3. Aug. 2022

Ein Hanfgewächs mit klösterlichem Segen!

privat

Der echte Hopfen (Humulus lupulus L.) ist eine Cannabaceae mit langer Tradition als Genussmittelzusatz und in der Volksmedizin als Heilmittel verankert. Im Mittelalter war Hopfen als harntreibendes Blutreinigungsmittel bekannt und die Braumeister der Klöster schätzten sein Aroma in ihren Bieren. Hopfen ist wie Hanf eine zwei­häusige Pflanze. Die einjährigen Triebe ranken aus dem ausdauernden Rhizom empor. Kultiviert werden nur weibliche Triebe, da ausschließlich deren Blütenstände, die Hopfenzapfen (Lupuli flos), Verwendung finden.

Inhaltsstoffe

Hauptanteil der wirksamkeitsbestimmenden Inhaltsstoffe liegt in den goldenen Drüsenhaaren (Lupuli glandulae) an der Basis der Vorblätter. Aus ihnen wird bis zu 80 Prozent „Hopfenharz“ extrahiert. Komponenten des pe­troletherlöslichen Harzanteils sind prenylierte Phloroglucinderivate, vor allem die Bitterstoffe Humulon und Lupulon sowie deren Derivate. In vivo oder bei längerer Lagerung kommt es zum Umbau dieser labilen Stoffe zu Alkoholen wie dem 2-Methyl-3-buten-2-ol. In der Droge ist 2-Methylbutenol nur in geringer Konzentration vorhanden. Untersuchungen zeigten deutlich zentral sedierende und motilitätshemmende Effekte dieser Substanz.1

Bis 3 Prozent ätherisches Öl ist in den Hopfendrüsen enthalten, vorwiegend Mono- und Sesquiterpene (Mycren, Humulen). Flavonoidglycoside mit Quercetin- oder Kämpferolgerüst, 8-Prenylnaringenin sowie ein spezifisches Chalkon (Xanthohumol) wurden nachgewiesen. Für Xanthohumol wurde eine Beteiligung an der sedativen Wirkung untersucht. Ein modulierender Effekt am GABAA-Rezeptor weist darauf hin.2 Gerbstoffe (oligomere Proantho­cyanidine) finden sich vorwiegend im Blattanteil der Zapfen.

Anwendung

Zahlreiche Tierexperimente untersuchten die sedierende und krampflösende Wirkung von Hopfenextrakten. Interessant ist die Wirkung abhängig von der Dosierung. Untersuchungen mit niedrig dosierten Auszügen zeigten sedierende, hypnotische Effekte, während nach hohen Dosen die antikonvulsive Wirkung einsetzte. Klinische Studien bestätigen die Wirksamkeit von Hopfen­extrakten als Sedativum und schlafförderndes Mittel. Neuere Studien verzeichnen Erfolge von Hopfenextrakt in der Behandlung autistischer Personen zur Entspannung und Steigerung der Wahrnehmung.3

Eine wirksamkeitsbestimmende Einzelkomponente gibt es nicht. Die Wirkung des Hopfens liegt in der Synergie all seiner Inhaltsstoffe. Hopfenextrakte und Zubereitungen können gefahrlos empfohlen werden: zur Besserung nervös bedingter Beschwerden untertags oder als Einschlafhilfe abends in Kombination mit anderen ausgleichend wirkenden Pflanzen. Flüssige Zubereitungen können äußerlich zur Wund­behandlung und innerlich bei dys­peptischen Beschwerden eingesetzt werden. Zum Wohle!

Quellen:
1 Jirovetz et al. (2006) Sci Pharm: 189–201
2 Meissner et al. (2006) Planta med: 656–68
3 Van Cleembut et al. (2009) J Nat Prod: 1220–1230

RP/nerven-beruhigender Tee ohne Baldrian
Lupuli strobuli, Passiflorae herba, Crataegi fol. et flor., Aurantii flos, Melissae folium aa ad 100 g

1 EL pro Tasse kochend übergießen und 10 min ziehen lassen.
2–3mal tgl. oder ½ h vor dem Schlafen gehen.

Steckbrief

Stammpflanze:

Humulus lupulus L.

Herkunft und Anbau:

Mitteleuropa, vorw. Deutschland und Tschechien

Verwendete Teile:

weibliche Blütenstände (Hopfenzapfen) und separierte Glandulae (Hopfendrüsen), die an der Basis der Vorblätter der Zapfen sitzen

Anwendungsbereiche:

sedativ zur Linderung von Unruhe und Anspannung sowie bei Schlafstörungen

Monographien:

PhEUR 8.0, HMPC, ESCOP, Kommission E

Produktbeispiele

Tees

  • Nerven-Schlaftees (Kottas, Sidroga®)
  • Wechseltee St. Severin

Flüssigextrakte

  • oppelherz® Energie Tonikum Herz-Kreislauf zuckerfrei
  • Calmedoron® Tr. Weleda (Urtinktur mit Coffea tosta D60)

Trockenextrakte:

  • Nervenruh forte Dragees (15 mg)
  • Hova® Filmtbl. (45,5 mg)

Droge pulv. (200 mg) mit Baldrian und Melatonin

  • Easysleep® FTBL