Pleuraempyem aus chirurgischer Sicht
Das Pleuraempyem stellt die häufigste bakterielle Erkrankung dar, mit der sich der Thoraxchirurgie im klinischen Alltag auseinandersetzen muss. Überraschenderweise nimmt die Inzidenz weltweit ungeachtet der verfügbaren modernen Antibiotika signifikant zu und auch die Sterblichkeit war zu Beginn des 21. Jahrhunderts deutlich höher als zur Mitte des 20. Jahrhunderts.
Die Behanldung von Eiteransammlungen hat im Pleuraraum eine lange Tradition. Dennoch werden viele Patienten erst verspätet einer definitiven Therapie zugeführt, die dann mit einer höheren Invasivität mit einer geringeren Aussicht auf Restitutio ad integrum einhergeht.
Großteils tritt das Pleuraempyem als Begleiterscheinung pleuranaher infäktiöser Erkrankungen auf. Eigenständige oder hämatogene Ansammlung von purulentem Exsudat in der PleurahöhleIn sind Ausnahmen. In der Mehrzahl der Fälle ist die Lunge Ausgangspunkt des infektiösen Geschehens, so dass das Erregerspektrum dem der Pneumonie ähnelt. Ein zunächst unkomplizierter parapneumonischer Erguss führt durch bakterielle Besiedelung zur Migration von neutrophilen Granulozyten, Aktivierung der Gerinnungskaskade mit Fibrindeposition, Septierung und Progression des lokalen Prozesses durch Zelltod und Phagozytose.
Alternative Ursachen sind durchbrechende Abszesse sowie postinterventionelle Komplikationen. Diese werden dann hauptsächlich durch Staphylokokken beziehungsweise multiresistente Keime verursacht.
Risikofaktoren für die Entstehung eines Pleuraempyems sind die chronisch obstruktive Lungenerkrankung, das Bronchialkarzinom mit poststenotischer Sekretretention, Diabetes mellitus, zentral nervöse Erkrankungen, eine Refluxerkrankung, Alkoholabusus sowie IV Drogenabusus.
Diagnostik durch Punktion und bildgebende Verfahren
Der Nachweis eines Pleuraempyems erfolgt grundsätzlich über Punktion. Bei Förderung von eindeutig putridem Sekret ist die Diagnose gesichert. Im anderen Fall erfolgt eine Untersuchung des gewonnenen Sekretes und Beurteilung nach den sogenannten Light Kriterien. Ein Empyem besteht bei Vorliegen folgender Qualitäten:1
- pH < 7,2
- Protein > 30 g/l
- Protein: Erguss/Serum > 0,5
- LDH-Aktivität > 200 U/l
- LDH: Erguss/Serum > 0,6
- Glucose < 35 mg/100 ml
Bildgebende Verfahren definieren das weitere Vorgehen. Die Computertomographie erlaubt eine genaue Abschätzung der Ausdehnung des Ergusses, der Beschaffenheit der Flüssigkeit und der pleuralen Oberflächen sowie der anatomischen Beziehungen. Sie dient zur Steuerung einer gezielten Punktion zur Gewinnung einer Bakteriologie sowie zum Ausschluss eines zu Grunde liegenden malignen Prozesses. Der pleurale Ultraschall ist ebenfalls ein sehr probates Mittel zur Erkennung von Binnenechos im Sinne von Fibrinmassen und Septierungen, die eine einfache Drainage manchmal erschweren. Letztlich kann eine fiberoptische Bronchoskopie dem Verdacht auf einen zentralen stenosierenden Prozess nachgehen. Im Verdachtsfall kann auch eine spezifische Tuberkulosediagnostik oder eine interne Kavernendrainage durchgeführt werden.
Klinische Stadien des Empyems
Entsprechend einer Klassifikation aus dem Jahre 1962 werden drei klinische Stadien unterschieden:2
- das exsudative Stadium
- das fibrinopurulente Stadium
- das chronische Stadium
Das chirurgische Armentarium zur Behandlung dieser verschiedenen Situationen reicht von Punktion und Drainage und Fibrinolyse über die Thorakoskopie und Thorakotomie mit Dekortikation bis zur Thorakoplastik und Muskelplombe. Alle internationalen Leitlinien zur Behandlung des Pleuraempyems sind auf einem relativ durchschnittlichen Evidenzniveau von C aufgebaut. Zur strategischen Planung empfiehlt das American College of Chest Physicians eine Risikoberechnung auf Basis dreier Variablen:3
- Anatomie (Flüssigkeitsmenge, Septierungen, verdickte Pleura)
- Bakteriologie (Gramfärbung, Kultur, putrides Sekret)
- Chemie (pH des Pleuraergusses)
Die British Thoracic Society hat 2003 ebenfalls entsprechende Leitlinien herausgegeben. Alle Maßnahmen sind von einer geeigneten Antibiose zu begleiten. Insgesamt ist eine frühzeitige chirurgische Vorstellung zweckmäßig.4
Eine frühzeitige Entfernung und Analyse eines parapneumonischen Ergusses, respektive Drainage bei putridem Erguss sind die initialen und wichtigsten Maßnahmen in diesem frühen Stadium der Erkrankung. Eine intrapleurale Fibrinolyse über liegende Drainage kann bei beginnender Organisation des Ergusses (Übergang zu Stadium II) angedacht werden. Laut Literatur bietet eine intrapleurale Fibrinolyse keinen Überlebensvorteil. Allerdings ermöglicht sie eine bessere Evakuierung größerer infizierter Ergussmassen mit entsprechender respiratorischer Symptomatik.5
Die thorakoskopische Behandlung im Stadium II ist seit 1990 etabliert und ist in 70 bis 95 Prozent der Fälle erfolgreich, wobei dies in erster Linie von der Laufzeit der Erkrankung und somit vom Stadium abhängig ist. Um die Eignung eines thorakoskopischen Vorgehens besser abschätzen zu können, empfiehlt sich ein aktuelles präoperatives CT, idealerweise innerhalb von 24 Stunden vor geplanter Operation. Grundsätzlich kann jedoch in vielen Fällen thorakoskopisch vorgegangen und intraoperativ zur offenen Dekortikation konvertiert werden, wenn eine komplette Lösung der Lunge nicht möglich, oder eine komplette Expansion der Lunge nicht erzielt werden kann.6
Das Stadium III der Empyemerkrankung charakterisiert ein chronisches Geschehen mit Verschwartung der Pleura und Fesselung der Lunge. Die Behandlung der Wahl in diesem Stadium ist die komplette Dekortikation der viszeralen und parietalen Pleura mit Lösung der Lunge bis zum Hilus und kompletter Befreiung der Lunge. Laut aktueller Literatur können etwa 40 Prozent der Fälle thorakoskopisch erfolgreich durchgeführt werden. Prädiktoren für eine Konversion sind das zeitliche Intervall von der Diagnosestellung bis zur Operation, das Vorhandensein von Fieber sowie eine signifikante Verdickung der Pleura im CT. Die Konversionsrate steigt mit der Anzahl dieser Faktoren. Kontraindikationen für ein thorakoskopisches Vorgehen ist ein schlechter Allgemeinzustand des Patienten mit entsprechendem Zeitdruck für die Operation, insbesondere wenn eine einseitige Beatmung nicht toleriert wird.
Bei protrahiertem Verlauf eines Pleuraempyems ohne entsprechende Behandlung kommt es eventuell zu einer Mitbeteiligung der Thoraxwand im Sinne eines Empyema necessitatis. Hier ist eine alleinige Sanierung des Pleuraraumes nicht ausreichend und die Thorax Weichteile werden heute in vielen Fällen postoperativ mit einem Vakuumsverband versorgt. In den selten gewordenen Fällen einer starren infektiösen Thoraxhöhle kommen ausgedehntere Eingriffe wie die Thorakoplastik mit Resektion von Rippen zur Kollapsbehandlung der Höhle sowie eine Plombierung der Höhle durch Muskeltransfer oder Omentumplastik zum Einsatz. Bei funktionell stark beeinträchtigten Patienten kann ein sogenanntes Thoraxfenster angelegt werden, um eine offene Infektionsbehandlung zur Vermeidung eines systemischen septischen Prozesses zu ermöglichen. Auch hier kann die vakuumassistierte Wundbehandlung sehr hilfreich sein.
Referenzen:
1 Light RW, Parapneumonic Effusions and Empyema. Proceedings of the American Thoracic Society 2006; 3(1):75-80
2 Andrews NC et al., Management of non-tuberculous empyema. Am Rev Respir Dis. 1962; 85:935–6
3 Colice GL et al., Medical and surgical treatment of parapneumonic effusions: an evidence-based guideline. Chest 2000; 118(4):1158-71
4 Davies CW, Gleeson FV, Davies RJ, BTS guidelines for the management of pleural infection. Thorax 2003; 58(2):ii 18-28
5 Maskell NA et al., U.K. Controlled trial of intrapleural streptokinase for pleural infection. N Engl J Med 2005; 352(9):865-74
6 Molnar TF, Current surgical treatment of thoracic empyema in adults. Eur J Cardiothorac Surg. 2007; 32(3):422-30