Wenn Stress besonders schadet
Die biologische Psychiatrie entschlüsselt immer genauer die Wechselwirkung zwischen Genen und Umwelt. Sie erklärt damit auch, warum Stressoren wie Vernachlässigung oder Missbrauch in der Kindheit nachhaltig die seelische Gesundheit beeinträchtigen. (CliniCum neuropsy 1/18)
Bei einer Fortbildung an der Wiener Universitätsklink für Psychiatrie und Psychotherapie präsentierte Prof. Dr. Thomas Frodl von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, ein dickes Bündel an wissenschaftlichen Beweisen für die enge Verflechtung von Umweltstress und genetischen Veränderungen. „Selbstverständlich gehen wir davon aus, dass Stress sehr individuell erlebt und verarbeitet wird, wir verstehen jedoch immer besser, auf welche Weise chronischer Stress und Veränderungen in der Stress-Hormon-Achse im Zusammenhang mit psychiatrischen Erkrankungen stehen“, betont Frodl. Vernachlässigung oder Missbrauch in der Kindheit ebenso wie kritische Lebensereignisse und das daraus resultierende „Konglomerat an Stressfaktoren“ stören die Regulationsmechanismen von Nerven- und Hormonsystem empfindlich. Beispiele dafür sind die Hypersekretion des Corticotropin Releasing Factor (CRF), die Hypersekretion proinflammatorischer Zytokine oder die Inhibition der neuronalen Wachstumsfaktoren sowie deren Auswirkung auf die emotionale Entwicklung. „Diese Erkenntnisse geben uns Anlass, die biologischen Zusammenhänge zwischen kindlichem Missbrauch oder Vernachlässigung mit psychiatrischen Erkrankungen näher zu beleuchten“, sagt Frodl.