Aspirin & NOAK: Erhebliche Risikoreduktion
Aspirin ist seit Jahrzehnten Standard in der Sekundärprävention kardiovaskulärer Ereignisse. Die Wirksamkeit ist durch Studien gut etabliert – dabei allerdings begrenzt. Eine Verbesserung der Effektivität durch zusätzliche Antikoagulation scheint daher schon seit langem erstrebenswert. Entsprechende Versuche mit Vitamin-K-Antagonisten in Kombination mit ASS wurden wegen des exzessiven Blutungsrisikos aufgegeben. Ein neuer Anlauf mit dem NOAK (Non Vitamin K Antagonist Anticoagulant) Rivaroxaban brachte nun den erhofften Erfolg.
Studie wegen Überlegenheit der Kombination abgebrochen
In der Studie COMPASS (Cardiovascular OutcoMes for People using Anticoagulation StrategieS trial) senkte die Kombination ASS plus Rivaroxaban im Vergleich zu ASS alleine sowohl das Risiko kardiovaskulärer (MACE) als auch peripher-arterieller (MALE) Komplikationen signifikant und deutlich. Dieser Vorteil wurde zwar durch ein erhöhtes Blutungsrisiko erkauft, wobei allerdings lebensbedrohliche und tödliche Blutungen nicht erhöht und in allen Armen der Studie sehr selten waren. Die Unterschiede waren so erheblich, dass das Data Safety Monitoring Board Anfang 2017 den Abbruch der Studie empfahl, da sich eine klare Überlegenheit des ASS-Rivaroxaban-Arms im Vergleich zum ASS-Arm gezeigt hatte.
In die Studie waren insgesamt 27395 Patienten mit stabiler koronarer Herzerkrankung (CAD) oder peripherer arterieller Verschlusskrankheit (PAD) aus 33 Ländern eingeschlossen und erhielten täglich entweder 100 mg Aspirin, zweimal täglich 5 mg Rivaroxaban oder zweimal täglich 2,5 mg Rivaroxaban plus 100 mg Aspirin. Primärer Endpunkt war ein Komposit aus kardiovaskulärem Tod, Schlaganfall oder Myokardinfarkt.
Signifikant weniger kardiovaskuläre Ereignisse
In COMPASS brachte die Kombination von Aspirin und Rivaroxaban im Vergleich zu Aspirin alleine eine signifikante Risikoreduktion im Hinblick auf den primären Endpunkt von 24 Prozent sowie eine Verbesserung des Gesamtüberlebens von 18 Prozent. Dem stand zwar ein deutlich erhöhtes Blutungsrisiko gegenüber, jedoch ergab eine Berechnung des Net Clinical Benefit (primärer Endpunkt gegen schwere Blutungsereignisse gerechnet) noch immer einen signifikanten Vorteil von 20 Prozent für den Kombinationsarm. Rivaroxaban in Monotherapie war im Vergleich zu Aspirin nicht signifikant überlegen. Allerdings könnten hier die Ergebnisse durch den vorzeitigen Abbruch der Studie verzerrt worden sein. Auch hinsichtlich sekundärer Endpunkte war die Kombination von Aspirin und Rivaroxaban zum Teil dramatisch überlegen. So wurde beispielsweise beim Schlaganfall eine Risikoreduktion von rund 40 Prozent beobachtet.
Gute Wirksamkeit bei peripherer arterieller Erkrankung
Als separate Studie wurden die Ergebnisse der Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit präsentiert (COMPASS-PAD). Der primäre Endpunkt setzte sich in dieser Studie aus kardiovaskulären Ereignissen sowie aus „major limb events“ (MALE) zusammen, was gleichbedeutend mit Revaskularisation oder Amputation ist. In diesem Hochrisiko-Kollektiv (rund ein Drittel der Patienten waren Raucher, mehr als 40 % Diabetiker) zeigte sich ein ganz ähnliches Bild wie in der CAD-Studie: Der primäre kardiovaskuläre Endpunkt (MACE) wurde durch die Kombination von ASS und Rivaroxaban um 28 Prozent reduziert, der periphere vaskuläre Endpunkt (MALE) um 46 Prozent. Angesichts der bislang recht bescheidenen therapeutischen Optionen bei PAD bedeuten die Ergebnisse von COMPASS für diese Patientengruppe eine wichtige Verbesserung, so Studienautorin Prof. Dr. Sonia Anand von der kanadischen McMaster University.
Referenzen:
1 COMPASS: Cardiovascular OutcoMes for People using Anticoagulation StrategieS trial: Primary Results, präsentiert von J. Eikelboom im Rahmen des ESC 2017, Abstract 1154
2 COMPASS-PAD: Cardiovascular OutcoMes for People using Anticoagulation StrategieS trial: Results in Patients with Peripheral Artery Disease, präsentiert von S. Anand im Rahmen des ESC 2017, Abstract 1157
Die Studie COMPASS wurde zeitgleich mit der Präsentation im New England Journal of Medicine publiziert und ist im Volltext frei verfügbar.