3. Aug. 2022

Eine echte und potente Flechte

Pflanzliche Alternativmedizin. Pflanzen Sie Moos Cetraria islandica auf weißem Hintergrund
gettyimages/sever180

Isländisches Moos/Isländische Flechte (Lichen islandicus) ist eine wirksame Hilfe bei Virusinfektionen im Halsbereich.

Dass Flechten Symbionten sind, ist bekannt. Pilz und Alge pflegen hier eine kongeniale Partnerschaft. Die Aufgaben der Isländischen Flechte sind wie in jeder erfolgreichen Partnerschaft klar verteilt. Alge ist für die Ernährung mittels Photosynthese, Pilz für die Elektrolyt- und Wasserversorgung zuständig. (Der Gender-Hinweis entfällt hier absichtlich!). Der Pflanzenkörper von Cetraria islandica L. ist nicht sehr differenziert wie bei „echten“ Heilpflanzen, aber der gemeinsame Thallus produziert wertvolle Inhaltsstoffe. Diese sind sowohl zum eigenen Nutzen als auch für uns als Heilmittel interessant.

Hauptinhaltsstoffe der Droge sind bis zu 50 Prozent Schleimstoffe, Polysaccharide mit β-Glucan-Struktur wie Lichenin, das einen linearen Glucosepolymer mit celluloseähnlicher Struktur aufweist, ein Potenzial zur Bildung hoher Bindungsstrukturen wie Ionen- und Wasserstoffbrückenbildung. Lichenin ist in heißem Wasser löslich und bildet nach Abkühlung eine Gallerte. Isolichenin ist mit seinen linearen α-D-Glucoseeinheiten ähnlich der Stärke, hat weniger fixe Bindungspunkte und löst sich in kaltem Wasser. Flechtensäuren bilden mit 2–3 Prozent die zweite wichtige Inhaltsstoffgruppe. Sie sind wirksame Polyketide, die durch enzymvermittelte Zyklisierung aus Polyketosäuren entstehen. Verantwortlich für ihre Bildung ist die Pilzkomponente. Hauptkomponenten bilden Derivate der Cetrarsäure oder Fumarprotocetrarsäure.

Für Cetrarsäurederivate konnte im Experiment hohe antioxidative Wirkung nachgewiesen werden. Flechtensäuren sind antibiototisch wirksam. Studien an Extrakten aus Lichen islandicus belegen die antioxidative und antimikrobielle Wirkung methanolischer Auszüge gegen Helicobacter pylori und Protozoenparasiten wie Trypanosoma brucei, den Erreger des durch Tsetsefliegen übertragenen Fiebers.1,2

Weitere Untersuchungen zeigen die immunmodulierende Wirkung von Isländisch Moos. Lutschtabletten oder Spülungen mit Extrakten aus Lichen islandicus wirken durch direkten Kontakt im Halsbereich auf das rachenassoziierte Immunsystem und lösen eine positive Immunantwort aus. Über den lymphatischen Rachenring und die Tonsillen werden wichtige B- und T-Lymphozyten sowie Makrophagen direkt aktiviert und die Abwehr im betroffenen Bereich stimmuliert.3 Auch ein expektorierender Effekt wässriger Extrakte aus Isländisch Moos höher als der des Ambroxols wurde festgestellt.4

Ein guter Grund, gerade jetzt, in Zeiten einer massiv grassierenden Virusinfektion im Halsbereich, unseren Patienten mit Isländisch Moos Linderung zu verschaffen. Empfehlen wir jedwede Zubereitung aus Cetraria islandica ganz individuell, ob als Lutschtabletten, Tee oder besonders für Kinder reizlindernde Hustensäfte.

Präparate gibt es in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen und Kombinationen mit Thymian, Eibisch oder Malve im Handel. Zur Teezubereitung nimmt man 1 TL pro Tasse siedendes Wasser und lässt ihn zugedeckt mind. 10 min. ziehen. Schmeckt bitter, aber die antibiotischen Inhaltsstoffe bleiben erhalten. Abgekühlt ist der Tee auch als Gurgellösung anwendbar.

Ein Hinweis: Tritt keine Besserung ein, bitte vom Arzt abklären lassen, ob eine bakterielle Super­infektion vorliegt!

Literatur:
1 Indo Global J Pharm Sci 2012: 348–50

2 Antimicrob Agents Chemother 1997:215–7
3 Vorberg G. Ärtzl. Praxis 1981: 3068
4 Pulm Pharmacol Ther 2014: 139–43

Steckbrief

Stammpflanze

Cetraria islandica (L.) ACHARIUS s.L.

Herkunft

mittlerweile eher Hochgebirge Nord- und Zentraleuropas, Importe aus Wildsammlung nordischer Länder wie Skandinavien und Russland

Verwendete Pflanzenteile

getrocknete oberirdische Anteile (Thalli)

Monographien

Ph. Eur. 8.0, HMPC, ESCOP, WHO, Kommission E

Anwendungsbereiche

Entzündungen der Schleimhaut im Mund- und Rachenbereich mit damit verbundenem Reizhusten und Appetitlosigkeit

Produktbeispiele

Tees

  • Magistrale Bronchialtees bis 10 % Lichen islandicus
  • Sidroga® Husten-Bronchialtee

Trockenextrakte

  • Lutschtabletten Isla Moos® (80 mg/Past. DEV 0,4–0,8:1)
  • Luuf® Halspastillen mit Eibisch (100 mg/Past. DEV 3,5:1)

Dickextrakte

  • Klosterfrau® Isländisch Moos Hustensaft ab 1 Jahr 5 g Extrakt 1:1 pro 100 ml
  • tetesept® Isländisch Moos Spray mit Dexpanthenol