10. Sep. 2018

„Man muss hinter den Produkten stehen“

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„Eigentlich ging alles sehr schnell“, erzählt Dr. Dietmar Rakowitz, der gemeinsam mit seiner Frau Mag. Irmgard Rakowitz seit nunmehr elf Jahren die Apotheke zur hl. Margaretha in Groß Gerungs (NÖ) betreibt: „Mitte 2005 haben wir inkognito einen Einkauf gemacht, im September haben wir uns erstmals mit unseren Vorgängern zusammengesetzt und rund zwei Monate später waren wir handelseins.“ Weil der Neo-Apotheker Rakowitz aber damals noch auf der Innsbrucker Uni als Universitätsassistent tätig war, fand die offizielle Übergabe der Apotheke erst am 1. Juli 2007 statt.

Dabei hätte alles ganz anders kommen können. Denn der erste Besuch in der Apotheke verlief ernüchternd: „Die Einrichtung war schon etwas veraltet, das Geschäftslokal ziemlich klein und eher dunkel.“ Kein Wunder, stammte die Apotheke doch aus den 1960er Jahren. Nach dem ersten Besuch war sich das Ehepaar einig: „Ganz sicher nicht.“ „Als wir dann aber die Zahlen gesehen haben, wussten wir, welches Potenzial die Apotheke hat“, berichtet Dietmar Rakowitz. Vermittelt hat die Apotheke Jens Wilke, Gründungspartner von Wolfgang Hauser beim Apothekencoach und ein „Freund aus der Zeit an der Uni“. Hauser fungierte als Mastermind hinter dem Finanzierungskonzept für die Übernahme.

„Ursprünglich war ja ein Beteiligungsmodell mit einem Großhändler angedacht, aber als wir die Zahlen gesehen haben, waren wir uns sicher, dass wir es ohne Beteiligungspartner machen“, erzählt Rakowitz. „Die Finanzierung war eigentlich kein Problem, damals standen die Banken ja noch Schlange.“ Einzig, das Finanzierungsmodell den Banken zu „verklickern“, war eine Herausforderung. „Die, die es kapiert hat, hat dann den Zuschlag erhalten und ist heute noch unsere Hausbank“, so Rakowitz. Eigenkapital wurde übrigens keines eingesetzt, eine Bürgschaft kam vom Großhändler. „Wir haben im Gegenzug einen Abnahmevertrag abgeschlossen, in dem festgelegt wurde, dass wir einen bestimmten Prozentsatz unserer Artikel von dem Großhändler beziehen wollen. Das ist aber ohnehin Usus“, sagt der Apotheker.

Umzug nach zwei Jahren
Knapp zwei Jahre nach der Eröffnung kam der nächste große Schritt. „Eine Bank hat direkt am Hauptplatz einen Mieter für ein Geschäftslokal gesucht, das dreimal so groß war wie unser bisheriges. Einziges Problem: Wir wollten nicht mieten, sondern kaufen.“ Am Ende wurde gekauft, die Apotheke übersiedelte und auch hier war die Finanzierung für das zweite Großprojekt binnen kürzester Zeit kein Problem. Aktuell hat die Apotheke neben den beiden Eigentümern neun Mitarbeiter und floriert, wenngleich sich die Zeiten geändert haben. Leichter ist es nicht geworden, meint Dietmar Rakowitz. Der Grund ist unter anderem im Preisdruck durch die Sozialversicherungen zu finden.

Ein Beispiel aus der Praxis: „2007 hat eine Packung Pantoloc 40 mg zu 28 Stück – ein Protonenpumpenhemmstoff, der weltweit millionenfach verkauft wird – einen Kassenerlös von 47,95 Euro erzielt. Heute bekommt man für die gleiche Packung 4,50 Euro. Die Marge ist die gleiche geblieben“, so der Apotheker. Betriebswirtschaftlich betrachtet eigentlich ein Wahnsinn, denn im gleichen Zeitraum sind natürlich die Kosten für Strom, Mitarbeiter usw. angestiegen. „Man darf sich nicht wundern, dass manche Apotheken mittlerweile in den roten Zahlen stecken.“

Wie der Margenschwund ausgeglichen werden kann? „Man muss sich spezialisieren und zusätzliche Produkte anbieten. Oberstes Prinzip ist dabei, dass man hinter den Produkten stehen muss. Wir setzen zum Beispiel auf Komplementärmedizin und dabei im Besonderen auf Mikronährstoffe, ein Gebiet, auf dem ich mir im Laufe der Zeit großes Wissen angeeignet habe. Dazu habe ich auch schon zahlreiche Vorträge in Österreich gehalten“, erläutert Rakowitz. Eine Strategie, die wirkt, auch wenn sie sich bei der Gegenüberstellung von Kassenumsätzen und Privatumsätzen nicht wirklich niederschlägt.

Das Problem: Die Schulmedizin verschreibt vielfach Hochpreisartikel, die zwischen 300 und 15.000 Euro kosten. Die treiben natürlich den Umsatz mit den Kassen in die Höhe, sorgen aber für eine verzerrte Optik bei der Gegenüberstellung von Kassen- und Privatumsätzen. Bei der Apotheke bleibt nämlich wenig hängen, weil „Hochpreiser“ eine sehr geringe Marge liefern. „Ich schätze, dass wir ohne die Hochpreisartikel bei einer Aufteilung von 50 zu 50 zwischen Kassen und Privatumsätzen sind“, erzählt Rakowitz aus der Praxis.

Noch einmal zurück zur Gründung – was waren die Punkte, auf die das Ehepaar besonders geachtet hat, als sie sich für die Apotheke in Groß Gerungs entschieden haben? „Natürlich die Zahlen sowie die Kundenfrequenz. Und die Lage – im Umkreis von 20 km gibt es zwar einige hausapothekenführende Ärzte, aber keine andere öffentliche Apotheke. In Richtung Freistadt ist die nächste Apotheke 45 km entfernt.“ Ob er in den letzten elf Jahren den Sprung in die Selbstständigkeit bereut hat? „Nein“, antwortet Rakowitz, wie aus der Pistole geschossen.