31. Okt. 2023Präventionskonzepte

Safe Sport wird großgeschrieben!

Nach dem Bekanntwerden sexueller Übergriffe im Umfeld des Leistungssports, setzen Sportorganisationen sowie immer mehr Sportverbände auf Präventionskonzepte. Talente im Nachwuchsleistungssport werden durch Workshops sensibilisiert, Grenzüberschreitungen zu erkennen und rechtzeitig anzusprechen.

Group of diverse athletes sitting together
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Ist es ok, wenn ein Trainer einer minderjährigen Athletin den Rücken mit Sonnencreme einschmiert? Ist es auch ok, wenn er dabei ihr Bikini-Oberteil öffnet? Eine Gruppe von Sportpsychologinnen und -psychologen und Mentalcoaches erörtert in einer Fortbildung unter der Leitung der Forensischen Psychologin und Expertin für den Bereich „Safe Sport“, Mag. Chris Karl, MA (siehe Interview), wie solche Fragen mit Jugendlichen erarbeitet werden können.

Immerhin wird es schnell „peinlich“, mit Teenagern über mögliche sexuelle Übergriffe zu sprechen. Im Workshop erarbeiten die Teilnehmenden Werkzeuge dafür, etwa die Einschätzung nach einem Ampelsystem – grün = ok, gelb = möglicherweise, rot = gar nicht – mit anschließender Diskussion in der Gruppe. Damit lassen sich Hemmschwellen schneller überwinden.

Organisiert werden die Fortbildungen vom Österreichischen Bundesnetzwerk Sportpsychologie (ÖBS) gemeinsam mit 100% Sport. Der vom Sportministerium eingerichtete Verein soll Geschlechtergerechtigkeit und Safe-Sport-Agenden im heimischen Sport vorantreiben.Seit 2021 wurden bislang 51 Personen geschult, der Großteil davon Mentalcoaches sowie Sportpsychologinnen und -psychologen des ÖBS, aber auch Gender Trainées sowie 100%-Sport-Referentinnen und -Referenten.

Die geschulten Sportpsychologinnen und -psychologen arbeiten dann an den Nachwuchsleistungszentren oder auch in Vereinen und Verbänden mit dem Nachwuchs, um ihn nicht nur mit den Grundlagen des Mentaltrainings vertraut zu machen, sondern auch zu ermutigen, Grenzverletzungen anzusprechen.

privat

Mag. Chris Karl, MA

„Die Kinder und Jugendlichen sollen auf die Tricks potenzieller Täter aufmerksam gemacht werden“, betont Karl. Meist beginnen die Übergriffe schleichend durch „Grooming“ – ein Verhalten, mit dem sich das Vertrauen der Kinder und ihres Umfelds erschlichen wird. Dann ist es nach außen hin womöglich „unverdächtig“, wenn ein Betreuer mit dem Kind allein im Auto zum Wettkampf fährt und dort im Hotel übernachtet, wo „zufällig“ nur mehr ein einziges Zimmer frei war.

Genau hier setzen die Schulungen an: Bei allen Aktivitäten in und um den Sport – etwa Trainings- oder Wettkampf-Nachbesprechungen – sollte immer das 6-Augen- und -Ohren-Prinzip gelten.

Zudem sollten die jungen Athletinnen und Athleten Vertrauenspersonen kennen und niederschwelligen Zugang zu Organisationen haben, an die sie sich im Zweifelsfall wenden könnten. „Genauso wie eine Liste mit Notrufnummern für Unfälle sollten auch hier die Kontakte an den Sportstätten ausgehängt werden“, empfiehlt Karl.

Thema aus der Tabuzone holen

Dass das Thema noch stark tabuisiert ist und Betroffene von Übergriffen oft nach Drohungen seitens der Täter sich nicht trauen, darüber zu sprechen, belegen Aussagen wie „Ich hätte früher darüber gesprochen, wenn nur jemand genauer nachgefragt hätte“, die Karl aus der Praxis nur allzu gut kennt.

Doch immer gilt: Prävention ist unerlässlich. Sportvereine und Verbände sind daher angehalten, auf freiwilliger Basis Kinderschutzkonzepte zu erarbeiten. Auf der Website von 100% Sport gibt es dazu eine Handreichung mit einer grundlegenden Schulung zum Thema Gewaltprävention im Sport.

Der Österreichische Eiskunstlaufverband Skate Austria hat beispielsweise 2022 freiwillig eine Arbeitsgruppe „Safe Sport“ eingerichtet und eine Informationsbroschüre für Kinderkurse erarbeitet. Diese richtet sich an Kursleitende, Eltern und Kinder und enthält etwa den Appell, dass selbst die kleinsten Berührungen „nur wenn notwendig, angemessen und akzeptabel“ sowie mit dem Einverständnis der jungen Eisläuferinnen und Eisläufern erfolgen sollten.

Theresa Wey

Mag. Katharina Rauch

„Ein positives, respektvolles und wertschätzendes Umfeld für alle Menschen im Sport zu schaffen ist einer der Grundpfeiler der Verbandsarbeit“, sagt dazu die Generalsekretärin von Skate Austria, Mag. Katharina Rauch. Ziel sei es, für Athletinnen und Athleten, Trainerinnen und Trainern und Betreuende sowie alle anderen Personen im Eiskunstlauf ein sicheres Umfeld schaffen, in dem sich jede Person wohlfühlt.

Immerhin, so Rauch, „sind Leistung und Wohlbefinden untrennbar miteinander verbunden“. Daraus ergibt sich, dass „Safe Sport“ auch für den Spitzensport unerlässlich ist.

Mag. Christina Lechner ist Sportpsychologin, hat selbst die Fortbildung gemacht und ist auch im Österreichischen Eiskunstlaufverband Skate Austria externe Vertrauensperson.

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