„Das kann man Ärzten nicht zumuten“

Wie kann man Ärztemangel eindämmen, Disease Management optimieren und was bringt eine Kassenfusion? Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein legt ihre Vorstellungen dar. Den E-Befund nennt sie ein „PDF-Sammelsurium“, das man Ärzten nicht zumuten kann. Medical Tribune 10/18)

Medical Tribune: Frau Minister, Sie konnten kürzlich bereits einen ersten Erfolg verbuchen, nämlich die Finanzierung der Lehrpraxen. Wie schwierig war es, eine Einigung zu erzielen?

Beate Hartinger-Klein: In diesem Fall waren vor allem die Verhandlungen mit der Ärztekammer langwierig, weil es darum ging, dass die Ärzte einen Teil der Kosten übernehmen müssen. Aber ich freue mich, dass hier letztendlich eine Einigung erzielt werden konnte. Das ist für mich ein Meilenstein, weil es einige Probleme löst. Wir wollen die Allgemeinmedizin fördern und hier muss man Anreize schaffen. Die Lehrpraxis fördert die Qualität der Ausbildung, denn hier lernt der junge Arzt u.a. auch, wie eine Praxis geführt wird. Diese Erfahrung konnte er in der Vergangenheit nicht sammeln. Und gleichzeitig hat auch der Lehrpraxis-Vergebende eine entsprechende Unterstützung. Das ist eine Win-win-Situation für alle und letztendlich auch für den Patienten.

Der Beruf und auch die Ausbildung müssen aufgewertet werden, um einem drohenden Ärztemangel in der Allgemeinmedizin entgegenzuwirken. Wie sieht es in der Ausbildung aus, abseits der Lehrpraxis?

Natürlich geht es auch darum, welche Anreize man auf universitärer Ebene schafft. Ich habe erst kürzlich den Rektor der MedUni Wien getroffen. Er hat mir von Überlegungen berichtet, so früh wie möglich im Studium schon einen Zweig Allgemeinmedizin einzuführen, um so interessierte Studierende dafür gewinnen zu können. Ich könnte mir durchaus vorstellen, ähnlich wie es zum Beispiel auf der WU der Fall ist, in Form einer Art Road Show Studierende für den Beruf des Allgemeinmediziners zu begeistern. Hier könnte seitens der Gemeinden, der Länder, aber auch der Sozialversicherungen aufgezeigt werden, wie schön es ist, den Beruf des Allgemeinmediziners am Land oder in einem Tal auszuüben, dort für die Bevölkerung tätig zu sein.

In Wien gibt es aber noch immer keinen Lehrstuhl …

Das liegt in der Kompetenz der Universitäten und Länder. Hier kann ich lediglich versuchen, Verständnis zu erwirken.

Und was kann man tun, um den Beruf an sich attraktiver zu machen, damit Kassenstellen besetzt werden? Im Regierungsprogramm steht ja unter anderem dieses Landarztstipendium – was genau kann man darunter verstehen?

Es ist die Frage, inwieweit es überhaupt rechtlich möglich ist, ein Stipendium mit einer Verpflichtung zu koppeln, in irgendeiner Region über mehrere Jahre tätig zu sein. Eine allfällige Umsetzung muss zuerst rechtlich geprüft werden – auch in Hinblick auf EU-Recht.

Man könnte ja auch bei der Honorierung ansetzen, oder?

Das Honorarsystem gehört meiner Ansicht nach generell, und speziell bei der Allgemeinmedizin, auf neue Beine gestellt. Dies hängt aber auch mit der Zusammenlegung der Sozialversicherungen zusammen. Ein Modell könnte eine Basisfinanzierung für den Allgemeinmediziner mit entsprechenden landesbezogenen Zuschlägen sein, wenn der Arzt sich in bestimmten Regionen niederlässt. Aufgrund unterschiedlicher Bedürfnisse – so kommt etwa FSME nicht überall in Österreich gleich häufig vor – könnte es landesbezogen unterschiedliche Leistungen geben. Es bedarf also eines österreichweiten Rahmenvertrages und dazu regional notwendiger Komponenten, die zwischen Ländern und Ärztekammern vereinbart werden.

Könnte man sich beim Rahmenvertrag auch am Primärversorgungsgesetz orientieren und Pauschalierungen überlegen?

Ich bin hier für Diskussionen offen. Ich könnte mir vorstellen, dass es in Teilbereichen Pauschalierungen gibt und in anderen Bereichen leistungsbezogen abgerechnet wird. Dies ist mit der Ärztekammer gemeinsam zu diskutieren und es sind Simulationsrechnungen anzustellen.

Ein Wunsch der Ärzte ist die Möglichkeit der Anstellung anderer Ärzte. Wollen Sie dem entgegenkommen?

Ja. Ärzte sollen Ärzte anstellen können. Und zwar nicht nur in Primärversorgungseinheiten, sondern auch in Einzelpraxen.

In den einzelnen Bundesländern werden im Moment doch sehr unterschiedliche Modelle für die Organisation und Finanzierung der PVE eingesetzt. Ist Ihnen das recht und wird man die Ergebnisse beobachten und daraus Schlüsse für andere ziehen?

Ja, natürlich ist mir das recht. Es ist aber nicht mein Ziel, am Ende aus den Modellen das Beste herauszufiltern und daraus dann wieder eine einheitliche Lösung zu machen. Mein Ansatz lautet vielmehr: zentral, was notwendig ist, und dezentral, was sinnvoll ist. Aufgrund der unterschiedlichen geografischen Voraussetzungen, aber auch der historisch gewachsenen Besonderheiten – ich denke hier etwa an Eisenerz oder Mariazell – gibt es überall in den Regionen andere Herausforderungen. Deshalb sind unterschiedliche Modelle durchaus legitim. Ich habe lediglich die Aufgabe, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, um die unterschiedlichen Modelle auch zu ermöglichen. Ich will also kein Standard-PHC, das ist nicht mein Ziel. Das ist auch ein Stück gelebter Föderalismus, wenn Sie so wollen. Föderalismus ist nicht immer gut, aber in diesem Fall schon.

Trotzdem soll es dazu einmal einen Gesamtvertrag geben, der heuer verhandelt wird. Wie ist denn da der aktuelle Stand, sind die Verhandlungen überhaupt schon im Laufen? Man hat sich ja immerhin eine Frist bis Jahresende gesetzt.

Am Ende wird sich die Frage stellen, ob ein Gesamtvertrag überhaupt notwendig ist. Man darf die Systempartner jetzt auch nicht überfordern, auf die mit der Zusammenlegung der Sozialversicherungen in nächster Zukunft ohnedies große Herausforderungen warten.

Sie sind beim PVE sehr offen, was die Einbeziehung anderer Gesundheitsberufe „auf Augenhöhe“ betrifft. Glauben Sie, dass die Ärztekammer da mitspielen wird?

Selbstverständlich ist der Arzt für mich der erste Ansprechpartner, der Verordnungen zu machen hat, der Diagnosen stellt und Therapieentscheidungen trifft. Das ist – und soll immer – eine Sache der Medizin und des Arztes bleiben. Dafür ist er ausgebildet. Aber vieles kann in der Folge auch von der Pflege oder anderen Berufsgruppen übernommen werden. Derzeit stehen wir vor der Herausforderung, dass wir in vielen Bereichen zu wenige Ärzte haben. Hier wird man gar keine andere Wahl haben, als die anderen Berufsgruppen stärker als bisher in das Versorgungssystem einzubeziehen. Dazu ist die gegenseitige Wertschätzung nicht nur sinnvoll, sondern absolut notwendig. Ich bin auch davon überzeugt, dass die Ärztekammer das inzwischen verstanden hat.

Damit das Team rund um den Hausarzt funktioniert, muss es dieses Team aber erst einmal geben. Und damit es das geben kann, werden die Kassen – oder dann vielleicht einmal DIE Kasse – mehr an Sachleistungen übernehmen müssen, um den Patienten diese Leistungen überhaupt anbieten zu können, ohne Selbstbehalt und ohne Beschränkungen.

Ich bin davon überzeugt, dass man den Bereich völlig neu aufstellen muss und dabei gesamtheitlicher denken sollte, mehr in Richtung Disease Management. Man muss beim Patienten und seiner Erkrankung – oder seinen Erkrankungen – ansetzen und sich fragen: Was braucht der Patient eigentlich? In diesem Zusammenhang kann man dann natürlich auch entsprechende Sachleistungen oder alternative Honorierungssysteme überlegen. Dabei muss aber immer der Patient mit seinen Bedürfnissen und Anforderungen im Mittelpunkt stehen.

Müsste man die Ärzte dazu nicht stärker als bisher in die Pflicht nehmen? Es gibt schon seit längerer Zeit Disease Management-Programme, ich denke da etwa an Diabetes. Derzeit sind aber nur rund 40 Prozent der Patienten, die diagnostiziert sind, auch tatsächlich in diesem Programm, weil es sich die Ärzte aussuchen können, ob sie mitmachen wollen oder nicht.

Ärzte argumentieren zu Recht, dass sie, wenn sie solche Leistungen anbieten, dafür auch entsprechend honoriert werden wollen. Nehmen wir das Adipositas-Programm der Versicherung für Eisenbahnen und Bergbau, wo adipöse Patienten Waage, Blutdruck- und Zuckermessgerät zur Verfügung gestellt bekommen und in der Folge automatisiert gemonitored und überwacht werden. Dafür zahlt die Versicherung den Ärzten ein eigenes Honorar. So etwas wird sicher notwendig sein, damit es funktioniert.

Wenn es bezahlt wird, dann soll es aber auch verpflichtend sein?

Selbstverständlich. Da muss man die Ärzte in die Pflicht nehmen. Ich bin eine Verfechterin von Leitlinien in der Medizin, die von den Fachgesellschaften zu entwickeln sind. Und wenn es für die Behandlung entsprechende Leitlinien gibt, dann sind diese auch von den Ärzten anzuwenden.

Das geht schon sehr in Richtung „Versorgungsaufträge“, wie es für die PVE bereits definiert ist. Wollen Sie Versorgungsaufträge auch für Einzelpraxen?

In diese Richtung soll es letztendlich gehen. Am Ende hat jeder Systemanbieter – und natürlich auch die Gesundheitsministerin – darauf zu achten, dass die Versorgung bestmöglich gewährleistet ist. Es darf keine Unter-, keine Überund keine Fehlversorgung geben. Dieses Ziel ist nicht nur im Spitalsbereich anzustreben, sondern auch in der Niederlassung. Von diesem Ziel sind wir momentan allerdings noch sehr weit entfernt, auf dem Weg sind noch viele Herausforderungen zu meistern.

Apropos „Verpflichtung“: Ein viel und kontrovers diskutiertes Thema ist die Lenkung der Patientenströme. Ärztekammer-Vizepräsident Dr. Harald Mayer hat dazu etwa Vorschläge gemacht in Richtung Gebühren, die Patientenanwaltschaft denkt eher an Lotsen- oder Coaching-Systeme, wie es sie zum Beispiel in der Schweiz gibt. Einig sind sich aber alle, dass es hier neue Lösungen braucht, um die überfüllten Ambulanzen zu entlasten?

Im Regierungsprogramm haben wir uns darauf verständigt, dass es dafür Anreize geben soll. Das Gesundheitstelefon 1450, das eine Manchester-Triage vorsieht und das derzeit in Niederösterreich, Wien und Vorarlberg getestet wird, halte ich persönlich jedenfalls für sehr sinnvoll. Es muss jetzt nur noch besser promotet werden. Das ist zumindest ein erster guter Ansatz zu einer verbesserten Steuerung. Welche zusätzlichen Anreize es dann noch geben kann, muss man sich im Detail sehr genau überlegen und auch, an welcher Stelle man da in das System eingreifen soll.

Die Ärztekammer meint, wir brauchen deutlich mehr Kassenverträge, sie spricht von 1500 mehr. Wie viele werden wir wirklich mehr brauchen? Oder reicht das, was wir haben?

Aus dem internationalen Vergleich wissen wir, dass wir eine ausreichend hohe Ärztedichte haben.

Kassenverträge und Ärztedichte sind zwei verschiedene Dinge …

Ja, da gebe ich Ihnen vollkommen recht, und es gilt hier auch zu differenzieren. Wir haben zum Beispiel zu wenige Kinderärzte, zu wenige Ärzte für Psychiatrie. Hier geht es in Richtung Versorgungsmessung. Die Gesundheit Österreich ist dabei, eine Landkarte – auch was den niedergelassenen Bereich betrifft – zu erstellen.

Ganz objektiv gesehen ist es aber so, dass der Schlüssel Patienten pro Allgemeinmedizinischem Kassenvertrag schlechter geworden ist. Heute sind es mehr Patienten, als es noch vor 15 oder 20 Jahren waren.

Ja, aber dies hängt nicht ursächlich damit zusammen, dass es zu wenige Stellen gibt – ausgenommen Kinderärzte und Psychiatrie. Auch andere Kriterien haben einen Einfluss darauf, ob eine Stelle besetzt werden kann oder nicht.

Hier sind wir beim Attraktivierungsthema. Glauben Sie, dass sich das lösen lässt?

Ich habe mit den MedUnis gesprochen und hatte heute ein Gespräch mit Vertretern der Kurie der angestellten Ärzte. Dass wir nicht genug Ärzte ausbilden würden, ist nicht das Thema. Man muss natürlich Anreize schaffen, damit sie nach ihrem Studium im Land bleiben. Was für mich neu war, ist, dass die Träger keine Ausbildungsstellen mehr schaffen. Das heißt, es gibt in einzelnen Regionen bereits Wartezeiten auf einen Turnusplatz von bis zu zwei Jahren. Das ist ja grotesk. Wir bilden aus und dann wandern die Ärzte ab, weil sie bei uns keinen Turnus absolvieren können? Hier gilt es wirklich auch Anreize für die Krankenanstalten zu schaffen, damit diese Turnusplätze anbieten.

Wie kann so ein Anreiz aussehen?

Bei den Trägern darf es nicht nur ums Sparen und um Planstellen gehen. Sie müssen sich als Ausbildungsstätte sehen. Nur wenn entsprechende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, kann langfristig die ärztliche Versorgung der Menschen durch Ärzte im niedergelassenen Bereich sichergestellt und so auch der Zustrom von Patienten in die Krankenhäuser gesteuert werden. Auch hier sind wiederum die Länder gefordert.

Die Ärztekammer hat das Volksbegehren DON’T SMOKE initiiert. Sie sind in einer Regierung, die dagegen ist. Sehen Sie das Verhältnis zwischen Ärztekammer und Politik, das ja lange getrübt war, jetzt wieder gefährdet?

Nein, überhaupt nicht.

Und wie sehen Sie sich in Ihrer Rolle in der Regierung bei dieser Problematik?

Ich habe es in der Öffentlichkeit ja schon gesagt: Ich habe zu akzeptieren, was die Mehrheit im Parlament entscheidet. Als Gesundheitsministerin habe ich natürlich keine Freude damit.

Werden Sie persönlich das Volksbegehren unterschreiben?

Nein.

Noch einmal zur Nachwuchsproblematik. Ein Kritikpunkt der Ärzte und der Standesvertretung ist die ausufernde Bürokratie. Jetzt kommen aber – nicht nur aus dem Regierungsprogramm, sondern insgesamt – noch mehr Dokumentationspflichten, Codierungspflichten etc. auf die Ärzte zu. Ist das nicht kontraproduktiv?

Ärzte müssen dokumentieren, das steht im Ärztegesetz. Es ist natürlich die Frage, was sie alles dokumentieren müssen. Hier gebe ich Ihnen vollkommen recht. Es gibt in vielen Ländern, vor allem im Spitalswesen den sogenannten medizinischen Dokumentationsassistenten. Ich glaube, dass einerseits durch die IT-Technik und durch die Möglichkeiten der Elektronik schon vieles erleichtert wird. Früher war dies sicherlich schwieriger zu bewerkstelligen. Eine Dokumentation ist jedenfalls vom Arzt zu machen, allein schon aus Haftungsfragen. ELGA kann den Arzt dabei unterstützen, wobei ich anmerken möchte, dass der E-Befund in der derzeitigen Form nicht kommen wird. Aktuell handelt es sich um ein PDF-Sammelsurium – verzeihen Sie, wenn ich das so sage –, das man den Ärzten wirklich nicht zumuten kann. Wir werden daher jetzt in die Richtung evaluieren, wie man den E-Befund benutzerfreundlicher gestalten kann, damit der Arzt schnell zu den Informationen kommt, die er benötigt.

Soll der Hauptverband stärker in die Richtung gehen, den Ärzten Tools zu geben, mit denen sie ihre Arbeit leichter machen und gleichzeitig diesen bürokratischen Verpflichtungen nachkommen?

Es war schon zu meiner Zeit im Hauptverband mit meinem Kollegen DI Volker Schörghofer, der für die E-Card zuständig ist, ein Problem, dass es sehr viele Ärztesoftware- Programme gab. Damals waren es an die 120 verschiedene, heute sind es schon weniger, darunter drei große Anbieter. Durch ELGA müssen neue Funktionalitäten in die verschiedenen Ärztesoftware-Programme eingebaut werden, wofür die Anbieter natürlich auch Geld verlangen und am Ende die Frage gestellt wird, wer für diese Kosten aufkommen soll.

Wir alle werden uns einig sein, dass die Kassen Vorsorgeleistungen wie z.B. eine Mundhygiene honorieren sollten und nicht nur die Schadensbehebung im Krankheitsfall. Wie realistisch ist es, dass man hier auch mittelfristig etwas weiterbringt?

Ich möchte hier über den Mutter-Kind-Pass ansetzen. Gerade was die Mundhygiene betrifft, ist es wichtig, dass diese für die Kindern gratis zur Verfügung gestellt wird. Sie sollen lernen, auf ihre Zähne zu achten, regelmäßig zum Zahnarzt zu gehen, Mundhygiene zu machen etc. Denn was man als Kind nicht lernt, das lernt man als Erwachsener auch nicht mehr. In einem zweiten Schritt ist an eine Ausweitung des Mutter-Kind-Passes bis 18 gedacht, um Jugendliche dazu anzuhalten, auf ihre Gesundheit zu achten.

Haben Modelle, wie sie die SVA einsetzt, mit Anreizen bei Erfüllung von persönlichen Vorsorgezielen, Zukunft?

Da bin ich etwas zurückhaltender, wir möchten das zuerst evaluieren. Dass man damit erreicht hat, dass mehr Leute zur Vorsorgeuntersuchung gehen, unterschreibe ich. In der Frage, ob die Gesundheitsziele die richtigen sind, bin ich etwas reservierter, denn es gibt so viele individuelle beeinflussende Faktoren, genetischer Natur, umweltbedingt, die man berücksichtigen muss.

Im Regierungsprogramm ist auch ein Medikationsmanagement bei Patienten vorgesehen, die mehr als sechs Wirkstoffe erhalten. Wie stellen Sie sich das vor? Und wer soll das machen – Arzt oder Apotheker?

Im Spital gibt es hierfür den Pharmakologen. Im niedergelassenen Bereich ermöglicht die E-Medikation eine Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker. Viele Apotheker haben eigene Pharmakologen, um sich das Medikationsmanagement bei Polypragmasie genauer anzusehen. Im Pflegeheim ist das natürlich auch ein Thema.

Gerade haben die Kassen ihr Jahresergebnis für 2017 präsentiert. Dabei zeigt sich nur noch ein sehr geringer Überschuss, trotz sehr guter Konjunktur und Beschäftigung. Rutschen die Kassen in ein neues Finanzierungsproblem?

Das glaube ich nicht.

Wie viel wird man denn durch die Zusammenlegung der Kassen lukrieren können?

In den ersten Jahren wahrscheinlich nichts, langfristig aber schon. Die Pensionsversicherung zum Beispiel erbringt nach der Zusammenlegung um 20 Prozent mehr Leistungen mit dem gleichen Personal. Ich bin überzeugt, dass hier Potenzial vorhanden ist, man wird es nur nicht gleich zu Beginn lukrieren können.

Wie soll die AUVA die verlangten 500 Millionen Einsparungen schaffen?

Da gibt es Möglichkeiten. Das soll sich die AUVA überlegen.

In der AUVA sagt man, man könne 100 Millionen schaffen, das restliche Volumen wäre nur zu erreichen, wenn Leistungen verlagert werden.

Das Ziel ist im Regierungsprogramm festgeschrieben. Sollte dieses nicht erreicht werden, so sind die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.

Sie halten das für machbar?

Ich wüsste, wie es geht (lacht). Aber die sollen auch lernen.

Dieser Beitrag erschien auch im Printmagazin Medical Tribune