30. März 2016

Dr. Pichlbauer: Es geht zu in der PHC-Diskussion

23. Februar – Die Kurie der niedergelassenen Ärzte stellt ihre „Primärversorgung 2020“ vor. Ob es tatsächlich ein Konzept ist oder nur Presseunterlagen existieren, ist unklar. Was vorgestellt wurde, ist keine Primärversorgung, sondern eine Art „Hausärztliche Krankenbehandlungsorganisations-Phantasie“, weit weg von dem, was sonst als PHC gilt.

2. März – In Wien soll ein zweites PHC-Zentrum, das „PHC SMZ-Ost“ kommen. Ein Fortschritt, meint man, wenn da nicht mit der Jubelmeldung auch mitgeteilt worden wäre, dass das erste PHC-Zentrum „Medizin Mariahilf“ angeblich 0,83 Prozent der Wiener versorgt, man also dem Ziel „ein Prozent der Bevölkerung in PHCs zu behandeln“, nahe ist.0,83 Prozent der Wiener sind   14.500 Menschen. Im „Medizin Maria­hilf“ arbeiten drei Hausärzte, macht pro Arzt 4800 Einwohner. Wenn dort PHC – also eine koordinierte und strukturierte Primärversorgung mit Leistungen der Prävention, Kuration und Pflege – passiert, dann mit einer weltweit einzigartigen Effizienz; normalerweise schaffen ein Arzt und sein Team gerade 1500 bis 1800 Einwohner.

8. März – Völlig überraschend wird das „Wiener Modell“ präsentiert, und zwar gemeinsam von Ärztekammer, WGKK und Stadt. Das schien tatsächlich ein gewaltiger Sprung. Die „drei“, sich gegenseitig lobend (!), wollten, und das ganz ohne dieses ominöse PHC-Gesetz, zeigen, dass man kann, wenn man will. In Hinblick auf das Kommende war es wohl nur ein politischer Schachzug – denn …

13. März (ein Sonntag!) – Die Kurie der niedergelassenen Ärzte hat den für alle anderen streng geheimen Entwurf zum PHC-Gesetz öffentlich kommentiert, mit brachialen Worten. Das Ende der Hausärzte wäre eingeläutet, internationale Konzerne wie Bauunternehmen würden sich einkaufen und als Maßstab allein betriebswirtschaftliche Kalküle gelten lassen, mit Kettenbildungen, Dumping-Preisen, Dumping-Gehältern und letztlich mit der systematischen Übernahme des Gesundheitsmarktes ist zu rechnen. Alles in allem eine „Zumutung der Ministerin hinsichtlich einer bestmöglichen Patientenbetreuung“.

Bumm, so what’s next? Ich fürchte, wir werden alle sterben!

Kommentar: Dr. Ernest Pichlbauer, Unabhängiger Gesundheits­ökonom, Wien

 

 

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune