Ärztemangel „kaum noch abwendbar“
Österreich droht akuter Ärztemangel. Rund die Hälfte der niedergelassenen Ärzte Österreichs geht im Lauf der nächsten 10 Jahre in Pension – und es fehlt an allen Ecken und Enden an Nachwuchs. „Selbst wenn sofort wirksame Maßnahmen ergriffen werden, wird sich ein gewisser Ärztemangel nicht vermeiden lassen“, warnte Dr. Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte bei einer Pressekonferenz in Wien Politik und Sozialversicherungsträger vor einem medizinischen Versorgungsengpass.
Als Ursachen des Ärztemangels nennt die Ärztekammer zwei Faktoren, die aufeinandertreffen: Die relativ alte niedergelassene Ärzteschaft – 48 Prozent erreichen im Lauf der nächsten zehn Jahre das Pensionsalter – und den Umstand, dass zwei von fünf Medizin-Absolventen ins Ausland gehen oder gar nicht in den Arztberuf einsteigen. Besonders alarmierend ist der Blick auf die Altersverteilung bei Ärzte mit Vertrag einer Gebietskrankenkasse. Das Pensionsalter erreichen in den nächsten zehn Jahren
- 51 Prozent der Allgemeinmeidziner
- 64 Prozent der Orthopäden
- 65 Prozent der Frauenärzte
- 61 Prozent der Fachärzte für innere Medizin
Auch bei den Wahlärzten erreichen 42 Prozent in den nächsten 10 Jahren das Pensionsalter.
Steinhart: Wird nicht schlagartig gegengesteuert, ist eine tragische Entwicklung zu erwarten.
Um nur die bereits bestehenden Vertragsstellen nachzubesetzen, müssten im Lauf der nächsten Jahre jährlich 938 junge Ärztinnen und Ärzte Kassenpraxen eröffnen oder übernehmen, hat die Ärztekammer errechnet. „Bei insgesamt 1.556 Medizin-Absolventen,von denen viele ins Ausland gehen und die ja auch von den Spitälern gebraucht werden, ist eine tragische Entwicklung zu erwarten, wenn nicht schlagartig Maßnahmen gesetzt werden“, warnte deshalb Steinhart eindringlich. Für die Patienten, die oft weitere Wege als gewohnt und lange Wartezeiten auf sich nehmen müssten, seien die Versorgungsprobleme schon jetzt spürbar. Die Verantwortlichen hätten bisher aber nicht darauf reagiert und alle Warnungen der Ärztekammer in den Wind geschlagen.
Konkrete Maßnahmen, um akut gegenzusteuern, forderte Steinhart nicht. Er drängte allerdings vehement einen Krisengipfel, bei dem attraktivere Rahmenbedingungen und eine bessere Honorierung für Kassenärzte diskutiert und beschlossen werden müssten. Positiv nannte er Ansätze wie Landarztstipendien, Gründungsunterstützung für Jungärzte, eine Vorbereitung auf die unternehmerische Selbstständigkeit schon im Studium und die Förderung Facharztzentren. Zu diskutieren wären aus seiner Sicht auch die Zahl der Studienplätze für Medizin und der Einsatz von Telemedizin.