Enges Korsett erfordert gute Planung
Gesetzlich geregelte Preise, Sondernachlässe für Krankenkassen, hohe Kosten beim Wareneinsatz – Jung-Apotheker müssen vor dem Sprung in die Selbstständigkeit den Rechenstift gut spitzen. (Pharmaceutical Tribune 10/2018)
Deutschlands Apotheker dürfen sich glücklich schätzen – zumindest auf den ersten Blick. Pro verkaufter Medikamentenpackung bleiben im Schnitt 8,90 Euro in ihrer Kasse. Ihre österreichischen Kollegen hingegen dürfen sich im gleichen Fall lediglich über 2,60 Euro freuen, wie eine Studie des Instituts für Pharmaökonomische Forschung (IPF) aus dem Jahr 2015 zeigt. Dass Deutschlands Apotheken deutlich mehr erhalten, liegt aber nicht nur an den höheren Arzneimittelpreisen in Deutschland – der Krankenkassenpreis je Packung (KKP) lag im Untersuchungszeitraum bei 33,60 Euro (Österreich: 17,57 Euro). Auch was die prozentuelle Aufteilung des Preisentgeltes betrifft, liegen Österreichs Apotheken deutlich hinter den Deutschen. Während die Apothekenspanne in Deutschland bei 26,5 Prozent des Verkaufspreises liegt, lukrieren die Apotheker in Österreich lediglich 14,8 Prozent. Der Fabriksabgabepreis am Gesamtpreis liegt in Österreich bei rund 70 Prozent, in Deutschland bei etwas über 53 Prozent (Quelle: IPF).
Was sagt die Statistik?
Der Sprung ins kalte Wasser der Selbstständigkeit ist also alles andere als der schnelle Weg zum Reichtum. Dennoch ist die Anzahl der Apotheken in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich gestiegen. Ende 2007 gab es in Österreich 1.235 öffentliche Apotheken (inkl. Filialapotheken), zehn Jahre später waren es 1.380 (siehe Grafik 1). Statistisch betrachtet haben damit mehr als 14 Apotheken pro Jahr ihre Pforten neu geöffnet. Der prozentuell höchste Anteil (48 Prozent) entfiel dabei auf Orte, die zuvor keine Apotheke ihr Eigen nannten. Der Blick auf die Einnahmen-Ausgaben- Situation einer österreichischen Median-Apotheke zeigt ebenfalls, dass die Eröffnung einer Apotheke kaum etwas mit dem Streben nach „fetten“ Gewinnen zu tun hat. 2015 standen einem Gesamtumsatz von 2,83 Millionen Euro – laut Statistik – Kosten von 2,78 Millionen Euro gegenüber.
Der weitaus größte Teil dieser Kosten – mehr als zwei Millionen Euro oder 71 Prozent des Umsatzes – entfiel dabei auf den Wareneinsatz. Der hohe Anteil des Wareneinsatzes an den Kosten erklärt sich unter anderem daraus, dass eine durchschnittliche österreichische Apotheke ca. 6.000 unterschiedliche Medikamente auf Lager hat (19.500 Arzneimittelpackungen). Ein derart großes Lager bindet natürlich Kapital und verursacht Kosten, die es bei der Kalkulation zu berücksichtigen gilt. Einen weitaus geringeren Anteil am Umsatz machen die Personalkosten aus. Diese lagen (inklusive Vergütung für den Firmenbetreiber) bei lediglich 18,4 Prozent. Nach Abzug sonstiger Kosten bleibt damit unterm Strich ein Gewinn von 47.000 Euro – oder in Prozent des Umsatzes ausgedrückt: 1,66 – vor Steuern wohlgemerkt (siehe Tabelle 1). Was die Zusammensetzung des Umsatzes betrifft, so hat sich in den vergangenen fünf Jahren nur wenig verändert (Tabelle 2).
Rund ein Drittel des Gesamtumsatzes erzielt eine Apotheke in Österreich mit Privaten, mehr als zwei Drittel sind dem Krankenkassenumsatz zuzurechnen. Da die Preisbildung bei Arzneimitteln in Österreich gesetzlich geregelt ist, kann eine Umsatzsteigerung nur über die Menge der abgegebenen Medikamente oder über Zusatzprodukte wie Kosmetika erzielt werden. Die Mengensteigerung hat allerdings einen Haken: Apotheken, deren Umsatz mit der Krankenkasse über dem Median-Krankenkassenumsatz aller österreichischen Apotheken liegt, müssen einen Sondernachlass von 2,5 Prozent für jene Umsätze gewähren, die oberhalb des Medians zu liegen kommen. Ausgenommen sind davon nur Produkte mit einer niedrigeren Spanne als teurere Medikamente. Österreichs Apotheker bewegen sich in einem engen Korsett. Für angehende Selbstständige bedeutet dies, dass neben den fachlichen Qualifikationen vor allem eine entsprechend gute Planung und Kalkulation über Wohl und Wehe der Selbstständigkeit entscheidet.