3. Aug. 2022

Wüstenblume im Aufwind!

Detailfotos der Teufelskralle im Studio vor weißem Hintergrund fotografiert
2K-Studio/GettyImages

Prächtige violette Trichterblüten an kriechenden Trieben zieren zur Vegetationsperiode im Winter die trockenen Böden der Savannen Südafrikas. So hübsch die Blüten der Teufelskralle, umso tückischer die heranreifenden Samen, die sich mit Widerhaken in Haut und Fell der Wüstentiere verfangen und so die Verbreitung dieser Pflanze sichern. Das Geheimnis von Harpagophytum procumbens liegt unter der Erde. Afrikanische Völker der Kalahari haben die Speicherknollen der Seitenwurzeln seit jeher in ihrem Arzneischatz.

Getrocknet wird die Droge innerlich bei Verdauungsbeschwerden und Erkrankungen der Leber und des Magens eingesetzt. Traditionell verwenden die Einheimischen Auszüge als Analgetikum bei Gelenksbeschwerden, bei gynäkologischen Problemen und zur Behandlung von Bluterkrankungen. Auch Salben zur äußerlichen Anwendung bei entzündlichen Erkrankungen werden hergestellt. Die Ernte der Droge erfolgt heute zum Schutz der Art schonend. Die Pfahlwurzel verbleibt in der Erde, die Knollen der Sekundärwurzeln können sich nachbilden. Und es wird vermehrt auf Anbau gesetzt, um den europäischen Markt zu versorgen.

Wirksamkeitsbestimmend in der Teufelskrallenwurzel sind Iridoidglykoside. Die Hauptkomponente des Komplexes bildet bis zu drei Prozent das stark bittere Harpagosid, ein Zimtsäureester des Harpagids. Weitere Iridoide sind Harpagid, 8-para-Cumaroyl- und Feruloylharpagid, Procumbid und die Galactoside Harprocumbid A+B. Phenolglykoside unterschiedlicher Acylierung (z.B. Acteosid), Flavonoide und trizyklische Diterpene wurden nachgewiesen. Für Speicherwurzeln charakteristisch ist der hohe Anteil an Kohlenhydraten, hier mit der Hauptkomponente Stachyose, einem Tetrasaccharid aus zwei Galactosen, Glucose und Fructose.

Die Hauptinhaltsstoffe wurden aufgrund der traditionellen Verwendung auf ihre analgetische und entzündungshemmende Wirkung untersucht. Extrakte mit hohem Harpagosidanteil zeigten im Zellmodell starke Reduktion der Expression von Stickstoffmonoxidsynthase und somit die Bildung reaktiven Stickstoffmonoxids. Allerdings wiesen auch Harpagosid-freie Extrakte einen guten Effekt auf. Dies lässt auf Mitwirkung anderer Inhaltsstoffe schließen.1 Weitere in vitro nachweisbare Effekte von Extrakten sind die Hemmung der Lipoxygenase und der Cyclooxygenase sowie des Tumornekrosefaktors TNF-α in menschlichen Zellen.2 Trotz schwieriger Studienlage sind der entzündungshemmende Effekt und die daraus folgende analgetische Wirkung in klinischen Untersuchungen nachweisbar.

Vertrauen wir deshalb den Daten und empfehlen wir diese potente Heilpflanze unseren schmerzgeplagten Patienten. Bei entzündlichen Gelenkserkrankungen wie Arthritis, Gicht und Knorpelschäden erfolgt mit Teufelskrallenpräparaten deutliche Schmerzreduktion ohne Nebenwirkungen. Der Einsatz konventioneller Schmerzmittel kann reduziert werden. Als Tagesdosis sind Präparate mit einem Äquivalent von 4,5 g Droge empfohlen. Für Teezubereitungen zur Regulation der Verdauung entsprechen 4,5 g Droge einem Teelöffel. Viel Erfolg mit der Teufelsknolle!

CAVE: Patienten mit erhöhter Blutungsneigung und Läsionen im Magen-Darm-Trakt.

Quellen:
1 Kaszkin M et al. (2004), Phytomed 585–95
2 Fiebich B et al. (2001), Phytomed 28–30

Steckbrief

Stammpflanze:

Harpagophytum procumbens DC./ Harpagophytum zeyheri Decne

Familie:

Pedaliaceae (Sesamgewächse)

Herkunft und Anbau:

Südafrika, Namibia

Arzneidroge:

knollenartige Speicherorgane der Seitenwurzeln (= sekundäre Speicherwurzeln)

Monographien:

Ph. Eur. 8.0, ESCOP, HMPC, Kommission E

Anwendungsbereiche:

unterstützend zur Therapie degenerativer Gelenkserkrankungen, bei dyspeptischen Beschwerden und Appetitlosigkeit

Produktbeispiele

Tees

  • grob gepulverte Droge offen (Dr. Kottas) oder im Aufgussbeutel (H&S® Teufelskralle, Harpagosan® Tee)

Flüssigextrakt

  • in Gelen und Cremen zur äußerlichen Anwendung. Espara Teufelskralle Gel (erwärmend mit 0,1 % Capsicum- extrakt), Bergland Teufelskralle Creme (mit durchblutungs- fördernden ätherischen Ölen)

Trockenextrakt

  • vorwiegend Filmtabletten mit Extrakten wässriger Auszüge mit DEV von ca. 2:1 (Dr. Böhm® Teufelskralle 600 mg Filmtabletten) oder 60 % ethanolischer Auszüge mit DEV von rund 5:1 (Teufelskralle ratiopharm® 480 mg Filmtabletten).

Homöopathie

  • Komplexmittel Globuli gegen Gelenkschmerzen „Similasan“