Leben und sterben lassen

Ich nehme Sie heute mit in ein Thema, über das ich viel nachgedacht habe in den letzten Monaten. Bitte nicht weglaufen! Denn es ist etwas passiert im Staate Österreich und es ist für seine Tragweite sehr leise passiert. Man hat sich zu einer Novellierung der Sterbehilfe respektive der Legalisierung des assistierten Suizid durchgerungen.

Kai Felmy

Nun sind wir als tiefkatholisch sozialisiertes Land von Natur aus skeptisch gegenüber Sterbehilfe und unsere Geschichte trägt dazu bei, dass der in englischsprachigen Ländern gebräuchliche Begriff ‚euthanasia’ bei uns ein absolutes No-go ist. Ich habe mit großem Interesse die Debatten um die Sterbehilfe angehört. Hatte ich doch wie alle eine eindeutige Meinung. Als Privatperson habe ich aufgrund meiner Sozialisierung ein eher ablehnendes Verhältnis zu Sterbehilfe.

Nach meiner Erfahrung kann man Menschen, die sehr verzweifelt und leidend sind, oft noch sehr gut helfen, auch wenn diese bereits an einem Punkt sind, wo sie eigentlich nicht mehr weiterleben wollen. Ich habe unzählige Male erlebt, dass Patienten, die schwer krank waren, wieder Lebensmut geschöpft haben und noch eine hochqualitative Lebensphase erleben konnten. Ich erlebe in meinem Arbeitsalltag häufig, dass Dinge, die für gesunde Menschen unvorstellbar und entwürdigend erscheinen, zu Kleinigkeiten werden können. Zustände, die man als Gesunder als unvorstellbare Belastung empfinden würde, können zur Normalität werden.

Es gibt hervorragende Ärzte, die spezialisiert sind auf die Linderung von Symptomen wie Schmerzen, Luftnot oder Übelkeit. Auf Palliativstationen werden schwerkranke Patienten oft so gut stabilisiert, dass sie wieder nachhause gehen können. Mobile Palliativteams beraten und unterstützen kranke Menschen und ihre pflegenden Angehörigen zuhause. Und auch in den Hospizen wird Großartiges geleistet. Braucht es also den assistierten Suizid und wie gehen wir als Gesellschaft und als Ärzte damit um? Ich habe sehr viel darüber nachgedacht und alles, was ich hier schreibe, ist meine höchstpersönliche Conclusio.

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