Ein Fall von Fliegenmadenkrankheit
Ein Arzt staunte nicht schlecht, als er nach einem Afrika-Urlaub eine kleine Wunde in seiner Kniekehle versorgte. Der vermeintliche Eiterfaden entpuppte sich als quicklebendiges Wesen.
Gegen Ende seiner mehrwöchigen Reise nach Senegal hatte ein 41-jähriger Patient eine juckende, leicht gerötete Papel entdeckt, berichten Dr. Christian Kühn, Hausarzt in Moers, und Dr. Dirk Klein, Evangelisches Krankenhaus in Mülheim an der Ruhr. Der Mann, selber Arzt, hatte unter der Verdachtsdiagnose einer Follikulitis nach Insektenstich die Behandlung in die eigenen Hände genommen und zunächst an der betroffenen Innenseite des Kniegelenks einige Haare entfernt.
Als sich starke, einschießende Schmerzen einstellten und sich die Hautrötung auszubreiten begann, startete er eine Therapie mit Clindamycin. In den folgenden 5 Tagen entwickelte sich eine fest haftende, erhabene Kruste, die der Patient abhob. Der mit der Pinzette entfernte vermeintliche Eiterfaden entpuppte sich als kleine weiße Larve. Das Erythem war unter einer lokalen Wundbehandlung rückläufig.
Als der Mann sich in einer Hautarztpraxis vorstellte, hatte er sich schon selbst erfolgreich behandelt. Die Dermatologen konnten im Wundbereich sonografisch und dermatoskopisch keinen Fremdkörper mehr erkennen. Auf einem Foto, das ihr Patient während der akuten Krankheitsphase angefertigt hatte, erkannten sie eine Larve der Tumbufliege (Cordylobia anthropophaga), auch bekannt als Mangofliege. Das Insekt gilt als Erreger der kutanen Myiasis, die vor allem in tropischen und subtropischen Gegenden Afrikas vorkommt. Auch die Amerikanische Dasselfliege (Dermatobia hominis) aus Südamerika kann eine solche Hautinfektion verursachen.
Rötliche Papel und stechende Schmerzen
Beide Fliegenarten legen ihre Eier oder Larven entweder in eine feuchte Wunde, was zur sogenannten Wundmyiasis führt, oder die Larve durchdringt intakte Haut – wie in dem hier beschriebenen Fall einer furunkulösen Myiasis. Typische Anzeichen der Fliegenmadenkrankheit sind Juckreiz bei rötlicher Papel sowie mitunter blitzartig stechende Schmerzen. Manchmal lassen sich subkutan Bewegungen der Larve beobachten.
Therapieziel ist, die Larve im Ganzen zu entfernen. Um sie aus dem Kanal zulocken, eignet sich ein Okklusivverband mit Jod oder Vaseline. Unterstützend kann das Unterspritzen mit physiologischer Kochsalzlösung plus Lidocain wirken. Nach 24–48 Stunden lässt sich die hervorgetretene Larve per Pinzette oder – bei der Amerikanischen Dasselfliege – chirurgisch entfernen. Meist heilt die Wunde problemlos ab. Sekundärinfektionen sind selten.
Die Autoren schreiben, dass man bei Patientinnen und Patienten mit Hautläsion nach Aufenthalt in den Tropen an die kutane Myiasis denken sollte. Vor allem, wenn die Wunde nach einer Antibiotikatherapie nicht richtig abheilt.