Austrian Health Forum Gastein: Prävention, Pfade und eHealth
Ende Oktober trafen sich beim Austrian Health Forum Gastein 2024 rund 200 Expertinnen und Experten, um über die Zukunft des österreichischen Gesundheitswesens zu diskutieren. Ziel war es, Lösungsansätze für drängende Probleme zu erarbeiten und Empfehlungen an die nächste Regierung zu formulieren.
„Die Anzahl der in Gesundheit verbrachten Lebensjahre liegt in Österreich unter dem Durchschnitt vergleichbarer Länder“, hielt DDr Meinhild Hausreither, Sektionschefin im Gesundheitsministerium, fest. „Deshalb gilt es Gesundheitsförderung, Gesundheitskompetenz und Prävention auszubauen.“ In Vorträgen, Paneldiskussionen und Workshops wurde über positive Entwicklungsszenarien gesprochen und diskutiert. Daraus entstanden Fokuspunkte, über die die Teilnehmenden aus allen Bereichen des Gesundheitswesens im Plenum des Austrian Health Forum live abstimmten.
Mehr gesunde Lebensjahre durch Impfen
Das Anliegen, verstärkt auf Impfungen als Instrument der Vorsorge zu setzen, traf auf breite Zustimmung. Insbesondere wurde eine volle Ausrollung des eImpfpasses mit Einladungs- und Erinnerungsfunktion befürwortet. „Impfen ist eine zentrale Aufgabe der österreichischen Gesundheitsvorsorge“, bekräftigte Andreas Huss, Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse, und nannte eine konkrete Zahl, wie viel ihm das Thema Wert ist: „90 Mio. Euro pro Jahr können eingesetzt werden.“
Diskutiert wurde auch, ob ein breiterer Zugang zu Impfungen sinnvoll sei. „Ich halte es für vertretbar, dass auch andere Gesundheitsberufe unter bestimmten Bedingungen impfen“, erklärte Univ.-Prof. Dr. Josef Smolle, ehemaliger Rektor der Medizinischen Universität Graz und Gesundheitssprecher der ÖVP. Auch Stefanie Braunisch, Gesundheitsreferentin im NEOS-Parlamentsklub, sieht Impfen in den Apotheken als Möglichkeit, um Präventionsprogramme breiter aufzustellen: „Wir dürfen nicht nur fragen, was uns Krankheiten kosten, sondern auch, was uns Gesundheit bringt.“ Ein konkretes Beispiel nannte Mag. Julia Guizani, FOPI-Präsidentin und Geschäftsführerin von Sanofi Österreich: „Impfen ist ein wichtiger Eckpfeiler für mehr gesunde Lebensjahre. Mit einer flächendeckenden HPV-Impfung kann das Risiko für Gebärmutterhalskrebs um bis zu 90 % gesenkt werden. Das spart Ressourcen, weil das Gesundheitssystem die Kosten der Folgeerkrankungen dann nicht tragen muss.“
Mag. Jakob Hochgerner, Gesundheitsdirektor des Landes Oberösterreich, schlug vor, die empfohlenen Impfungen bereits als Leistungen der Krankenversicherung im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu verankern: „Schließlich sind das evidenzbasierte Maßnahmen, deren Sinnhaftigkeit gut belegt ist“, sagte Hochgerner und ergänzte: „Selbstverständlich muss die Krankenversicherung dafür auch ausreichende Ressourcen erhalten.“
Eine weitere wichtige Voraussetzung für ein langes Leben in guter Gesundheit ist das Thema Gesundheitsbewusstsein. „Fast 30 % der Menschen steigen übergewichtig ins Erwachsenenleben ein, bis zur Pension steigt dieser Wert auf 50 %“, skizzierte Mag. Wolfgang Panhölzl, Abteilungsleiter der Sozialversicherung in der Arbeiterkammer Wien, eines der großen Probleme. „Wir müssen daher schon bei den Kindern und Jugendlichen ansetzen, mit Maßnahmen für mehr Bewegung und gesündere Ernährung – und das muss bundesweit koordiniert werden“, forderte der Jurist. Dafür brauche es ein Präventionsgesetz, das einen verpflichtenden Ansatz verfolgt, bei dem die gesetzten Maßnahmen auch einem einheitlichen Monitoring unterliegen.
Dr. Harald Mayer, Kurienobmann der angestellten Ärzte, ergänzte: „Prävention wird uns alle länger und besser leben lassen, aber das Gesundheitssystem wird es nicht billiger machen. Wir müssen diese Diskussion offen führen und die Frage beantworten: Was ist uns Gesundheit wert?“
Einheitliche Strukturen und Behandlungspfade
Einig war man sich auch beim Wunsch nach besserer Gesundheitskommunikation und einheitlicheren Angeboten. „Wenn wir wollen, dass die Menschen kompetent sind, dass sie sich um ihre Gesundheit kümmern, dann müssen wir hier einheitlich werden, das ist einer der wichtigsten Punkte in der Prävention“, hob Grünen-Gesundheitssprecher Ralph Schallmeiner einen weiteren wichtigen Aspekt hervor. „Die Menschen in einem Bundesland haben genau dasselbe Anrecht auf eine Gesundheitsmaßnahme wie die in anderen.“
In eine ähnliche Kerbe schlug Dr. Katharina Reich, Generaldirektorin für Öffentliche Gesundheit im Bundesministerium: „Wir müssen einfacher und klarer kommunizieren, wo es welche Gesundheitsangebote gibt, auch über Bundesländergrenzen hinweg.“ Im Zusammenhang damit sprachen sich die Expertinnen und Experten auch für einheitliche Strukturen und Prozesse für Behandlungspfade aus. „Wir haben ein gutes Gesundheitssystem, in dem zurzeit allerdings jeder macht, was er will“, meldete sich Dr. Mayernochmals zu Wort. „Deshalb brauchen wir eine effiziente Lenkung der Patientinnen und Patienten.“
Das griff Mag. Verena Nikolai, Abteilungsleiterin im Gesundheitsministerium, auf und stellte ein Prozessmodell vor, das ursprünglich für Diabetes implementiert wurde und das Potenzial bietet, die Lenkung der Patientinnen und Patienten auch bei weiteren chronischen Erkrankungen zu verbessern.
Digitalisierung optimal einsetzen
Die Potenziale von Gesundheitsdaten und Digitalisierung zu nutzen und dabei den Datenschutz verantwortungsvoll zu berücksichtigen, fand ebenfalls allgemeine Zustimmung beim Austrian Health Forum in Bad Hofgastein. „Wenn es uns nicht gelingt, Digitalisierung optimal einzusetzen, werden wir die Bevölkerung nicht optimal versorgen können“, mahnte Peter Lehner, Obmann der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS).
Beim Thema eHealth spielen sogenannte „Real World Data“ eine große Rolle, also Daten, die dazu dienen, eine medizinische Intervention anhand von Patientendaten zu bewerten. „Der Europäische Gesundheitsdatenraum EHDS hilft Österreich, die ELGA-Gesundheitsinfrastruktur weiterzuentwickeln, wobei wir in diesem Bereich im europäischen Vergleich bereits eine gute Basis haben, auf der wir aufbauen können“, erklärte Sektionschefin DDr. Meinhild Hausreither.
„Der Frage, wie ethisch die Erhebung und Nutzung der Daten ist, steht auch jene gegenüber, wie unethisch es ist, sie nicht zu nutzen“, ergänzte Prof. Smolle in der Schluss-Diskussion. „Wir haben durchaus einen Auftrag, Daten im Interesse der Allgemeinheit zu nutzen.“ Für die Datenerhebung und -nutzung müsse es einen ersichtlichen Primärnutzen geben, waren sich die Teilnehmenden am AHF Gastein einig.
Presseaussendung anlässlich des Austrian Health Forum Gastein 2024