Neue Metastudie
„Kein erhöhtes Risiko“. Das ist das Fazit einer neuen Metastudie der Weltgesundheitsorganisation WHO. Dieser Review ist Teil einer umfassenden Bewertung von Studien, in denen ein kausaler Zusammenhang zwischen der Exposition durch hochfrequente elektromagnetische Felder und einem Erkrankungsrisiko untersucht wurde.
Seit dem Ausbau von Mobilfunknetzen mit den dazu notwendigen – manchmal weithin sichtbaren – Mobilfunkstationen sind auch die Bedenken vor gesundheitlichen Auswirkungen durch „Handystrahlung“ präsent. Immer wieder werden hochfrequente elektromagnetische Felder (EF-EMF) mit der Entstehung von Erkrankungen in Verbindung gebracht, was zu großer Verunsicherung führt. Nationale und internationale Behörden beobachten daher die wissenschaftliche Forschungsarbeit auf diesem Gebiet sehr genau.
Aktuell hat die Weltgesundheitsorganisation WHO eine Bewertung zahlreicher Studien in Auftrag gegeben, die als Monographie in der Reihe „Environmental Health Criteria (EHC)“ veröffentlicht wird. Dabei wird die verfügbare Evidenz zu den wichtigsten potenziellen gesundheitlichen Folgen einer erhöhten Belastung durch Funkwellen analysiert und zusammenfasst: Auswirkungen auf die Entwicklung von Krebs, Unfruchtbarkeit, kognitiven Beeinträchtigungen und sonstigen Symptomen, der Einfluss auf Biomarker von oxidativem Stress sowie die Folgen von Wärmeeinwirkung jeglicher Quellen. 8 von 10 dieser systematischen Reviews wurden inzwischen veröffentlicht.
Im September wurde in der Zeitschrift Environment International eine Übersichtsarbeit publiziert, in der die Qualität und Aussagekraft von Studien bewertet wurde, die einen kausalen Zusammenhang zwischen der EMF-Exposition und dem Risiko neoplastischer Erkrankungen untersuchten.1 Es wurde nach Hinweisen gesucht, ob hochfrequente elektromagnetische Felder die Wahrscheinlichkeit einer Krebserkrankung steigern. Im Fokus standen Tumore im Kopfbereich sowie Leukämien. In die Metaanalyse wurden 63 Kohorten- und Fall-Kontroll-Studien aus 22 Ländern eingeschlossen.
Das Neoplasie-Risiko wurde in drei Exposition-Arten unterteilt:
Das Ergebnis: Die Untersuchung fand keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen elektromagnetischer Strahlung und Krebserkrankungen. Im Detail: HF-EMF-Exposition durch Mobiltelefone war mit (mittlerer) Sicherheit – auch bei intensiver Nutzung – nicht mit einem erhöhten Risiko für Gliome, Meningeome, Akustikusneurinome, Hypophysentumoren und Speicheldrüsentumoren oder Hirntumoren bei Kindern, Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen verbunden. Auch Schnurlostelefone erhöhen mit (geringer) Sicherheit nicht das Risiko für Gliome, Meningiome oder Akustikusneurinome.
Auch bei Exposition des gesamten Körpers durch stationäre Sendeanlagen kann mit mittlerer Sicherheit ein Risiko für Leukämie und mit geringer Sicherheit Hirntumore bei Kindern ausgeschlossen werden. Es gab keine geeigneten Studien, die dieses Risiko bei Erwachsenen untersuchten. Für die berufsbedingte HF-EMF-Exposition kann man mit geringer Sicherheit sagen, dass sie das Risiko von Hirntumoren/Gliomen nicht erhöht.
„Diese Ergebnisse sind sehr beruhigend“, sagte Ken Karipidis, einer der Hauptautoren der Studie, im Interview mit der Washington Post. Die Nutzung von Mobiltelefonen sei zwar in die Höhe geschnellt, aber es gab keinen Anstieg der Häufigkeit von Hirntumoren“.
COSMOS-Studie
Mit rund 265.000 Teilnehmern ist COSMOS die bis dato größte prospektive Kohortenstudie zur Langzeit-Nutzung von Mobiltelefonen und anderen drahtlosen Technologien. Kürzlich wurden neue Erkenntnisse publiziert: Die Autoren „fanden keine Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Gliome, Meningiome oder Akustikusneurinome, was darauf hindeutet, dass die Nutzung von Mobiltelefonen nicht mit einem Risiko für Hirntumore verbunden ist.“
Seit Einführung von schnellem, mobilem Internet hat die Nutzung neuer Kommunikationstechnologien, wie Mobiltelefone und drahtloses Internet, rapide zugenommen. Da diese Geräte hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF) nutzen, hat auch die Exposition des Menschen gegenüber HF-EMF zugenommen. Die COSMOS- (Cohort Study of Mobile Phone Use and Health)-Studie ist eine multinationale, prospektive Kohortenstudie, die initiiert wurde, um einen möglichen Zusammenhang zwischen Langzeit-Mobiltelefonnutzung und diversen Kopftumoren (Gliome, Meningiome und Akustikus-Neuroma) zu untersuchen.1
Die Studie wird in fünf europäischen Ländern durchgeführt (Großbritannien, Dänemark, Schweden, Finnland, den Niederlanden und Frankreich) und schließt 264.574 Menschen mit insgesamt knapp 1,9 Millionen Lebensjahren ein, die zwischen 2007 und 2012 rekrutiert wurden. In einem detaillierten Fragebogen wurde der lebenslange Gebrauch von Mobiltelefonen erfasst. Außerdem musste eine Reihe von Fragen zum Lebensstil und Gesundheitszustand beantwortet werden. Dazu zählen das Risiko von Krebserkrankungen, gutartigen Tumoren, neurologischen und zerebrovaskulären Erkrankungen sowie Veränderungen beim Auftreten bestimmter Symptome im Laufe der Zeit, wie Kopfschmerzen und Schlafstörungen.
Von 2012 bis 2016 (je nach Land) wurden die Teilnehmer gebeten, einen weiteren detaillierten Fragebogen auszufüllen. Dieser erfasste zusätzlich auch Daten zu anderen Umweltexpositionen, wodurch sichergestellt wird, dass die COSMOS-Studie eine wertvolle Ressource für die Untersuchung umfassenderer Umwelt- und Gesundheitsfragen ist. Anhand des Follow-up-Fragebogens kann verglichen werden, ob sich die Nutzung von Mobiltelefonen, die Gesundheit und die Gewohnheiten seit der Aufnahme der Teilnehmer in die Studie verändert haben.
Die Teilnehmer wurden über bevölkerungsbasierte Krebsregister nachverfolgt, um Fälle von Kopftumoren während der Nachbeobachtung zu identifizieren.
All diese ausführlichen Informationen ermöglichten eine genauere Expositionsabschätzung als frühere groß angelegte epidemiologische Studien. Bisherige Kohorten-Studien ließen Schlüsse auf die tatsächliche Handynutzung aufgrund von Erinnerungsverzerrungen und grober Expositionsabschätzungen nur eingeschränkt zu. Das Design der COSMOS-Kohortenstudie wurde so entwickelt, dass diese Mängel weitgehend kompensiert werden konnten.
Während einer medianen Nachbeobachtungszeit von 7,12 Jahren wurden insgesamt 149 Gliom-, 89 Meningiom- und 29 Akustikusneurinomfälle diagnostiziert. Die Autoren der COSMOS-Studie kommen zum Ergebnis, dass „die kumulative Menge der Mobiltelefonnutzung nicht mit einem erhöhten Risiko für Hirntumore wie Gliome, Meningiome oder Akustikusneurinome verbunden ist.“ Die Energie von HF-EMF ist zu schwach, um Moleküle zu ionisieren und kann die DNA nicht direkt schädigen.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO und die Europäische Kommission (SCENHIR) betonen, dass die Studie den definierten hochprioren Forschungsbedarf erfüllt.2,3 Künftige Aktualisierungen der COSMOS-Kohorte werden zusätzliche Informationen über mögliche Langzeiteffekte von elektromagnetischen Feldern liefern.
Neuer WBF-Konsensus
Der Wissenschaftliche Beirat Funk (WBF), das beratende Gremium des Bundesministeriums, veröffentlichte Anfang Jänner 2024 seinen aktuellen Konsensus zur Frage, ob Mobilfunk ein Gesundheitsrisiko darstellen könnte. Die WBF-Wissenschafter*innen kamen auch heuer wieder zu dem Ergebnis, dass eine vom Mobilfunk ausgehende Gefahr für die Gesundheit des Menschen als unwahrscheinlich anzusehen ist.
Jedes Jahr evaluiert der Wissenschaftliche Beirat Funk (WBF), ein unabhängiges interdisziplinäres wissenschaftliches Gremium aus österreichischen Forscher*innen, die internationale Studienlage. Geprüft und bewertet wurden diesmal 160 wissenschaftliche Arbeiten, die von Juli 2022 bis Juni 2023 auf internationaler Ebene in anerkannten Fachmedien publiziert wurden und Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder auf den menschlichen Organismus untersuchten.
Begutachtet wurden Human-, Tier- und Zellstudien sowie weitere wissenschaftliche Arbeiten in den Bereichen Befindlichkeit und Schlaf, Gehirn und Nervensystem, männliche Fertilität, Hals-Nasen-Ohren, Augen, Haut, Kinder und Jugendliche, Epidemiologie und Krebserkrankungen sowie Zellbiologie und Dosimetrie. Zu den Mitgliedern des WBF wurden auch diesmal wieder eine Reihe externer namhafter Expert*innen in die Prüfung der Studien einbezogen.
Bei der Bewertung der Arbeiten spielt die Qualität des Studiendesigns eine Schlüsselrolle. Die Expert*innen äußerten sich dazu durchgängig kritisch und bemängelten, dass sich die Studienlage zu diesem Thema zusehends verschlechtert. Die Ergebnisse im Überblick (ein Auszug):
Mittlerweile blickt man auf mehr als 25 Jahre Mobilfunknutzung zurück. Aus den im Berichtszeitraum verfügbaren Studien kann wie bisher abgeleitet werden, dass es aktuell keinen Nachweis für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Mobilfunk und Krebserkrankungen gibt.
Für die von einigen Personen wahrgenommene Überempfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Feldern (EMF) gibt es weiterhin keine konsistent nachgewiesene Kausalität. Diskutiert werden sogenannte Nocebo-Effekte oder irrationale Gefährdungsattributionen für bestehende Symptome.
Kognitive Fähigkeiten: Nach dem derzeitigen Stand der Forschung sind negative Auswirkungen auf kognitive Funktionen durch Mobilfunk auszuschließen.
Neurophysiologische Effekte: Studien zu Auswirkungen von Mobilfunk auf die hirnelektrische Aktivität zeigen teils keinen Einfluss, teils Einflüsse im EEG, MEG und in anderen Untersuchungen (wie der fMRT), welche aber keine negativen gesundheitlichen Folgen haben.
Schlaf und Mobilfunk: Nach dem derzeitigen Stand der Forschung sind negative Auswirkungen durch Mobilfunk auf die Schlafqualität auszuschließen.
Bei Kindern und Jugendlichen ist der übermäßige Gebrauch von Handys, Tablets oder vergleichbaren Geräten bereits als Suchtsyndrom, mit negativen Folgen auf Sozialkontakte, Schlafqualität, Freizeitverhalten und Ernährung/Körpergewicht beschrieben. Die negativen Auswirkungen sind nicht ursächlich auf die EMF-Exposition zurückzuführen. Zuverlässige Daten über die Schädlichkeit von HF-EMF, emittiert von Mobiltelefonen, bei Kindern und Jugendlichen sind nicht vorhanden.
Beeinflussungen durch mobile Sendegeräte sind sehr selten, aber grundsätzlich nicht auszuschließen. Dabei ist zwischen Wirkungen durch hochfrequente elektromagnetische Felder und jenen durch allfällig vorhandene statische Magnetfelder zu unterscheiden. In jedem Fall sollen Mobilfunkgeräte nicht direkt über implantierten Geräten getragen werden. Empfohlene Sicherheitsabstände sind gemäß den Herstellerangaben einzuhalten.
Fazit: Die aktuelle Datenlage bestätigt die bisherigen Erkenntnisse des WBF: Eine Gefährdung der Gesundheit des Menschen durch Mobilfunk ist nicht wahrscheinlich.
5G
Von 2020 bis heute haben sich – trotz deutlichem Anstieg des Datenverkehrs – die Immissionen kaum verändert. Das zeigt eine aktuelle Vergleichsmessung in Wien und entspricht Messungen und Studienergebnissen anderer Länder.
Die Telekommunikationstechnologie hat sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Seit 2020 wird die nächste Mobilfunkgeneration 5G1 Schritt für Schritt in Österreich ausgerollt, der Datenverkehr via Mobilfunk hat sich seither mehr als verdoppelt. Vor allem in den Ballungszentren beträgt die 5G-Netzabdeckung inzwischen annähernd 100 Prozent.
Um zu eruieren, wie sich das neue Mobilfunksystem auf die vielzitierte „Strahlenbelastung“ auswirkt, hat das Forum Mobilkommunikation (FMK) anlässlich der Inbetriebnahme des 5G-Netzes vor drei Jahren die erste Mobilfunk-Messung im Versorgungsbereich einer neuen 5G-Station an der Wiener „Summerstage“ durchgeführt. Das Messergebnis: Die Summe aller Mobilfunkanwendungen betrug gerade mal 0,21 Prozent des in Österreich gesetzlich verbindlich geltenden Grenzwertes.
Nun hat das FMK im selben Bereich erneut eine Messung durchgeführt, um der Frage nachzugehen, ob und wie sich die Entwicklungen der letzten drei Jahre auf das Emissionsniveau auswirken. Die Messung ergab, dass die Summe aller Mobilfunkanwendungen in diesem Gebiet von 0,21 Prozent auf 0,30 Prozent des geltenden Grenzwertes „gestiegen“ ist. Das „stärkste“ Signal kommt noch immer von GSM, das schwächste Signal kommt – trotz Verdoppelung des Datenvolumens – von 5G und trägt selbst nur 0,001 Prozent (!) zur Gesamtausnutzung des Grenzwertes bei.
Mit anderen Worten: Auch drei Jahre nach der ersten Messung spielt 5G erst an der dritten Kommastelle hinter der Null eine Rolle. Das FMK geht davon aus, dass das Ergebnis der gemessenen Veränderung an der Wiener „Summerstage“ modellhaft auch für die allermeisten anderen, rund 18.500 Mobilfunkstationen in Österreich gilt.
Die österreichischen Erkenntnisse decken sich mit Berichten aus Ländern wie Australien und Griechenland (wo Permanenz-Messstationen eingerichtet sind) sowie der Schweiz. So stieg in unserem Nachbarland der Datenverkehr von 2014 bis 2021 um das 18-fache (!) an. Um die Belastung durch hochfrequente elektromagnetische Felder (RF-EMF) und deren zeitliche Veränderungen zu bewerten, wurden an 49 Standorten sowie in öffentlichen Verkehrsmitteln in 19 Schweizer Städten Messungen durchgeführt. Das Ergebnis: Es konnten „keine Hinweise auf einen Anstieg der Werte elektromagnetische Felder (RF-EMF) in der Umgebung“ festgestellt werden.
Das Fazit der Studienautoren: Die Ergebnisse der umfassenden Messstudie in der ganzen Schweiz deuten darauf hin, dass sich die HF-EMF-Werte an öffentlichen Orten zwischen 2014 und 2021 nicht wesentlich verändert haben, obwohl die mobile Datenübertragung in diesem Zeitraum um das 18-fache zugenommen hat. Das Ausbleiben zeitlicher Veränderungen könnte auf die Umstellung auf neuere Mobilfunktechnologien zurückzuführen sein, die effizienter sind.2
Europäische Kommission
Das Scientific Committee on Health, Environmental and Emerging Risks (SCHEER) der Europäischen Kommission hat eine neue Stellungnahme zu elektromagnetischen Feldern (HF-EMF) veröffentlicht. Neben der Forderung, die EU-Ratsempfehlung in Hinblick auf die neuen Grenzwerte mit hohem Schutzniveau zu aktualisieren, wird festgehalten, dass keine Evidenz für gesundheitsschädliche Auswirkungen bei HF-EMF-Exposition der bestehenden Technologien gefunden werden konnte.
SCHEER (Scientific Committee on Health, Environmental and Emerging Risks) ist ein unabhängiger wissenschaftlicher Ausschuss der Europäischen Kommission, der Stellungnahmen zu Fragen komplexer oder multidisziplinärer Themen abgibt, die eine umfassende Bewertung der Risiken für die Verbrauchersicherheit oder die öffentliche Gesundheit erfordern. Eines der Themen ist die Risikoabschätzung von hochfrequenten elektromagnetischen Feldern (HF-EMF), wie sie bei Mobilfunk zum Einsatz kommen.1
In der Mitte Juni 2023 erschienenen Stellungnahme wird die Notwendigkeit einer Überarbeitung der bestehenden EU-Ratsempfehlung auf Grundlage der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, neuer technischer Daten und neuer verfügbarer Anwendungen in diesem Bereich empfohlen. Die EU-Ratsempfehlung 1999/519/EG ist der Rahmen für die Personenschutz-Grenzwerte gegenüber elektromagnetischen Feldern.
Die SCHEER-Stellungnahme basiert auf Publikationen seit 2015, die für eine WoE- (weight of evidence)-Bewertung hinsichtlich ihrer Relevanz, Gültigkeit und Zuverlässigkeit gewichtet wurden. Die Auflistung enthält zusätzlich auch informative Publikationen, wobei nur die epidemiologischen Studien zu Krebs eine WoE-Bewertung erhalten.
1 Hochfrequente elektromagnetische Felder sind elektrische und magnetische Felder im Frequenzbereich von 100 Kilohertz bis 300 Gigahertz, die von Antennen abgestrahlt werden und Energie sowie Informationen über große Entfernungen übertragen. Quelle: Bundesamt für Strahlenschutz, Deutschland; https://www.bfs.de/DE/themen/emf/hff/einfuehrung/einfuehrung.html
2 Die ICNIRP ist eine von der WHO und EU offiziell anerkannte internationale Vereinigung von Wissenschaftlern zur Erforschung der Auswirkung nicht-ionisierende Strahlung auf die menschliche Gesundheit; https://fmk.at/icnirp-stellungnahmen-und-publikationen/
Neuer Konsensus
Jedes Jahr evaluiert der Wissenschaftliche Beirat Funk (WBF), eine interdisziplinäre Expertengruppe renommierter österreichischer Forscher*innen, die aktuelle internationale Studienlage, ob Mobilfunk ein Gesundheitsrisiko darstellen könnte. Die Wissenschafter*innen kamen auch heuer wieder zum Schluss, dass eine vom Mobilfunk ausgehende Gefahr für die Gesundheit des Menschen weiterhin ausgeschlossen werden kann.
Der Wissenschaftliche Beirat Funk (WBF) ist ein unabhängiges wissenschaftliches Gremium, das das Bundesministerium zu gesundheitlichen Aspekten im Bereich Funk berät. Eine zentrale Aufgabe des Expertenforums ist es, internationale Studien und sonstige Forschungsarbeiten zu Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder (HF EMF) auf den menschlichen Organismus zu sichten und zu analysieren. Jedes Jahr wird dazu ein Konsensus veröffentlicht.
159 wissenschaftliche Arbeiten, die im Zeitraum von Juli 2021 bis inklusive Juni 2022 auf internationaler Ebene in anerkannten Fachmedien publiziert wurden, flossen in die aktuelle Bewertung ein. Begutachtet wurden Human-, Tier- und Zellstudien sowie wissenschaftliche Arbeiten in den Bereichen Befindlichkeit und Schlaf, Gehirn und Nervensystem, Kinder und Jugendliche, männliche Fertilität, Hals-Nasen-Ohren, Augen, Krebserkrankungen, Zellbiologie und Dosimetrie. Neben den Mitgliedern des WBF nahmen auch diesmal wieder eine Reihe externer namhafter Expert*innen an der Prüfung der Studien sowie am Konsensus-Beschluss teil.
Fazit: Die aktuelle Datenlage bestätigt die bisherigen Erkenntnisse des WBF: Eine Gefährdung der Gesundheit des Menschen durch Mobilfunk ist nicht wahrscheinlich. Link zum WBF-Konsensus-Beschluss
MOBI-Kids-Studie
Besteht ein Zusammenhang zwischen Nutzung von Smartphones und Gliom-Erkrankungen? Nein, so die Ergebnisse des bis dato größten Studienprojektes bei Kindern und Jugendlichen zu diesem Thema. Die Schlüsse der MOBI-Kids-Studie1 stützen die bisher vorliegenden Forschungen mit Erwachsenen, die mehrheitlich kein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Hirntumoren in Zusammenhang mit Mobilfunk fanden. Ein Beschleunigungseffekt auf das Wachstum angeborener Gliome wird aber nicht ausgeschlossen.
Durch die massive Zunahme der Verwendung von Mobiltelefonen in den letzten Jahrzehnten stieg auch die Befürchtung vor korrelierenden Tumor-Erkrankungen. Denn: Mobile Kommunikationsgeräte arbeiten mit elektromagnetischen Feldern im hochfrequenten Bereich. Im Rahmen von wissenschaftlichen Studienprojekten wird daher laufend untersucht, ob es hier einen Zusammenhang gibt. Bereits 2005 schloss die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gesundheitliche Effekte durch Hochfrequenzfelder aus und veröffentlichte im Laufe der Jahre weitere Stellungnahmen. In Österreich bewertet der Wissenschaftliche Beirat Funk (WBF) als beratendes Gremium des BMLRT die wissenschaftliche Datenlage und veröffentlicht jährlich einen Konsensusbericht.
Da sich Ergebnisse aus Erwachsenenstudien nicht ohne Weiteres auf Kinder und Jugendliche übertragen lassen, war weitere Forschung nötig. Im Jahr 2011 wurde die erste Studie zu Mobiltelefon-Nutzung und Hirntumoren bei Kindern und Jugendlichen (CEFALO) veröffentlicht, die ebenso keinen statistisch signifikanten Zusammenhang zeigte. Mit MOBI-Kids (2010 bis 2015), an der sich Forschungseinrichtungen aus 14 Ländern (darunter auch Österreich) beteiligten, wurden die Zusammenhänge nun mit einer deutlich größeren Fallzahl und Nutzungsdauer analysiert. Bei der bisher größten Studie zu möglichen Auswirkungen der Handy-Nutzung auf junge Menschen wurden insgesamt 899 Fälle von Hirntumor-Erkrankungen, meist Gliome, bei 10- bis 24-Jährigen gesammelt. Das Kommunikationsverhalten mit Mobiltelefonen dieser Patienten wurde mit dem einer gesunden Kontrollgruppe (1.910 Kinder & Jugendliche) verglichen.
Finanziert wurde die MOBI-Kids-Studie zu etwa 60 Prozent von der Europäischen Kommission und zu 40 Prozent von den teilnehmenden Ländern. In Österreich zeichnen die Umweltmediziner Dr. Michael Kundi und Univ.-Prof. Dr. Hans-Peter Hutter (Abteilung für Umwelthygiene und Umweltmedizin, Zentrum für Public Health, MedUni Wien) als Autoren verantwortlich.
Bei der sorgfältig durchgeführten multizentrischen Fall-Kontroll-Studie wurde in persönlichen, fragebogenbasierten Interviews ermittelt, wie lange und häufig Mobil- und Schnurlostelefone genutzt wurden. Die gewonnenen Daten wurden mithilfe einer App zur Smartphone-Nutzung kontrolliert. Um die Aussagen der Teilnehmenden auf Verlässlichkeit zu überprüfen, wurden für etwa ein Viertel der jungen Teilnehmenden bei Mobilfunkanbietern Informationen abgefragt. Die Eltern wurden zu potenziellen Risikofaktoren vor und nach der Geburt des Kindes sowie im ersten Lebensjahr, zu ihrer Berufsgeschichte sowie zu Belastungen während der Schwangerschaft befragt.
“We have no evidence of a causal association between wireless phone use and brain tumours.”
Studienautoren der MOBI-Kids-Studie
Insgesamt konnten die Studienauswertungen keinen Zusammenhang zwischen elektromagnetischen Feldern und der Entstehung von Gliomen feststellen. Die Studienautoren schließen allerdings einen möglichen Beschleunigungseffekt der Wachstumsrate angeborener Hirntumore nicht aus.
Das Bundesamt für Strahlenschutz (Bfs), das in Deutschland die Studie mitfinanzierte, untermauert mit MOBI-Kids den aktuellen wissenschaftlichen Stand, dass es keine belastbaren wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass die häufige und intensive Nutzung von Mobiltelefonen das Hirntumorrisiko erhöht. Das Forum Mobilkommunikation (FMK), die freiwillige Interessenvertretung der österreichischen Mobilfunkbranche, beobachtet laufend die internationale Studienlage und sieht die Ergebnisse der MOBI-Kids-Studie in Übereinstimmung mit dem internationalen Erkenntnisstand. Das FMK geht davon aus, dass die Befürchtungen verunsicherter Eltern wie auch die Argumente von Verschwörungstheoretikern damit weiter entkräftigt werden.
1 Castaño-Vinyals G et al. Wireless phone use in childhood and adolescence and neuroepithelial brain tumours: Results from the international MOBI-Kids study. Environment international 2022; 160: 107069. doi: 10.1016/j.envint.2021.107069
Million-Women-Studie
Gute und wichtige Nachrichten aus der internationalen Forschung: Im Rahmen der „Million-Women-Studie“, einer der größten prospektiven Kohortenstudien mit fast 800.000 Frauen und einer Nachbeobachtungszeit von etwa 14 Jahren, die an der Universität Oxford durchgeführt und nun publiziert wurde, widerlegt die Befürchtung, dass die Strahlung von Mobiltelefonen das Risiko für Hirntumore erhöht.
In den letzten 20 Jahren wurden Mobiltelefone fester Bestandteil des modernen Lebens. Die Befürchtung, dass Mobilfunkstrahlung krebserregend sein könnte, kam erstmals in den 1990er Jahren auf und wurde durch den 5G-Netzausbau zunehmend von Verschwörungstheoretikern befeuert und sogar mit der COVID-Pandemie in Zusammenhang gebracht.
Während laut Cancer Research UK (CRUK) zwischen 1990 und 2016 der Besitz von Mobiltelefonen um 500 Prozent stieg, nahm die Zahl der diagnostizierten Hirntumore in den folgenden 20 Jahren um 34 Prozent zu. Deutlich zu wenig, bestünde ein Zusammenhang mit Handys, so CRUK. Im Jahr 2011 stufte die Internationale Agentur für Krebsforschung, eine Unterorganisation der Weltgesundheitsorganisation (WHO), hochfrequente elektromagnetische Felder, d.h. Funkanwendungen wie auch Mobilfunk, als „möglicherweise krebserregende“ (Kategorie 2B) ein, räumte jedoch ein, dass die Datenlage nicht ausreiche, um eine Schlussfolgerung zu ziehen. Zahlreiche Wissenschaftler bekräftigten, dass elektromagnetische Strahlung – im Gegensatz zu Röntgenstrahlung – nicht ionisierend sei und eine deutlich zu niedrige Energie und Frequenz aufweist, um Zellen zu schädigen. Auch spätere größere Studien fanden keinen Zusammenhang.
Eine der größten prospektiven Kohortenstudien, die „Million Woman Study“ der Universität Oxford, kann laut Professor Malcolm Sperrin, Direktor für medizinische Forschung und klinische Technik an der Universitätsklinik Oxford, nach wie vor bestehende Bedenken zerstreuen. Im Zeitraum 1996-2001 wurden 1,3 Millionen Frauen für die Studie rekrutiert. Fragen zur Mobiltelefonnutzung wurden erstmals im Jahr 2001 und dann nochmals 2011 gestellt. Alle Studienteilnehmerinnen wurden über eine Verknüpfung mit den Datenbanken der nationalen Gesundheitsdienste zu Todesfällen und Krebsregistrierungen (einschließlich nicht bösartiger Hirntumoren) weiterverfolgt.
Nach der 14-jährigen Nachbeobachtung von knapp 800.000 britischen Frauen, die ihr Mobiltelefon täglich oder seit mindestens zehn Jahren nutzten, zeigte sich, dass nur 0,42 Prozent der Handynutzerinnen an Hirntumoren erkrankt waren. Im Vergleich zu Nicht-Nutzern wurden keine statistisch signifikanten Assoziationen gefunden. Die Autoren erklären, dass durch die prospektive Datenerhebung "die Informationen über den Zusammenhang zwischen Mobiltelefon-Exposition und Krankheit nicht durch Erinnerungsfehler beeinträchtigt werden".
Fazit der Studienautoren:
Es gab kaum Hinweise darauf, dass die Nutzung von Mobiltelefonen das Risiko von Hirntumoren erhöht, weder insgesamt noch nach Subtyp oder Tumorlokalisation. Die Ergebnisse unterstützen die sich häufenden Belege dafür, dass die Nutzung von Mobiltelefonen unter normalen Bedingungen die Inzidenz von Hirntumoren nicht erhöht.
In einem Kommentar zur Veränderung der Leistung, die von den verschiedenen Generationen der Mobilfunktechnologie genutzt wird, sagen die Autoren: "... die neueren Generationen von Mobilfunktechnologien strahlen eine wesentlich geringere Ausgangsleistung aus, sodass es insgesamt unwahrscheinlich ist, dass ein sehr intensiver Nutzer von heute die gleiche HF-EMF-Exposition aufweist wie ein bescheidener Nutzer der ersten beiden Generationen von Mobilfunktechnologien ...". Sie empfehlen, dass sich künftige Forschungsarbeiten auf die sehr intensiven Nutzer von Mobiltelefonen konzentrieren und dabei die neuen Merkmale einer sich ständig weiterentwickelnden Technologie berücksichtigen sollten.
Quelle
Schüz J, Pirie K, Reeves GK, Floud S, Beral V: Cellular Telephone Use and the Risk of Brain Tumors: Update of the UK Million Women Study. Journal of the National Cancer Institute. 29 March 2022.
Albert Einsteins Erbe
Hohe Frequenzen seien bedenklich und unerforscht, sagen „5G-Experten“ und auch so mancher Umweltmediziner, obwohl Einstein diesen Unsinn schon vor 100 Jahren widerlegt hat. Der ständig wiederholte Mythos von selbsternannten Mobilfunkexperten, Mobilfunk ganz allgemein und 5G im Speziellen wäre gefährlich, konnte wissenschaftlich belastbar nie bestätigt werden.
Die so genannten „athermische Effekte“, also angebliche Effekte, die unabhängig von der Intensität von Funkfeldern irreversibel auftreten, sind so ein Mythos.
Albert Einstein erkannte dies schon lange vor der Erfindung von Mobilfunk – nämlich 1921 – und wurde dafür, was übrigens die Wenigsten wissen, ein Jahr später mit dem Nobelpreis ausgezeichnet. Er wurde also nicht für die Beschreibung der Relativitätstheorie, sondern für die Erklärung jenes Phänomens, das man heute als „Photoelektrischen Effekt“ kennt, geehrt: Einstein errechnete, dass elektromagnetische Felder, abhängig von der Frequenz, jedoch unabhängig von der Stärke des Feldes, einen bestimmten Energiebetrag aufweisen. Diese Felder finden bei niedrigen Frequenzen Anwendung als Funkfelder, mit zunehmender Frequenz werden sie zur Wärmestrahlung. Danach folgend das sichtbare Licht und elektromagnetische Felder mit noch höheren Frequenzen wie Ultraviolett und noch weiter oben in der Frequenztabelle die radioaktive Röntgenstrahlung. Albert Einstein bestätigte, dass der Energiebetrag umso schwächer wird, je niedriger die Frequenz ist und beschreibt dies auch mit der – im Gegensatz zur Relativitätstheorie recht unbekannten – Formel des Planck´schen Wirkungsquantums: E = hf
5G selbst ist keine neue Technologie, sondern nichts anderes als die „Sprache“, mit der Daten via Mobilfunk übertragen werden. Würde man Einstein heute fragen, ob 5G oder auch jede andere Mobilfunk-Anwendung gefährlich ist, wäre seine Antwort wohl eindeutig: Nein!
Denn mit dieser Formel kann man ausrechnen, dass Frequenzen unter 700.000 (!) Gigahertz einfach viel zu schwach sind, um etwa die DNA aufzubrechen, was eine Vorstufe zu Krebs sein kann (siehe auch https://rechneronline.de/spektrum/). Mobilfunk arbeitet heute im Bereich zwischen 0,7 und 3,8 Gigahertz. Bei diesen Frequenzen haben Funkfelder nicht die Kraft, derartige „Athermischen Effekte“ hervorzurufen.
Übrigens: Ab dem Ultraviolett-Spektrum, das bei ca. 790.000 GHz beginnt, tut sich wirklich was. Die Wellenenergie ist nun groß genug, um beispielsweise für die beliebte Urlaubsbräune zu sorgen. Eine gute Sonnencreme mit sehr hohem Schutzfaktor auf die Haut aufgetragen verhindert, dass sich Sonnenbrand entwickelt – diese Form von Gewebeschädigung kann eine Vorstufe von Hautkrebs sein.
Mathematiker, Volkswirt und GWUP-Wissenschaftsrat
Department für Volkswirtschaft, WU Wien
In diesem Gespräch geht es darum, wie es sein kann, dass man wissenschaftlich noch immer nicht zweifelsfrei feststellen kann, was an sich klar ist: Mobilfunk und 5G stellen keine gesundheitliche Gefahr dar.
Biologin; führende Expertin auf dem Fachgebiet der Molekular- und Zellbiologie, Nanotoxikologie und Strahlenbiologie.
Wir sind mit Frau Prof. Dr. Myrtill Simkó der Frage nachgegangen, was Freie Radikale sind, ob bei der Nutzung von Smartphones oxidativer Stress entstehen kann und ob das überhaupt eine Auswirkung auf die Gesundheit hat.
Mobilfunk: Elektrosensibel durch 5G?
Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin sind oft erste Ansprechpartner für Menschen, die gesundheitliche Beschwerden auf eine Umweltunverträglichkeit wie Elektrosensibilität (EHS) zurückführen – und mit einer hohen Behandlungserwartung konfrontiert. Die Symptome sind in der Regel jedoch unspezifisch und lassen keinen Rückschluss auf ihre Ursache zu.
Um Hausärzte im Umgang mit diesen Patienten zu unterstützen, wurde eine Informationsmappe entwickelt, die Handlungsempfehlungen der WHO sowie Vorschläge für das Vorgehen in der hausärztlichen Praxis enthält, über technische Hintergrundinformation informiert und gängige Mythen aufgeklärt. Die enthaltenen Empfehlungen basieren auf aktuell gültigen Bewertungen, Konsensen nationaler und internationaler unabhängiger Institutionen sowie Experten-Erfahrungen.
Info-Mappe (Kostenlos)
Herausgeber: Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin
*Foto Albert Einstein: Google, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons