23. Feb. 2018

Podcast: Hämophilie Update 2018

Viel hat sich in der letzten Zeit bei der Therapie der Hämophilie bewegt. Prof. Ingrid Pabinger-Fasching und Prof. Wolfgang Miesbach fassen die wichtigsten Entwicklungen zusammen.

Willkommen beim Medonline-Konferenzpodcast vom GTH 2018. In dieser Folge geht es um den State of the Art in der Hämophilie-Therapie. Meine Gesprächspartner sind Ingrid Pabinger-Fasching und Wolfgang Miesbach. Veränderungen gibt es viele, ist Pabinger-Fasching überzeugt: Ihr komme es vor, als wäre die Büchse der Pandora geöffnet worden. Auch Miesbach sieht eine Entwicklung in den letzten fünf Jahren, die die Neuerungen der letzten 20 Jahre übersteigt.
Drei aktuelle Ansätze bei der Therapie der Hämophilie stehen derzeit im Vordergrund.

Patienten mit Inhibitoren

Inhibitor-Patienten sind besonders schwierig zu behandeln. Eine Faktorgabe wäre bei diesen Patienten wirkungslos. Es ist wichtig, auf andere Weise in die Gerinnung einzugreifen. Eine Möglichkeit bieten Antikörper. Bei Emicizumab handelt es sich um einen Antikörper, der Faktor IX an Faktor X bindet und auf diese Weise die Gerinnungskaskade auslöst. Die Zulassung des Antikörpers steht bevor, ist Pabinger überzeugt. Sie erwartet sich eine deutliche Reduktion der Blutungsrate gerade bei Inhibitor-Patienten. Auch die Absenkung des Antithrombins ist bei dieser Patientengruppe vielversprechend.

Gentherapie

Bei Patienten, die keine Inhibitoren haben, wird schon bald die Gentherapie eine große Rolle spielen, sind sich beide Experten sicher. Über einen Vektor wird die fehlende genetische Information in die Zellen eines Zielgewebes eingebracht. Nach deutlichen Rückschlägen und sogar Todesfällen stehen nun sichere Vektoren in Form von Adenoviren zur Verfügung. Die Gentherapie lässt einige Hämostaseologen schon auf die Heilung der Hämophilie hoffen.

Personalisierte Medizin

Wie in vielen Bereichen der Medizin wird die individuelle Ausrichtung auf den Patienten immer wichtiger. Die Hämostaseologie hat hier einen gewissen Vorsprung, weiß Pabinger. Schließlich werden schon seit den 1960er Jahren Patienten genau diagnostiziert und individuell behandelt. Miesbach fügt hinzu, dass Faktoren wie Gewicht, Bewegung, Medikamente und Komorbiditäten ebenfalls Einfluss haben können und berücksichtigt werden sollen.
Von Antikörpern bis zur Gentherapie sind viele Ansätze in der Pipeline. Die Experten sind jedenfalls optimistisch, dass sie bald in der klinischen Praxis Einzug finden. Innerhalb der nächsten Jahre sei mit einer Zulassung der ersten Produkte zu rechnen.

Referenzen:
Oldenburg J et al. Emicizumab prophylaxis in hemophilia A with inhibitors. New England Journal of Medicine, 2017, 377. Jg., Nr. 9, S. 809-818.
Leebeek FWG et al. Interim results from a dose escalating study of AMT-060 (AAV5-hFIX) gene transfer in adult patients with severe hemophilia B. 2016.