5. Juni 2014

Fall der Woche: Das Medikament zweimal eingenommen

Frau F. (34 J.) kommt in Begleitung ihres Freundes in Ihre Ordination. Da die Patientin etwas durcheinander ist, erklärt ihr Freund Ihnen, was los ist: „Ihr ist plötzlich ganz schwindlig geworden, dann hat ihr Herz angefangen zu rasen. Sie hat so ein seltsames Gefühl im rechten Arm“. Frau F. unterbricht ihn: „Wissen Sie, ich glaube, ich habe versehentlich die doppelte Menge Rytmonorm eingenommen. Irgendwie sehe ich auch etwas komisch und verschwommen.“ Seit einiger Zeit ist bei ihr eine Crohn-assoziierte Kardiomyopathie bekannt, so dass sie auf Rytmonorm 300 mg 1-0-0 eingestellt ist. Bis jetzt ging es ihr soweit ganz gut, auch der M. Crohn ist momentan im Griff. RR 100/70, P 85, Temp: 36,1°C. Das EKG zeigt soweit keine Auffälligkeiten, PQ-Zeit und QRS-Dauer sind im Normbereich. Allergie: keine bekannt. Was ist nun zu tun, und wie können Sie Ihrer Patientin helfen?

„Angesichts des EKG handelt sich nicht um eine wesentliche Überdosis“

Univ.-Prof. Dr. Josef Donnerer
Institut f. Exp. & Klin. Pharmakologie, MedUni Graz
Propafenonhydrochlorid (Rytmonorma) ist ein Klasse-1C-Antiarrhythmikum, das häufig zur Kontrolle von supraventrikulären oder ventrikulären tachykarden Herzrhythmusstörungen eingesetzt wird. Es hemmt den schnellen Natriumeinstrom im Herzreizleitungssystem und Myokard und verlangsamt so den Anstieg des Aktionspotenzials, wodurch die Überleitungs- und Refraktärzeit in allen Bereichen des Myokards verlängert wird. Ein ß-Rezeptor-blockierender Effekt und ein Einfluss auf repolarisierende Kaliumkanäle kann nachgewiesen werden. Dieses Rezeptorprofil führt zu einer effektiven Unterdrückung von pathologischen Erregungen. Gleichzeitig begünstigen alle Klasse- 1C-Antiarrhythmika wegen ihrer langsamen Abdissoziation vom Natriumkanal und damit zusammenhängender langsamer Erregungsausbreitung im Arbeitsmyokard selbst Arrhythmien, weil in einer „Erregungskreisbahn“ die Depolarisationswelle wieder auf erregbares Myokard treffen und komplexe Tachyarrhythmien auslösen könnte. Diese proarrhythmische Wirkung wird insbesondere bei vorgeschädigtem Herzen begünstigt.
Dies führt uns zu den wesentlichen Punkten der Symptomatik bei Frau F.:

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