-Kranke nicht in die Kachexie abgleiten? Zum einen sollten die Mahlzeiten auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt werden – häufigere Mahlzeiten, appetitlich angerichtet und mit hoher Nährstoffdichte erscheinen günstig.
Wichtig ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, damit es u.a. nicht zur Obstipation kommt. Der Sitz der dritten Zähne sollte überprüft und bei Schluckstörungen ggf. ein Logopäde hinzugezogen werden. Gelingt es nicht, den Patienten ausreichend zu ernähren, muss auch über Zusatznahrung oder Sondenernährung nachgedacht werden.
Quelle: 85. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, Hamburg, 2012