Dr. Dominik Roth, Arzt mit Engagement: „Ich fühle mich wohl als Rot-Kreuzler“

Gesundheits- und Medizinkonzept - afroamerikanische Ärztin hält Herz mit rotem Kreuzsymbol
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Bereits während seiner Schulzeit arbeitete Priv.-Doz. Dr. Dominik Roth, PhD als Sanitäter beim burgenländischen Roten Kreuz. Heute ist er Notfallmediziner am Wiener AKH und hilft weiterhin ehrenamtlich beim Roten Kreuz mit – als Notarzt genauso wie in der Öffentlichkeitsarbeit. (CliniCum 11/17)

Man könnte fast sagen, der Rettungsdienst liegt der Familie Roth in den Genen. „Mein Vater arbeitet seit nunmehr 35 Jahren ehrenamtlich als Sanitäter beim Roten Kreuz Burgenland. In meinem Heimatbezirk Neusiedl/See ist er zudem First Responder, das bedeutet, er wird bei jedem Einsatz in der Umgebung automatisch per SMS alarmiert“, schildert Roth im CliniCum-Gespräch. „Bereits als 16-jähriger Schüler war es für mich klar, ebenfalls beim Roten Kreuz die Ausbildung zum Sanitäter zu machen und ehrenamtlich mitzuhelfen – noch bevor ich überhaupt wusste, dass ich Arzt werden will.“ Die ersten Dienste im Rettungswagen absolvierte Roth natürlich an der Seite seines Vaters, wobei der damals 18-jährige schon bald mit Herausforderungen wie Entbindungen im Rettungsauto konfrontiert wurde, was „damals ganz schön aufregend für mich gewesen ist“, erzählt Roth.

Mit dem Medizinstudium und der damit verbundenen Übersiedelung nach Wien absolvierte Roth weiterhin in seiner Freizeit Rettungsdienste, sodass er aktuell bereits auf mehr als 16 Jahre Rot-Kreuz-Erfahrung kommt. Mittlerweile ist der fertig ausgebildete Notfallmediziner selbst „First Responder“. So kann es durchaus vorkommen, dass beim Besuch im Elternhaus Vater Walter und Sohn Dominik selbst außerhalb der Dienste zu einem Notfall in der Nachbarschaft fahren, um Erste Hilfe zu leisten und die Rettungsteams zu unterstützen.

Unzählige Einsatzstunden

ie Anzahl der freiwilligen Einsatzstunden für das Rote Kreuz rechnet Roth nicht aus, „es vergeht aber keine Woche, in der ich nicht in irgendeiner Form für das Rote Kreuz tätig bin“. Als Arzt versah er etwa 2015 Dienst an der österreichisch-ungarischen Grenze bei Nickelsdorf und half in der medizinischen Erstversorgung der ankommenden Flüchtlinge. „Derartige Anforderungen lassen sich mit meinem Aufgabengebiet hier an der Wiener Universitätsklinik für Notfallmedizin am Wiener AKH durchaus vergleichen“, sagt Roth. Selbst mit Sprachbarrieren weiß Roth dabei gut umzugehen. „Wir müssen in der Notfallmedizin ohnehin meist mit sehr wenigen Informationen auskommen, da wir keine Vorgeschichte kennen und Patienten vielleicht nicht ansprechbar sind. Die wichtigsten Fakten wie Schmerzgeschehen oder Atemnot lassen sich jedoch bei Bedarf auch nonverbal recht gut ermitteln“, weiß Roth.

Stichwort Nickelsdorf: Ein „Grenzeinsatz“ ist dort heute nicht mehr nötig, einen Großeinsatz für das Rote Kreuz bedeutet allerdings das jährliche „Nova Rock“-Festival, das heuer im Juni innerhalb von vier Tagen 225.000 Besucher anlockte. Roth hilft beim „Nova Rock“ regelmäßig im notärztlichen Dienst mit und muss auch hier auf die ganze Bandbreite der medizinischen Erstversorgung zurückgreifen: „Es sind Besucher zu behandeln, die entweder zu wenig oder zu viel getrunken haben, von Insekten gestochen wurden oder etwa schwere Herzrhythmusstörungen infolge eines bislang unbekannten angeborenen Herzfehlers haben.“ Im Vergleich zur Tätigkeit an der Klinik heißt es im Rettungsdienst mit deutlich weniger Ressourcen auszukommen. Darüber hinaus übernimmt Roth Aufgaben, die durchaus untypisch für einen Notarzt sind: So arbeitete er bis vor Kurzem im IT-Bereich und seit Studentenzeiten auch in der Öffentlichkeitsarbeit. „Ich gehe etwa in Schulen, um Kindern und Jugendlichen Erste-Hilfe-Maßnahmen näherzubringen, und arbeite für unsere Mitarbeiter-Zeitschrift, wo ich mittlerweile auf Bezirksebene sogar Chefredakteur bin“, erzählt Roth.

Das Besondere an der ehrenamtlichen Tätigkeit unter dem Zeichen des Roten Kreuzes ist für Roth ein Teamwork von Menschen mit unterschiedlichsten Berufen und Ausbildungswegen, die ein gemeinsames Ziel verfolgen. „Ich fühle mich einfach wohl als Rot Kreuzler“, betont Roth. Dabei ist für ihn auch ein künftiger Auslandseinsatz z.B. im Katastrophendienst vorstellbar. Der Slogan „Aus Liebe zum Menschen“, der einen Bogen über alle Tätigkeitsfelder des Roten Kreuzes vom Rettungs- bis zum Katastrophendienst spannt, bildet nach seinem Verständnis die gemeinsamen Ziele gut ab: „Menschen brauchen Hilfe – da stellt sich nicht die Frage nach dem Warum, sondern nur danach, wie wir rasch und sinnvoll helfen können“, resümiert Roth.

Arbeitsplatz Spital

Letzteres trifft ohne Zweifel auch auf das berufliche Aufgabengebiet von Roth an der Wiener Universitätsklinik für Notfallmedizin zu. Roth zählt seit 2011 zum 30-köpfigen Ärztlichen Team der Notfallmedizin, eine der größten Kliniken dieser Art in Europa. „Wir behandeln rund 300 Menschen täglich, das sind im Jahr etwa 90.000. Bei zehn Prozent davon besteht zumindest ein potenziell lebensbedrohlicher Zustand“, berichtet Roth. Interdisziplinarität steht auch hier ganz oben, die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und den rund 100 Pflegekräften erlebt Roth als vorbildlich. Im Gegensatz zum Dienst im Rettungswagen können die Teams hier auf die gesamte Bandbreite der modernen Medizin zurückgreifen. Auf sieben Intensiv- und weiteren sieben „Intermediate Care“-Betten werden Patienten nach der Diagnose und Erstversorgung bis zu 24 Stunden behandelt, bevor sie an eine andere Abteilung verlegt oder nach Hause entlassen werden.

Noch während des Studiums arbeitete Roth als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Klinik mit und stieß bereits damals zum Team von Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schreiber, der heute zugleich Chefarzt des Österreichischen Roten Kreuzes ist: Ohne Zweifel ergeben sich durch die Zusammenarbeit und den gemeinsamen Rot-Kreuz-Bezug viele Synergien. „Hier an der Universitätsklinik können wir praktisch alle Fragestellungen aus der präklinischen Rettungsmedizin wissenschaftlich überprüfen.

Wissenschaft

Ein Beispiel dafür ist etwa die Entwicklung der Kohlenmonoxid-Warngeräte oder das Atemwegs-Management mittels Larynx-Tubus – beides zählt heute zu den Standards im Rettungsdienst.“ Oberstes Ziel sei es, so Roth, so früh wie möglich in der Rettungskette eine optimale Versorgung akut erkrankter Personen zu erreichen. Für die wissenschaftliche Arbeit – Roth hat mittlerweile an etwa 100 Publikationen mitgearbeitet – muss allerdings auch einiges an Freizeit investiert werden: „In der Dienstzeit ist es praktisch unmöglich, zu 100 Prozent als Arzt und zugleich zu 100 Prozent als Wissenschaftler tätig zu sein.“

Genau wie im Rettungsdienst beim Roten Kreuz ist es in der Klinik die Bandbreite des Faches der Notfallmedizin, die für Roth Faszination und zugleich Motivation ausmacht. „Wenn ich in der Früh in den Dienst komme, dann weiß ich nie, was mich an diesem Tag erwartet“, sagt Roth. Ausgleich verschafft sich Roth beim Sport, etwa beim Klettern oder Tauchen. Vermutlich ist es die Kombination aus körperlicher Betätigung und „Den Kopf wieder frei zu bekommen“, das für ihn den Erholungswert ausmacht.

Rettungsdienst beim Österreichischen Roten Kreuz

Das Österreichische Rote Kreuz ist mit 8.300 hauptberuflichen und mehr als 73.000 freiwilligen Mitarbeitern Teil der größten humanitären Bewegungen weltweit. Zu den Aufgaben gehören: Rettungsdienst, Gesundheits- und Soziale Dienste, Blutspende, Katastrophenhilfe und Entwicklungszusammenarbeit sowie Aus- und Fortbildung. Chefarzt des Österreichischen Roten Kreuzes ist Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schreiber von der Univ.-Klinik für Notfallmedizin der Meduni Wien.
Dass Ärzte beim Roten Kreuz grundsätzlich freiwillig tätig sind, ist allerdings eher die Ausnahme, so Janousek. Freiwillige Mitarbeiter werden jedoch immer gesucht: Interessierte informieren sich am besten bei den lokalen Bezirksstellen der neun Landesverbände des Roten Kreuzes. Die freiwilligen Helfer des Roten Kreuzes leisteten im vergangenen Jahr übrigens mehr als zwölf Millionen Einsatzstunden in ganz Österreich.
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