15a-Vereinbarung: Ärztekammer übt harte Kritik an geplanten Reformen
Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) ist mit den Ergebnissen der Finanzausgleichsverhandlungen höchst unzufrieden und warnt vor den geplanten Änderungen, die in der neuen 15a-Vereinbarung vorgesehen sind.
Laut dem Präsidenten der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) Dr. Johannes Steinhart war die ÖÄK nicht in die Finanzausgleichsverhandlungen eingebunden. Die vorgesehenen Reformen könnten sogar ein Ende der Sozialpartnerschaft bedeuten und die Kompetenz der Standesvertretung stark einschränken, warnt er.
„Durch die Nichteinbindung der Ärzteschaft hat man auf das Know-how von 50.000 Ärztinnen und Ärzten verzichtet“, ärgert sich Steinhart. „Und warum? Man wollte sich nicht mit den kritischen Argumenten der Ärzteschaft auseinandersetzen und jede Diskussion vermeiden.“ Es ist auch kein Begutachtungsverfahren geplant. Die entsprechende Regierungsvorlage soll in der November-Plenarwoche des Nationalrats eingebracht und nach der Ausschussbehandlung im Dezember beschlossen werden. Die Zeit drängt also.
Ärztekammer würde Stellenplankompetenz verlieren
„Für die vorgesehenen Änderungen gab es keinen Anlass, denn das System hat immer gut funktioniert“, erklärt HR Hon.-Prof Dr. Johannes Zahrl. „Bisher bestand eine Balance of Power zwischen der Ärztekammer und den Sozialversicherungen. In den Gesamtverträgen schließen Kammer und Kassen Konditionen über die Leistungen, was sinnvoll ist, damit nicht jeder Arzt, jede Ärztin einen eigenen Vertrag aushandeln muss. Auch die gemeinsame Festlegung der Stellenpläne hat bisher gut geklappt.“ Laut der neuen 15a-Vereinbarung würde die Ärztekammer ihre Stellenplankompetenz verlieren und auch ihr Mitspracherecht bei der Gründung von Ambulatorien und bei Gesamtverträgen. Weiters sollen ab 2025 auch Ärzte und Ärztinnen im niedergelassenen Bereich den ICD-10-Code verwenden und ab 2026 soll eine ELGA- und E-Card-Pflicht für Wahlärzte und Wahlärztinnen bestehen. Die Ärztekammer wollte andere Codierungssysteme vorschlagen, kam damit aber nicht durch. Außerdem sollen Ärztinnen und Ärzte künftig nur noch Wirkstoffe und nicht konkrete Medikamente verschreiben dürfen. „Das ist dann kein Gesamtvertrag mehr und keine Balance of Power!“, kritisiert Zahrl.
Ende des solidarischen Gesundheitssystems droht
Prof. Dr. Dietmar Bayer, Stv. Obmann der Bundeskurie der niedergelassenen Ärzte, empört sich: „Uns wurde mit diesem Vertragsentwurf die Sozialpartnerschaft aufgekündigt!“ Denn bei so großen Änderungen sollten alle Partner eingebunden werden. Die Ärztekammer hätte wertvolle Lösungsansätze, Konzepte und Ideen gehabt, doch dies sei nicht erwünscht gewesen. Er befürchtet, dass in Zukunft große private Investoren den Gesundheitsmarkt beherrschen und den Preis diktieren werden. Das wäre dann das Ende des solidarischen Gesundheitssystems und das Wohl der Patientinnen und Patienten würde nicht mehr an erster Stelle stehen.
Laut Angaben der ÖÄK-Vertreter ist die Stimmung in der Ärzteschaft sehr schlecht. „Es brodelt schon sehr und es herrscht große Empörung.“ Die Ärztekammer werde sich jedenfalls weiter dafür einsetzen, dass die 15a-Vereinbarung nicht in der geplanten Form umgesetzt wird, mit wichtigen Stakeholdern weiter verhandeln und weiter für eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung eintreten. So wurde etwa bereits ein Gesprächstermin mit dem Bundeskanzler vereinbart. Und bereits heute Abend (8.11.2023) findet eine Konferenz der Bundeskurie und aller Landeskurien der niedergelassenen Ärzte statt, bei der nicht nur Informationen ausgetauscht, sondern auch formelle Beschlüsse gefasst werden sollen.
Pressegespräch der ÖÄK „Finanzausgleichsverhandlungen: Massive Verschlechterungen im niedergelassenen Bereich befürchtet“, Wien, 8.11.2023