AACR 2019: Immuntherapie M7824 bei HPV-assoziierten Tumoren in Phase I erfolgreich
Derzeit werden weltweit jährlich über 630.000 Neuerkrankungen an humanen Papillomviren (HPV)-assoziierten Tumoren verzeichnet1, bei denen Standard – Chemotherapien nur bedingt wirksam sind. Neue Daten aus einer laufenden Phase-I-Studie für die Immuntherapie M7824 sind ermutigend.2
Bei M7824 (Bintrafusp alfa) handelt es sich um eine neuartige Krebsimmuntherapie, die derzeit bei mehreren schwierig zu behandelnden Krebsarten geprüft wird. Bintrafusp alfa ist ein bifunktionales Fusionsprotein, das gleichzeitig auf zwei immunsupprimierende Signalwege abzielt, die häufig von Krebszellen genutzt werden, um dem Immunsystem zu entgehen: den transformierenden Wachstumsfaktor beta (TGF-β) sowie den programmed death Liganden 1 (PD-L1). Auch bei HPV-assoziierten Tumoren sei eine erhöhte Expression von PD-L1 und TGF-β beschrieben, erklärte Dr. Julius Strauss, National Cancer Institute, Bethesda, Maryland, USA. Bintrafusp alfa zeigte in einer offenen Phase-I-Studie (NCT02517398) gute Verträglichkeit und ein dauerhaftes Ansprechen bei verschiedenen fortgeschrittenen soliden Tumoren, darunter auch bei Kopf-Hals-Tumoren und beim Zervixkarzinom.3–5
Ergebnisse bei HPV-assoziierten Tumoren
Aus dieser Studie präsentierte Dr. Strauss nun eine Post-hoc-Analyse der 43 Patienten mit refraktären, fortgeschrittenen HPV-assoziierten Tumoren, darunter 25 Zervixkarzinome, 14 Kopf-Hals-Tumoren und vier Analkarzinome. 17 Patienten wurden in der Dosiseskalationsphase mit Bintrafusp alfa in Dosierungen von 0,3 bis 30mg/kg KG alle zwei Wochen behandelt und 26 Patienten in der Expansionsphase mit der empfohlenen Phase-II-Dosis von 1200mg alle zwei Wochen. Die Patienten waren bezüglich PD-L1- und HPV-Status unselektiert und sie durften keine Vortherapie mit Checkpoint-Inhibitoren erhalten haben. 37,2 Prozent der Patienten hatten bereits drei oder mehr systemische Vortherapien erhalten. Sicherheit und Wirksamkeit von Bintrafusp alfa wurden separat für die Gesamtkohorte (n=43) und für die HPV-positiv getesteten Fälle (n=36) analysiert.
Sicherheitsprofil ähnlich dem anderer PD-(L)1-Hemmer
Die Therapie mit Bintrafusp alfa war insgesamt gut verträglich. Das Nebenwirkungsprofil entsprach in etwa dem von anderen PD-1/PD-L1-Inhibitoren.6,7 Behandlungsbedingte Nebenwirkungen traten bei 81,4% der Patienten auf (25,6% Grad 3), die in 16,3% der Fälle zum Therapieabbruch führten. Nur ein Patient entwickelte eine Grad-4-Nebenwirkung (Gastroparese-bedingte Hypokaliämie). Am häufigsten waren Hautausschlag (25,6%), Juckreiz (23,3%), Hautläsionen (Keratoakanthome, kutane Plattenepithelkarzinome; 20,9%), akneiforme Dermatitis (16,3%) und Hypothyreose (16,3%). Es traten keine behandlungsbedingten Todesfälle auf. Immunbedingte Nebenwirkungen konnten in den meisten Fällen mit Therapieunterbrechung mit oder ohne Steroidgabe erfolgreich behandelt werden. So wie für andere TGF-β-Inhibitoren bereits beschrieben8, wurden bei drei Patienten kleinere Schleimhautblutungen Grad 1–2 beobachtet (2 Nasenbluten, 1 Zahnfleischbluten).
Antitumoraktivität unabhängig vom PD-L1-Status
Ein bestätigtes objektives Ansprechen nach RECIST v1.1 wurde in der Gesamtkohorte bei 27,9 Prozent der Patienten (n=12/43) beobachtet und in der HPV-positiven Gruppe bei 30,6 Prozent der Patienten (n=11/36), darunter auch Patienten mit viszeralen Metastasen. Zwei Patienten erreichten eine Komplettremission (beides Zervixkarzinome und HPV-positiv) und zehn Patienten eine partielle Remission (4 Hals-Kopf-Tumoren, 4 Zervixkarzinome, 2 Analkarzinome; davon 9 HPV-positiv). Drei weitere Patienten (2 Kopf-Hals-Tumoren, 1 Zervixkarzinom) zeigten eine verzögerte partielle Remission nach initialer Pseudoprogression und erfüllten damit nicht die konventionellen RECIST-Kriterien für Therapieansprechen. Werden diese Patienten mitberücksichtigt, resultierte ein klinisches Ansprechen von 34,9% für die Gesamtkohorte bzw. von 38,9% für die HPV-positive Gruppe. Die meisten Remissionen waren dauerhaft, bei vier Patienten über 18 Monate, die längste Remission über zwei Jahre. 75% aller Responder waren zum Datenschnitt am 9. Januar 2019 noch progressionsfrei und die mediane Ansprechdauer war noch nicht erreicht. Das Ansprechen war unabhängig vom PD-L1-Status. Nach zwölf Monaten waren in der Gesamtkohorte noch 22 Patienten (56,2%) am Leben (medianes OS 16,2 Monate), in der HPV-positiven Gruppe waren es 15 Patienten (61,8%; medianes OS noch nicht erreicht).
Referenzen
- de Martel C et al., Int J Cancer 2017; 141: 664–70
- Strauss J et al., AACR 2019; oral presentation & Abstract # CT075
- Viens LJ et al., MMWR Morb Mortal Wkly Rep 2016; 65: 661–6
- Strauss J et al., Clin Cancer Res 2018; 24: 1287–95
- Paz-Ares L et al., J Clin Oncol 2018; 36(Suppl): Abstract 9017
- Cho BC et al., Ann Oncol 2018; 29(Suppl): Abstract 104BO
- Bauml J et al., J Clin Oncol 2017; 35: 1542–49
- Trachtman H et al., Kidney Int 2011; 79: 1236–43