Wo sind all die Neutrophilen hin?

Meist gibt bereits das manuell ausgezählte Differenzialblutbild Aufschluss über Ursachen und Schwere des Leukozytenmangels. (Medical Tribune 15/18) 

Aufgrund linksthorakaler Schmerzen suchte ein 72-Jähriger mit bekannter KHK die Notaufnahme auf. Ansonsten war der Mann beschwerdefrei. Er gab an, regelmäßig ACE-Hemmer, Betablocker, Simvastatin, ASS und Pantoprazol einzunehmen. Sowohl die Anamnese als auch die klinische Untersuchung und die Laborwerte waren vollkommen unauffällig – bis auf die Leukopenie (2700/ml) und die Thrombopenie (112.000/ml). Der Hämoglobinwert war mit 12,1 g/dl grenzwertig. Im manuellen Differenzialblutbild zeigte sich eine milde Neutropenie (1400/ml neutrophile Granulozyten). Zudem litt der Patient an einem Vitamin-B12-Mangel. Die daraufhin begonnene Substitution verbesserte bereits innerhalb weniger Tage deutlich das Blutbild. Grund für die Leukopenie war demnach ein Vitamin-B12-Mangel bedingt durch die langfristige Einnahme von Protonenpumpenhemmern. Eine neu aufgetretene Leukopenie sollte grundsätzlich abgeklärt werden, wobei der untere Grenzwert je nach Alter, Geschlecht und ethnischer Herkunft variieren kann. Da neutrophile Granulozyten mit 60 % den Hauptanteil der weißen Blutkörperchen ausmachen, handelt es sich bei einer Leukopenie meist um eine milde (1000– 1500/ml) oder moderate (500–1000/ ml) Neutropenie mit geringem Infektionsrisiko. Liegt allerdings eine schwere Neutropenie/Agranulozytose (< 500/μl) vor, besteht akuter Handlungsbedarf, da die Infektionsneigung deutlich erhöht ist und die Gefahr einer Verschleierung typischer infektiologischer Befunde bzw. Symptome gegeben ist, schreiben Deborah Christen und ihre Kollegen von der Medizinischen Klinik IV des Universitätsklinikums der RWTH Aachen.

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Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune