21. Sep. 2019Welt-Alzheimer-Tag

Alzheimer: Zu wenig Hilfe für Betroffene und Angehörige

Brieftasche im Kühlschrank, Symptom für Demenz oder Alzheimer
(c) Gettyimages/Gabriele Grassl

Weltweit sind derzeit rund 50 Millionen Menschen an Demenz erkrankt. Anlässlich des Welt-Alzheimer-Tages am 21. September fordern österreichische Experten mehr Prävention und vor allem mehr Hilfe und Unterstützung für pflegende Angehörige.

„Es gibt zwar noch keine kausale, aber doch symptomatische Therapien gegen Alzheimer und eine Reihe von vorbeugenden Maßnahmen. Darauf möchten wir aufmerksam machen“, wurde Prof. Dr. Peter Dal Bianco, Präsident der Österreichischen Alzheimer Gesellschaft (ÖÄG), jetzt in einer Aussendung zitiert.
Allein in Österreich sind rund 130.000 Menschen von Hirnleistungsstörungen betroffen, rund 100.000 davon leiden an Morbus Alzheimer. „Die Zahl der Betroffenen (Patienten und Betreuer) und die hohen Folgekosten von derzeit mehr als zwei Milliarden Euro pro Jahr in Österreich werden sich aufgrund der steigenden Lebenserwartung bis 2050 mehr als verdoppeln. Die ÖAG und die Österreichische Gesellschaft für Neurologie (ÖNG) fordern, dem Thema Alzheimer weiterhin die nötige Aufmerksamkeit zu widmen“, stellten die Alzheimer Gesellschaft und die Vereinigung der Neurologen fest. „Die Angehörigen von Alzheimer-Patienten brauchen bestmögliche Unterstützung. Wir müssen dafür sorgen, dass die bestehenden Hilfsangebote noch praxistauglicher werden und wirklich bei den Betroffenen ankommen“, betonte ÖGN-Präsident Prof. Dr. Eugen Trinka, Universitätsklinik Salzburg.

Medikamente bremsen nur Krankheitsfortschritt

Nur zwei bis drei Prozent der Alzheimer-Patienten haben eine vererbte Variante der Erkrankung. Eine Veränderung am Chromosom 14 („Präsenilin1“) ist dafür verantwortlich. Die klinischen Beschwerden treten bereits vor dem 50. Lebensjahr auf. Die häufigste Form aber ist die „sporadische“ Alzheimerkrankheit. Sie beginnt mit ihrer Symptomatik zumeist erst im Alter zwischen 65 und 70 oder auch später und hat eine Verlaufszeit von mehr als zehn Jahren. „Dabei gibt es sehr unterschiedliche klinische Verlaufsformen. Bei manchen Patienten bleiben die Krankheitssymptome sogar über Jahre relativ stabil“, so Dal Bianco.
„Wir können nur die Symptome der Krankheit beeinflussen und das Fortschreiten der kognitiven Beeinträchtigung verlangsamen“, erklärt er weiter. Derzeit stehen zwei Wirkstoffe mit unterschiedlichen Mechanismen zur Verfügung. Zur Cholinesterase-Hemmung dienen Rivastigmin, Donepezil und Galantamin. Sie wirken ähnlich, sind aber individuell unterschiedlich gut verträglich. Die zweite Wirkstoffgruppe sind die Glutamatrezeptorantagonisten (z.B. Memantin).

Prävention durch Lebensstilmodifikation

Neue Studien haben zeigten außerdem Risikofaktoren für die Entstehung von Morbus Alzheimer auf. Wichtig ist demnach ständige geistige Beschäftigung. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der Funktion und der Struktur im Gehirn. Geistige Beschäftigung führt dazu, dass neue Synapsen und Verbindungen zwischen den Nervenzellen entstehen. Bluthochdruck, Bewegungsarmut und Fettleibigkeit sind ebenso ungünstig. Auch das Rauchen und Alkoholkonsum haben einen negativen Effekt.
Das Vermeiden von Risiken kann helfen, den Zeitpunkt des klinischen Ausbruchs von Alzheimer so weit wie möglich nach hinten zu verschieben. „Mit multimodalen Therapien zur Alzheimer-Prävention kann man zwar keine Wunder bewirken. Aber die ersten Ergebnisse der sogenannten FINGER-Studie zeigen: Mehr Bewegung, Konditionstraining, gesunde Ernährung, soziale Interaktion und Überwachung von vaskulären Risikofaktoren können die Auswirkungen der Alzheimer-Hirnveränderungen abmildern“, berichtet Dal Bianco.

Vorsicht bei Pflegegeld-Einstufung!

Ein Problem für pflegende Angehörige besteht in der Einstufung der Pflegegeldstufe, da die Schwere der Erkrankung oft falsch eingeschätzt wird. Insbesondere Begutachter, die nicht oft mit Alzheimer-Patienten zu tun haben, können sich täuschen lassen. „Die Patienten wollen bei der Begutachtung gut dastehen und zeigen eine geistige Leistungsfähigkeit, die sie im Alltag bei weitem nicht haben“, erklärt der Alzheimer-Spezialist.

Quelle

APAMED vom 18.09.2019