22. Aug. 2025Neue Verhandlungen in Aussicht

Gesamtvertrag mit der ÖGK als Ziel

Das österreichische Gesundheitssystem befindet sich in der Krise und hat Finanzierungsprobleme. Um Verbesserungen im Kassensystem für Ärzte und Patienten zu erzielen, strebt die Ärztekammer nun einen Gesamtvertrag mit der ÖGK an.

Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK)
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„Das Kassensystem in Österreich steckt in der Krise“, konstatiert Dr. Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), zu Beginn der Pressekonferenz. Einerseits befindet sich das System in einer Finanzierungskrise, wobei immer wieder neue Defizitprognosen präsentiert werden. Andererseits gibt es eine Versorgungskrise, weil zu wenige Kassenärzte im niedergelassenen Bereich und in den Spitälern für eine wachsende und alternde Bevölkerung zur Verfügung stehen. Das Resultat sind lange Wartezeiten in Ordinationen und bei Operationen.

Will man auch in Zukunft eine gute öffentliche Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Österreich sicherstellen, so muss dringend gegengesteuert werden. Die Ärztekammer wolle dazu auf jeden Fall ihren Beitrag leisten und nehme keine Blockadehaltung ein, wie ihr oft vorgeworfen werde. Vielmehr sehe sie sich als „Teil der Lösung“, betont Dr. Steinhart.

Ziel: Gesamtvertrag mit der ÖGK

Die Ärztekammer will nun einen Gesamtvertrag mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) mit einem einheitlichen Leistungskatalog und mit einheitlichen Honoraren in allen Bundesländern erreichen, wie dies bereits mit der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS) und der Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB) gelungen ist.

Bereits vor fünf Jahren hat die Ärztekammer in einem aufwendigen Verfahren einen modernen, einheitlichen Leistungskatalog für alle medizinischen Fächer erarbeitet. Diesen hat sie der ÖGK und mehreren Gesundheitsministern vorgestellt. Seither ist jedoch nichts weiter geschehen, da auf Funktionärsebene keine Gespräche mit der ÖGK möglich waren, wie OMR Dr. Edgar Wutscher, Vizepräsident der ÖÄK und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, berichtet.

Änderungen im System dringend nötig

„Das Produkt ,Kassenvertrag‘ ist kaputt“, meint Prof. Dr. Dietmar Bayer, Stv. Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte der ÖÄK. Man könne es daher nur vom Markt nehmen oder sanieren. Gerade junge Ärzte würden in dieses System aus wirtschaftlichen Erwägungen nicht mehr hineingehen wollen. Zuletzt kam es sogar zu Warnstreiks von Ärzten in Kärnten, die sich zu einem österreichweiten Flächenbrand ausbreiten könnten, wenn die Tarife nicht angeglichen werden.

Dies zeige umso deutlicher die Notwendigkeit, bestehende Strukturen zu verändern. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) müsse daher den Vertrag reformieren, um ihrem Versorgungsauftrag nachkommen zu können, so Prof. Bayer.

Forderungen seitens der Ärztekammer

Auf dem Weg zum Gesamtvertrag gibt es noch etliche Hindernisse zu überwinden. So würde der Abschluss des Gesamtvertrages unter anderem erfordern, dass alle neun Landesärztekammern diesem Gesamtvertrag zustimmen. Das hält der Rechnungshof in einem Rohbericht aber für unrealistisch und empfiehlt, die notwenige Zustimmung der Landesärztekammern abzuschaffen. Doch dies wird von der Ärztekammer strikt abgelehnt. Voraussetzung für Verhandlungen über den Gesamtvertrag wäre für die Ärztekammer außerdem, dass zuerst bestehende Verträge erledigt werden, da es in einigen Bundesländern noch die Honorarabschlüsse für 2024 offen sind und in allen Bundesländern jene für 2025, und dass eine volle Inflationsabgeltung erfolgt.

Die von der ÖGK gezahlten Tarife sind in den letzten Jahren nämlich deutlich unter der Inflationsrate geblieben. So sind zum Beispiel die Preise seit 2022 um 24% gestiegen, die Kassentarife für Allgemeinmediziner in Wien aber nur um 13% Prozent. „Wenn Honorare für Ärzte gestiegen sind, dann ist dies ausschließlich auf Leistungs- und Frequenzsteigerungen bei den Ärzten selbst zurückzuführen, das heißt, sie haben sich ein allfälliges Einnahmenplus selbst erarbeitet“, erklärt Präsident Steinhart. Von einem möglichen „Solidarbeitrag“ der Ärzte angesichts der angespannten finanziellen Lage im Gesundheitssystem will die Ärztekammer keinesfalls etwas wissen.

Positive Aussichten

Doch langsam scheint man sich in ersten Schritten dem Ziel zu nähern. Letzte Woche fand ein sehr konstruktives Gespräch über einen Gesamtvertrag zwischen ÖGK-Obmann Andreas Huss, Gesundheitsministerin Korinna Schumann, Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig und der Ärztekammer statt. Dr. Wutscher ist optimistisch, dass es bald Termine für weiterführende Gespräche in Sachen Gesamtvertrag mit der ÖGK geben wird. „Es geht etwas weiter“, ist er überzeugt.