16. März 2019

EAU 2019: Andrologische Debatte – Penis vergrößern oder nicht?

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(c) EAU19, JW de Venster und E. van Wijk

Wann sollen Urologen dem Patientenwunsch nach einer Penisvergrößerung nachgeben? Diese Frage war Gegenstand einer Pro/Con-Diskussion im Rahmen eines Meeting der EAU Section of Andrological Urology (ESAU).

Die Indikationsstellung zur operativen Penisvergrößerung sieht Prof. Dr. David Ralph, London, relativ locker. Ungeachtet der tatsächlichen Penisgröße empfinden viele Männer ihr Geschlechtsteil als zu klein geraten. Dies kann krankheitswertig werden und im schlimmsten Fall bis zum Suizid führen. Eine Intervention sei also indiziert. Ralph unterstreicht jedoch, dass Intervention nicht mit aufwendigen chirurgischen Verfahren gleichgesetzt werden dürfe. Dies betrifft vor allem Männer, die ihren flakziden Penis als zu klein empfinden. In diesen Fällen steht eine Reihe nicht- oder minimalinvasiver Verfahren zur Verfügung, begonnen von Streckern und Vakuumpumpen, mit denen sich ein dauerhafter Längengewinn um ein bis zwei Zentimeter erreichen lässt, bis zu Fettabsaugung im Schambereich, die bei übergewichtigen Männern dafür sorgen kann, dass der Penis besser sichtbar wird. Invasiver ist die Verlängerung des Ligamentum suspensorium. Eine Zunahme des Umfangs kann mit Fillern erreicht werden. Ein wichtiges Argument für diese Eingriffe liegt, so Ralph, in der Gefahr, dass abgewiesene Patienten auf unseriöse Anbieter zurückgreifen und dabei ernsthaften Schaden nehmen.

Im Gegensatz dazu fordert Prof. Dr. Carlo Bettocchi aus Bari eine strenge medizinische Indikation für Eingriffe am Penis. Er verweist auf eine britische Studie, die eine durchschnittliche gestreckte Penislänge von 14,3 cm mit eine Standardabweichung von 1,7 cm fand.1 Liegt die Penislänge in etwa in diesem Bereich, besteht keine Indikation zur Verlängerung. Und dies sei der Normalfall, da ein Mikropenis lediglich bei 0,6% der männlichen Bevölkerung vorliegt. Mit einer Prävalenz von 2,4% ist hingegen die Dysmorphophobie (Body Dysmorphic Disorder, BDD) deutlich häufiger. Diese Erkrankung ist medikamentös und psychotherapeutisch behandelbar. Bettocchi empfiehlt daher, Patienten, bei denen der Größenwunsch nicht mit den anatomischen Fakten harmoniert, zunächst über die statistischen Eckdaten aufzuklären und entsprechend zu beruhigen. Dies helfe in vielen Fällen. Falls es jedoch keinen Erfolg bringt, sollte der Patient dem Psychiater vorgestellt werden. Bei der Entscheidung zu einer allfälligen Operation müsse auch immer das Risiko bedacht werden. Diese Forderung unterstrich Bettocchi mit eindrucksvollen Bildern von fehlgeschlagenen Penisvergrößerungen sowie den aufwendigen rekonstruktiven Operationen, die solche Fehlschläge nach sich ziehen können.

Referenzen:

1 Khan S et al.: Establishing a reference range for penile length in Caucasian British men: a prospective study of 609 men. BJU Int. 2012 Mar; 109(5): 740–4

Quelle: „New medical and surgical options in andrological treatment: From molecular biology to surgery and from philosophy to ethics.“ Meeting of the EAU Section of Andrological Urology (ESAU), am 16. März in Barcelona

Pro: D.J. Ralph, London (GB)

Con: C. Bettocchi, Bari (IT)