Himmlisch beruhigende Engelwurz!
Engelwurz, Heiligengeistwurzel, Zahnwurzel, … Unzählige Synonyme beschreiben Angelica archangelica L. Als heimische Apiaceae mit klassischer Doppeldolde und bis zu zwei Meter hohem Wuchs ist Angelika seit dem Mittelalter als Nahrungs-, Gewürz- und Heilpflanze in Verwendung. Zu Heilzwecken werden die unterirdischen Teile, Rhizom und Wurzeln, eingesetzt. Paracelsus machte Angelicae radix als „giftaustreibendes und den Leib erwärmendes“ Mittel bekannt.
In der aktuellen Volksmedizin kommt Angelikawurzel bei krampfartigen Verdauungsbeschwerden, als Diuretikum und bei nervös bedingten Schlafstörungen zum Einsatz. Auch als Expectorans bei Bronchitiden und Nebenhöhlenentzündungen wird sie empfohlen.
Eine Hauptinhaltsstoffgruppe in Angelikawurzel bildet das ätherische Öl. Der Gesamtgehalt kann bis zu 1,3 % betragen, die Mindestanforderung des Europäischen Arzneibuchs liegt bei 0,2 % der Droge. Bestandteile des ätherischen Öls sind vorwiegend Monoterpene wie α-Pinen, α- und β-Phellandren neben Mycren und Limonen. Bis zu 20 Prozent des ätherischen Öls entfallen auf Sesquiterpene (z.B. β-Bisabolen und β-Caryophyllen) und makrozyklische Lactone, die das würzige Aroma der Wurzel mitbestimmen. Zu nicht flüchtigen Inhaltsstoffen zählen Cumarine: Hydroxycumarine (z.B. Umbelliferon) und Furanocumarine (z.B. Bergapten, Angelicin) sowie prenylierte Varianten Archangelicin oder Osthol. Letztere zeigen in vitro spasmolytische Effekte an isoliertem Darm- und Bronchialgewebe. Der Wirkungsmechanismus erfolgt über spannungsabhängige Ca++-Kanalpumpen der glatten Muskulatur, durch deren Blockade die Kontraktionsfähigkeit der Zelle herabgesetzt wird.1
Untersuchungen an Extrakten aus Angelicae radix belegen antibakterielle und antifungorale Wirkung.2 Hepatoprotektive Wirkung von Angelika-Extrakten wurde nachgewiesen.3 Rezente Studien an Mäusen haben einen hohen antikonvulsiven Effekt von Angelika-Extrakten im Vergleich mit Diazepam ergeben.4
Mit pharmazeutischem Wissen können wir Angelicae radix in Form von Fertigpräparaten und als magistrale Zubereitungen unseren Patienten bestens empfehlen. Angelikawurzel ist unverzichtbarer Bestandteil verdauungsregulierender Zubereitungen. Bei Appetitlosigkeit und als Carminativum bei Blähungen, Völlegefühl bis zum Einsatz bei krampfartigen Beschwerden des Magen-Darm-Trakts verschaffen sie Erleichterung.
Laut Volksmedizin können Zubereitungen auch als Expectorans bei Atemwegserkrankungen eingesetzt werden. Ein Rezept aus dem Hausschatz ist der Nasenbalsam mit Aetheroleum angelicae (siehe oben), der herbstlichen Schnupfennäschen Linderung bringt!
CAVE: Lipophile, lineare Furanocumarine wirken bei UV-A-Exposition (340–400 nm) auf die Haut phototoxisch und mutagen. Keine großflächige Anwendung in Dermatika! Teezubereitungen in Maßen stellen kein Problem dar.
Quellen:
1 Härmälä P et al. (1992) Phytochem Anal: 42–8.
2 Oyala T et al. (2000) J Ethnopharmcol: 299–305.
3 Yeh ML et al. (2003) Pharmacology: 70–3.
4 Kimura T et al.(2011) Ger Geront Int: 309–14
Nasenbalsam
Cera lanae 33,0 g
Cera flavae 2,0 g
Aetheroleum Angelicae 15 gtt
Aetheroleum Majoranae 5 gtt
Aetheroleum Thymi 1 gtt
Magen-Darm-Tee wohlschmeckend
Angelicae radix 20,0 g
Melissae folium 10,0 g
Foeniculi fructus 10,0 g
Fragariae folium 10,0 g
DS: 3 x tgl. 15 min vor dem Essen trinken (1 TL mit heißem Wasser aufgießen)
Steckbrief
Stammpflanze:
Angelica archangelica L
Familie:
Apiaceae
Herkunft:
heimisch, gemäßigte Zonen in Europa und Asien, Kultivierung in Nordeuropa
Arzneidroge:
getrocknetes Rhizom mit Wurzeln
Anwendungsbereiche:
dyspeptische Beschwerden, Appetitlosigkeit; Atemwegserkrankungen
Monographien:
Ph. Eur. 8.0, Kommission E, ESCOP