8. Dez. 2019Transplantation

ASH 2019: Mehr Lebensqualität mit alternativer GVHD-Prophylaxe

Speakers and attendees during general views
© ASH/Nick Agro 2019

Hochdosis-Post-Transplant-Cyclophosphamid (PT-Cy) bewirkte bei Patienten nach Transplantation aufgrund hämatologischer Malignome eine signifikante Reduktion von schwerer akuter und chronischer Graf-vs.-Host-Disease (GVHD), ohne die Rezidivrate zu beeinträchtigen. Das zeigten die HOVON-96-Studienergebnisse, die von Dr. Annoek E.C. Broers, PhD, heute in der Plenary Scientific Session des Annual Meeting der American Society of Hematology (ASH) präsentiert wurden. Das GVHD-freie/rezidivfreie Überleben (GRFS) war mit der alternativen prophylaktischen Medikation verbessert. Ein intensiviertes immunsuppressives Regime mit PT-Cy könnte daher als GVHD-Prophylaxe bei allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation (allo-HSCT) mit intensitätsreduzierter Konditionierung (RIC) bevorzugt werden, folgern die Studienautoren.

Im Rahmen dieser prospektiven multizentrischen Studie wurden insgesamt 160 Patienten im Verhältnis 1:2 zu konventioneller Immunsuppression (CIS) mit Post-Transplant-Cyclosporin A (CyA) und Mycophenolsäure (MA) oder PT-Cy randomisiert. 21 vs. 40 der CIS- vs. PT-Cy-Patienten hatten eine akute myeloische oder lymphatische Leukämie, jeweils acht Personen hatten ein myelodysplastisches Syndrom, 14 vs. 30 eine chronische lymphatische Leukämie oder ein (Non-)Hodgkin-Lymphom, zwei vs. acht eine chronische myeloische Leukämie oder eine myeloproliferative Erkrankung, zwei vs. sieben ein multiples Myelom und fünf vs. sechs Patienten hatten sonstige hämatologische Malignome. Weitere Baseline-Charakteristika waren in beiden Gruppen ähnlich.
94 Prozent der eingeschlossenen Patienten erhielten nachfolgend eine Transplantation (52 vs. 99 Patienten). Das mediane Alter belief sich auf 58 Jahre, zwei Drittel der Studienteilnehmer waren Männer. Bei 31 bzw. 69 Prozent der Patienten kam ein verwandter bzw. nicht-verwandter geeigneter Spender zum Einsatz. Zwei Patienten erhielten eine myeloablative Konditionierung. Eine prophylaktische Gabe von Antithymocyte Globulin war zum Zeitpunkt der Entwicklung des Studiendesigns nicht Standard und daher nicht Teil der Studienmedikation. “Eingeschlossene Leukämie-Patienten waren vor Transplantation in CR1. Patienten mit anderen Grunderkrankungen waren Chemotherapie-sensititv und mindestens in partieller Remission”, erklärt Broers.

Die kumulative Inzidienz (CI) von Grad-II–IV-akutem GVHD nach sechs Monaten lag bei 48 vs. 32 Prozent bei Patienten im CIS- vs. PT-Cy-Arm (SHR 0,52; p=0,014), jene von Grad III–IV bei zwölf vs. sechs Prozent. Bei jenen Patienten, die PT-Cy erhalten hatten, war akute GVHD generell limitiert auf kutane Veränderungen im Stadium I, während in der CIS-Gruppe die Haut stärker und auch der Darm betroffen waren. Die Zwei-Jahres-CI von chronischer ausgedehnter GVHD betrug 50 vs. 19 Prozent in der CIS- vs. PT-Cy-Gruppe (SHR 0,38; p=0,001). Progressionsfreies Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) waren nach einem medianen Follow-up von 3,2 Jahren signifikant unterschiedlich. Das errechnete Drei-Jahres-PFS lag bei 60 bzw. 58 Prozent. Das Drei-Jahres-Gesamtüberleben wurde mit 69 vs. 63 Prozent  in der CIS- vs. PT-Cy-Gruppe angegeben. Das Ein-Jahres-GRFS unterschied sich signifikant zwischen den Armen und betrug 22 vs. 45 Prozent mit CIS vs. PT-Cy.

Univ.-Prof. Dr. Dominik Wolf, Leiter der Universitätsklinik für Innere Medizin V, hält die Ergebnisse für sehr interessant, zumal es auf diesem Gebiet wenige prospektive Studien gäbe. Speziell für allogene hämatopoetischer Stammzelltransplantation mit intensitätsreduzierter Konditionierung sei die Post-Transplant-Immunsuppression mit Cyclophosphamid eine Option, sagt der Experte im Gespräch mit medonline. Ein Kritikpunkt sei, dass die zusätzliche Prophylaxe mit Antithymocyte Globulin, die vor allem beim Einsatz von Fremdspendern mittlerweile Standard ist, im Kontrollarm nicht zur Anwendung kam. Darüber hinaus vermisst der Experte Patient-Reported-Outcome-Analysen, um zu beurteilen, ob sich die Lebensqualität tatsächlich verbessere.

Quelle:

De Jong CN et al., Abstract 1
Post-Transplantation Cyclophosphamide after Allogeneic Hematopoietic Stem Cell Transplantation: Results of the Prospective Randomized HOVON-96 Trial in Recipients of Matched Related and Unrelated Donors
https://ash.confex.com/ash/2019/webprogram/Paper124659.html

 ASH Annual Meeting 2019