Schwäche und trockener Husten nach Bergsteigen deuten auf ein Lungenödem hin
Viele Bergtouristen erklimmen große Höhen, ohne sich vorher ausreichend an die veränderten Gegebenheiten zu gewöhnen. Diesen Leichtsinn büsst so mancher mit einem Lungenödem. Aber auch Menschen, die gut ans Gebirge akklimatisiert sind, kann es erwischen.

Das Kardinalsymptom des Höhenlungenödems (HAPE*) ist die verminderte Leistungsfähigkeit. Diese ist anfangs nur unter Belastung reduziert, in Ruhephasen fällt aber eine verlängerte Erholungszeit auf. Viele Patienten bemerken zudem eine allgemeine Schwäche und Abgeschlagenheit. Ein weiteres typisches Zeichen, die Dyspnoe, zeigt sich zunächst ebenfalls nur unter Anstrengung. Hinzu kommt ein initial meist leichter und trockener Husten, der im Verlauf produktiv werden kann, erklärt Dr. Martina Harrasser vom Landeskrankenhaus Feldkirch.
Das Lungenödem entwickelt sich in den meisten Fällen 48–72 Stunden nach einem raschen Aufstieg in Höhen über 4000 m. Nach einer fünftägigen Akklimatisierung auf gleichbleibender Höhe ist die Gefahr gebannt. Die entscheidende Ursache für die Flüssigkeitsansammlung ist eine erblich bedingte überschiessende und inhomogene pulmonal-arterielle Vasokonstriktion in Hypoxie.
Entscheidend ist die Schlafhöhe
Unterhalb von 2500 m tritt ein HAPE nur selten auf (Inzidenz < 0,01 %). Zwischen 3000 und 4000 m muss man mit einer Häufigkeit von 0,4–2 % rechnen. Jenseits der Viertausendergrenze erleiden 1–6 % der gesunden Bergtouristen ein Lungenödem. Besonders hoch ist das Risiko für Patienten mit bereits durchgemachter HAPE: Bei einem Aufstieg auf 4550 m innerhalb von zwei Tagen entwickeln mehr als 60 % der vorbelasteten Patienten ein Lungenödem. Falls ein Ödem bereits in geringer Höhe (≤ 3000 m) aufgetreten ist, rät Dr. Harrasser, Herzinsuffizienz, Lungenembolie und das einseitige Fehlen der Pulmonalarterie auszuschliessen.
Entscheidend für die Entwicklung der HAPE ist nicht die auf einer Tour bisher erreichte Maximalhöhe, sondern die Schlafhöhe. Da die flache Lagerung im Bett die Hypoxie verstärkt, manifestiert sich die pulmonale Bergerkrankung oft in der Nacht. Als weitere Risikofaktoren gelten kalte Temperaturen und intrakardiale Rechts-Links-Shunts sowie männliches Geschlecht. Möglicherweise erhöhen auch präexistente Atemwegsinfekte die Gefahr.
Während der Akklimatisationsphase sollte das Gehtempo immer im aeroben Bereich liegen. Wer sich daran hält, kann sein Risiko für eine Höhenerkrankung (akute Bergkrankheit, Lungen- und Hirnödem) deutlich reduzieren. Eine maximale Anstrengung mit anaerober Belastung ist strikt zu vermeiden.
Auch gut akklimatisierte Menschen können eine Höhenkrankheit entwickeln, warnt Dr. Harrasser. Ein entsprechendes Risiko besteht zum Beispiel nach einem mehrwöchigen Aufenthalt auf Meeresniveau. Betroffene Personen müssen sich vor einer erneuten Bergtour erst einmal mehrere Tage an die Höhe gewöhnen.
In der Therapie des Lungenödems steht der sofortige Abstieg an erster Stelle, betont Dr. Harrasser. Falls dieser nicht möglich ist, sollten Sauerstoff und/oder eine tragbare hyperbare Kammer genutzt werden, um eine O2-Sättigung > 90 % zu erreichen. Als zusätzliche Massnahme bietet sich die Applikation von Nifedipin an (retard, 30 mg zweimal täglich oder 20 mg dreimal täglich). Alternativ kommen PDE-5-Inhibitoren (Tadalafil 10 mg zweimal täglich oder Sildenafil 50 mg alle acht Stunden) in Betracht. Von einer Kombination von PDE-5-Hemmern mit Nifedipin rät die Autorin ab. Eventuell lassen sich beim Höhenlungenödem auch positive Effekte mit Dexamethason erzielen. Bei einem gleichzeitigen Hirnödem oder einer akuten Bergkrankheit kann man die Kombination mit Dexamethason erwägen.
* High-Altitude Pulmonary Edema
Harrasser M. Flug u Reisemed 2021; 28: 223–225.