Persönliche Erfahrungen mit der Planung der Ordination
Anhand meiner persönlichen Erfahrung werde ich in dieser Folge Überlegungen anstellen, die Kolleg:innen helfen können, Fehler im Rahmen der Ordinationsplanung zu vermeiden oder zu minimieren.
Ich beginne mit der Eröffnung meiner ersten Ordination als Wahlarzt im Jahr 1997, gefolgt von der Gründung einer Gruppenpraxis für Orthopädie im Jahr 2015. Im nächsten Teil der Serie erzähle ich dann von der Planung eines Neubaus und der Übersiedelung der Gruppenpraxis im Jahr 2018. Aber starten wir am Anfang …
Meine erste Wahlarztordination
Nach der Beendigung der Facharztausbildung im Herbst 1996 erfolgte die Planung der Ordinationseröffnung als Wahlarzt. Der Plan sah vor, dass die Wahlarztordination an einem Nachmittag pro Woche geöffnet sein sollte und die Vollzeitbeschäftigung als Oberarzt im Krankenhaus beibehalten wird.
Das Ziel war, die Fixkosten möglichst gering zu halten und trotzdem einen zentralen Standort auszuwählen. Ein weiteres Ziel war, eine Kooperation mit anderen Fachkolleg:innen einzugehen, um die Räumlichkeiten besser auszulasten.
Nach vielen Gesprächen und der Besichtigung von einigen Räumlichkeiten war ein passender Ort gefunden. Und auch eine Kinderärztin und eine Ärztin für physikalische Medizin und Rehabilitation mieteten sich ein.
Formal wurde eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht gegründet, die Mieterin der Räumlichkeiten war. Die Investitionen für die Ordination (EDV-Anlage, Einrichtung, Ultraschallgerät) sowie die laufenden Kosten (Miete, Heizung, Reinigung) wurden gedrittelt. Die Personalkosten für die jeweilige Ordinationshilfe wurden vom jeweiligen Arzt bzw. der jeweiligen Ärztin getragen.
Die Ordination lag im Zentrum von Neunkirchen (NÖ), ein großer öffentlicher Parkplatz lag in einer Entfernung von einer Minute Fußweg. Öffentlich war die Ordination mit Bus erreichbar.
Besser mehr Räume einplanen
Die knapp 60 Quadratmeter Ordinationsräumlichkeiten teilten sich auf in einen Vorraum, der gleichzeitig Wartebereich und Patientenanmeldung beinhaltete, einen großen Ordinationsraum sowie einen kleinen Abstellraum und ein WC.
Im Vorraum mit dem Anmeldungsbereich waren insgesamt fünf Sitzplätze für Patient:innen vorhanden. Ein Platz im Bereich der Anmeldung zur Datenerfassung sowie Check-out nach dem Ordinationsbesuch, vier Plätze zum Warten. In der Planung haben wir nicht bedacht, dass Patient:innen häufig schon lange Zeit vor ihrem Termin kommen. Vor allem in der kinderärztlichen Ordination waren zwei bis drei Begleitpersonen außerdem keine Seltenheit. Somit waren die wenigen Plätze im Wartebereich oft nicht ausreichend.
In der Anfangsphase waren drei Nachmittage durch unsere Ordinationen belegt. Im Laufe der Jahre wurden die freien Nachmittage untervermietet bzw. später durch die Erweiterung der kinderärztlichen Ordination selbst genutzt.
An „meinem“ Nachmittag war in der Anmeldung meine Ehefrau als meine einzige Angestellte tätig. Sie erledigte die Erfassung der Stammdaten, übernahm das Inkasso und übergab den Patient:innen Befundberichte, Rezepte und Überweisungen. Die Einreichung der Honorarnote wurde als Serviceleistung durch unsere Ordination übernommen.
Bei einer Wahlarztordination sollte man – abhängig vom Fachgebiet – daran denken, dass ein zweiter Ordinationsraum hilfreich sein kann. Vor allem für Tätigkeiten, die der Arzt/die Ärztin nicht selbst durchführen muss, sondern die delegierbar sind (EKG schreiben, Größe und Gewicht bestimmen) kann ein zweiter Raum hilfreich sein. Das Wechseln des Behandlungsraumes ist aber auch zweckmäßig, wenn sich Patient:innen für die Untersuchung entkleiden müssen bzw. danach wieder anziehen müssen. Diese Zeit kann nur selten für Anamnesegespräche verwendet werden, da Patient:innen im Regelfall in ihrer Tätigkeit (dem Entkleiden) innehalten.
Fazit und was ich daraus lernte
- Die günstige Miete und die gute Nutzung der Räumlichkeiten machten es möglich, bereits im ersten Jahr wirtschaftliche Gewinne zu lukrieren.
- Die Ordination war jedoch rückblickend betrachtet schlichtweg zu klein.
- Der (einzige) Ordinationsraum war zu groß.
- Ein zweiter Ordinationsraum wäre hilfreich gewesen.
- Die zentrale Lage mit Parkplatznähe hat sich als wichtig herausgestellt.
- Die Ordinationen haben zu jeder Zeit gut funktioniert und wurden von den Patient:innen gut angenommen.
Nächster Schritt: Gruppenpraxis
Im Herbst 2014 erfolgte die Ausschreibung einer originären Gruppenpraxis für Orthopädie in Wiener Neustadt für drei Gesellschafter. Hintergrund war die Schließung der orthopädischen Abteilung und der zunehmende Bedarf an orthopädischer Versorgung in der Stadt zusätzlich zu den beiden vorhandenen Planstellen.
Das Team, das den Zuschlag erhielt, bestand aus drei Wahlärzten, die in der Region Wr. Neustadt/Neunkirchen bekannt waren. Dr. B. hatte bereits einige Jahre zuvor das Krankenhaus Wiener Neustadt verlassen, Dr. W. betrieb eine Wahlarztordination außerhalb von Wiener Neustadt.
Der Plan war, in die bestehende Ordination von Dr. B. einzuziehen und diese Räumlichkeiten zunächst für drei bis fünf Jahre zu nutzen und danach „etwas Größeres“ zu suchen.
Die Ordination bestand aus zwei zusammengelegten Wohnungen im Süden von Wiener Neustadt und war etwa 220 Quadratmeter groß. Parkplätze waren in der Umgebung (Wohngebiet) ausreichend vorhanden, die großräumige Verkehrsanbindung war ausgezeichnet (Autobahn Richtung Norden und Süden sowie Richtung Osten in fünf Minuten erreichbar, Bundesstraße 54 und Bundesstraße 17 in zwei Minuten erreichbar). Eine Bushaltestelle befand sich unweit der Ordination.
Die Ordination bestand aus einem Wartebereich, in dem gleichzeitig die Patientenanmeldung untergebracht war. Die Anmeldung verfügte über zwei Arbeitsplätze, Drucker, Scanner und e-card-Terminal wurden gemeinsam genutzt.
Es gab vier Ordinationsräume mit einem kleinen zusätzlichen Wartebereich vor den Ordinationen. Ein Ordinationsraum war sehr groß, ein weiterer sehr, sehr klein, die anderen beiden Räume waren ebenfalls sehr klein. Jede Ordination verfügte über einen Arbeitsplatz und eine Untersuchungsliege, das parallele Arbeiten von zwei Ärzten war möglich.
Zusätzlich verfügte die Ordination über einen kleinen Eingriffsraum mit einer Sterilisationseinheit und einen Aufenthaltsraum, der über einen gesonderten Mitarbeiter:inneneingang erreicht werden konnte. Im Keller konnten wir einen kleinen Lagerraum nutzen. Und wir hatten ein eigenes WC für Angestellte und eines für Patient:innen.
Schon wieder zu wenig Platz …
Bereits in den ersten Monaten in der Ordination zeigte sich, dass die Räumlichkeiten zu klein waren und der Bedarf enorm groß. Um die Wartezeiten auf Termine zu reduzieren, erfolgte die Erweiterung der Gruppenpraxis um einen weiteren Gesellschafter sowie die ersten Gedanken an eine neue Ordination.
Zwei Reinigungskräfte sorgten für eine saubere Ordination, die Anmeldung war immer mit zwei Ordinationshilfen besetzt, bei jedem Arzt war jeweils eine Schreibkraft eingeteilt. Für die Backoffice-Arbeiten und die Tätigkeiten rund um den Eingriffsraum standen zwei Diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerinnen mit Sonderausbildung für den Operationsbereich zur Verfügung.
Wir hatten zu Beginn sieben Angestellte zusätzlich zu den Reinigungskräften, vor der Übersiedelung in die neue Ordination waren es bereits elf.
Fazit und Learning diesmal:
- Obwohl es sich um eine völlig neue Kassenstelle gehandelt hat, war die Ordination von Beginn an voll ausgelastet.
- Das tatsächliche Patient:innenaufkommen wurde von uns unterschätzt.
- Die gute Verkehrsanbindung hat sich als wichtig herausgestellt.
- Die fehlende zentrale Lage war in diesem Fall völlig unwichtig.
- Die Ordination war insgesamt deutlich zu klein.
- Eine optimale Größe eines Ordinationsraumes hat sich als sehr wichtig herausgestellt.
- Ein zu großer Ordinationsraum ist nicht zweckmäßig und macht viele zusätzliche Schritte nötig.
- Unser Leidensdruck war so groß, dass wir uns mit dem Projekt „neue Ordination“ zu beschäftigen begannen.
Was erwartet Sie im nächsten Teil der Serie?
Der nächste Artikel wird sich mit der Objektsuche für die „neue Ordination“ beschäftigen sowie mit dem Umzug. Weiters werde ich erklären, warum es offensichtlich unmöglich ist, auch mit viel Erfahrung „alles richtig“ zu machen.