Lungenkrebs: „Wir müssen die Screening-Parameter genau festlegen“
„Zur Implementierung des Lungenkrebs-Screenings haben wir jetzt eine Taskforce gegründet“, sagt Prim. Priv.-Doz. Dr. Bernd Lamprecht im Gespräch mit medonline anlässlich der ÖGP-Jahrestagung.
Zum Auftakt der 42. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) sprach medonline mit dem Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie, Prim. Priv.-Doz. Dr. Bernd Lamprecht, über ein mögliches Lungenkrebs-Screening und weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Lungengesundheit in Österreich.
Kriterien zur Früherkennung festlegen
Bei der diesjährigen World Conference on Lung Cancer wurden die Daten der größten europäischen epidemiologischen Studie zur Früherkennung von Lungenkrebs NELSON präsentiert. Bei fast 16.000 Teilnehmern wurde gezeigt, dass ein jährliches Niedrigdosis-CT in einem Beobachtungszeitraum von zehn Jahren die Lungenkrebsmortalität um 26 Prozent (95%-KI: 9%–41%) senkt. Die Gruppe der teilnehmenden Frauen hatte sogar einen noch größeren Nutzen – je nach untersuchten Jahren kam es hier zu einer Reduktion zwischen 39 und 61 Prozent.1
In ganz Europa – und auch in Österreich – wird daher überlegt, ob ein solches Screening angeboten werden soll. Die ÖGP bemüht sich in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Röntgengesellschaft (ÖRG) derzeit im Rahmen einer Taskforce um einen Vorschlag dafür, wie ein Screening in Österreich breit angeboten werden könnte. Berücksichtigt werden sollte laut Lamprecht, dass ein Screening zwar tatsächlich die Früherkennung verbessern kann, es aber genau festzulegen gilt, wie mit jenen Patienten umgegangen werden sollte, die positiv gescreent werden, ohne dass es eine Karzinose gibt. „Viele Menschen sind durch einen positiven Befund hochgradig verunsichert – im Wissen, dass diese Befunde weitere, zum Teil invasive, Untersuchungen nach sich ziehen können, braucht es hier einen umsichtigen Vorschlag, der Nutzen und Risiko einer Screening-Variante bestmöglich einschätzen kann.“
Die ÖGP wird beratend zur Verfügung stehen, wenn es darum geht, das Risiko-Profil zu definieren, welche Patienten von Screening-Untersuchungen profitieren. „Wir wissen aus der National Lung Screening–Studie aus den USA und dem NELSON-Trial, welche Einschlusskriterien verwendet wurden. Wir wissen, wie viel Prozent der Bevölkerung das etwa in Österreich betreffen würde. Wir haben aber auch Spezifika in Österreich, die die ÖGP besser einschätzen kann“, so Lamprecht. Daneben sind auch die niedergelassenen Lungenfachärzte sowie die Kliniken eine Anlaufstelle für Patienten, und sie sollten daher bestmöglich eingebunden sein.
Nachholen bei Prävention
Nachholbedarf besteht laut Lamprecht in Österreich aber nicht nur bei der Lungenkrebs-Erkennung, sondern auch bei der Prävention. Als Autor mehrerer Studien zum Rauchverhalten österreichischer Jugendlicher warnt er, dass die Quote jugendlicher Raucher in Österreich höher ist als im OECD-Durchschnitt. Hier kann laut Lamprecht noch viel Prävention gelingen. „Neben den Schulen spielen vor allem das Elternhaus und die unmittelbare Umgebung der Jugendlichen eine große Rolle, deswegen bedauern wir auch, dass es keine rauchfreie Gastronomie geben wird. Wir sind überzeugt, dass diese ein wichtiges Signal gewesen wäre, die die Rauchfreiheit auch über die Lokale hinaus bestärkt hätte.“
Weiterentwickeln der Therapie
Besondere Highlights der ÖGP-Jahrestagung sind für Lamprecht zum einen Beiträge zur Immunonkologie. „In diesem Feld nimmt Österreich derzeit eine Spitzenposition ein. Wir sind federführend an großartigen Publikationen beteiligt und beeinflussen die Weiterentwicklung der Therapie des Lungenkarzinoms entscheidend mit.“ Zum anderen ist er gespannt auf mehrere Sessions, in denen die Rolle der Eosinophilen bei Asthma sowie bei COPD beleuchtet wird. „Wir haben über diesen Biomarker sehr viel dazugelernt, und er hilft uns heute, die Therapie präziser zu gestalten.“
1 De Koning H et al., WCLC 2018, Abstract #PL02.05