Erworbene Koagulopathien
SERIE Therapie von Gerinnungsstörungen – Teil 4: Neben einer Vielzahl meist sehr seltener hereditärer Krankheitsbilder, die zu schweren Störungen der Blutgerinnung führen, sind auch zahlreiche erworbene Gerinnungsstörungen bekannt. Deren Therapie besteht zumeist im Management der Grundkrankheit. Allerdings kann die Blutungsneigung so ausgeprägt sein, dass gerinnungshemmende Sofortmaßnahmen erforderlich werden. (CliniCum 5/17)
Praktisch alle Faktoren, die von genetischen Gerinnungsstörungen betroffen sein können, können auch bei erworbenen Erkrankungen defizitär oder defekt sein. Das vielleicht bekannteste Beispiel ist die erworbene HemmkörperHämophilie (AHA). Dabei kommt es in der Regel zur Auto-Antikörperbildung gegen Faktor VIII oder (sehr selten) Faktor IX, also gegen jene beiden Faktoren, die auch hinter der angeborenen „Bluterkrankheit“ stehen. Prinzipiell können aber alle Gerinnungsfaktoren betroffen sein. Die Hemmung kann komplett (Plasma-Aktivitäten <5%) oder inkomplett (verminderte, aber messbare Plasma-Aktivität) sein. Allerdings ist die erworbene Hemmkörper-Hämophilie mit einer jährlichen Inzidenz von 1,5/1.000.000 deutlich seltener als die Hämophilie. Die Mortalität wird zwischen acht und 22 Prozent angegeben. Die Erkrankung äußert sich im plötzlichen Auftreten von meist ausgeprägter Blutungsneigung bei zuvor unauffälligen Patienten.