Alte Chinesen und fette Renditen
Die Menschen werden weltweit immer älter und dicker. Daraus ergibt sich für den Gesundheitssektor eine Wachstumsfantasie, die ihresgleichen sucht – und für die Industrie wie auch für Anleger einen Reiz hat. (Medical Tribune 38/2017)
Zugegeben, es gibt Wachstumsstorys, die charmanter sind – aber kaum eine ist derart überzeugend und abgesichert wie jene des Gesundheitswesens. Wer weiß beispielsweise schon, ob irgendwelche IT-Technologien oder Geräte, die derzeit boomen, in 30 Jahren überhaupt noch gefragt sein werden? Aber wir wissen, dass im Jahr 2050 etwa 500 Millionen Chinesen älter als 60 Jahre sein werden – derzeit leben im Reich der Mitte rund 220 Millionen über 60-Jährige. Die Vergreisung nimmt global zu. Laut Schätzungen von WHO und WTO werden bis 2050 auch in Europa und den USA über 30 % der Bevölkerung zu den älteren Menschen zählen. Japan weist den Weg, dort ist die Bevölkerung bereits überaltert, wurden zuletzt schon mehr Windeln für alte Menschen gekauft als für Babys. Ende des 21. Jahrhunderts wird die Welt demografisch überhaupt nicht mehr wiederzuerkennen sein. In China werden dann sogar 1,7 Millionen Einwohner über 100 Jahre alt sein.
Demografische Entwicklung
Laut der Population Division der Vereinten Nationen wird der Anteil der älteren und pflegebedürftigen Menschen 2050 dreimal so hoch sein wie heute. Das stellt nationale Gesundheitssysteme vor große Herausforderungen, garantiert aber auch ein gutes Geschäft: Die Überalterung ist für die Gesundheitsbranche in den nächsten Jahrzehnten ein Wachstumstreiber. Denn mit dem Alter nimmt natürlich die Wahrscheinlichkeit für chronische Krankheiten, Alzheimer, Herzinsuffizienz und Co zu. „Es muss dann ins Ersatzteillager gegriffen werden und man braucht mehr Medikamente“, sagt Dr. Cyrill Zimmermann, Healthcare-Experte beim Schweizer Vermögensberater Bellevue Asset Management.
Entsprechende Chancen auf gesunde Renditen ergäben sich für Investoren. Dies, zumal neben der Überalterung ein zweiter Megatrend ins Spiel kommt, der der Branche – Pharma- und Biotech-Konzernen ebenso wie Unternehmen in der Medizintechnik – in die Hände spielt und der im Grunde viel unschöner ist. Denn, dass die Bevölkerung älter wird, ist nicht nur schwachen Geburtenraten geschuldet, sondern liegt auch an der erfreulichen Tatsache, dass Menschen dank moderner Medizin eben immer länger leben. Der zweite Trend heißt indes „Globesity“: „Die Globalisierung manifestiert sich in der sich ausbreitenden Verwestlichung des Lebensstils in Form von Übergewicht und Stress“, erklärt Ingo Grabowsky, Prokurist bei der deutschen Lacuna-Gruppe. Diese bietet zwei Gesundheitsfonds an, die genau daraus Kapital zu schlagen versuchen: den Lacuna – BB Adamant Global Healthcare (ISIN: LU0385207252) sowie den Lacuna – BB Adamant Asia Pacific Health (ISIN: LU0637847533).
Der Global Healthcare-Fonds investiert nicht nur in Weltkonzerne, sondern sucht gezielt nach aufstrebenden, vergleichsweise kleineren Unternehmen aus verschiedensten Bereichen. Das dänische Medizintechnik-Unternehmen Ambu A/S etwa ist eine Top-Position im Fonds oder auch Abiomed, die die kleinste Herzpumpe der Welt entwickelt hat. Der Global Healthcare liegt heuer bereits 10 % im Plus, der Asia Pacific Health sogar gut 14 %. Vor allem in Asien schreitet die Verwestlichung voran, was sich in ungesunder Ernährung manifestiert. Zunehmende Fettsucht erhöht das Risiko für Zivilisationskrankheiten. Auch hier wissen allein die Zahlen zu China zu beeindrucken: Im Jahr 2000 wurde dort bei 24 Millionen Menschen Diabetes diagnostiziert, 2030 werden laut Schätzungen bereits 131 Millionen Chinesen darunter leiden.
Die Statistik ist schon jetzt, auch wenn das Wort diesfalls höchst unpassend ist, ernüchternd: Fast jeder dritte Mensch weltweit ist laut einer neuen Studie übergewichtig oder gar fettleibig. Der Anteil fettleibiger Menschen hat sich zwischen 1980 und 2015 in mehr als 70 Ländern verdoppelt – und auch in den meisten anderen Staaten ist er stetig nach oben gegangen, wie ein Team um Ashkan Afshin vom Institute for Health Metrics and Evaluation (IHME) in Seattle erst kürzlich feststellte. Laut ihrem Beitrag „Health Effects of Overweight and Obesity in 195 Countries over 25 years“* waren im Jahr 2015 rund 2,2 Milliarden Menschen zumindest übergewichtig (Körper- Masse-Index (BMI) von mindestens 25) – das entspricht etwa 30 % der Weltbevölkerung. „Übermäßiges Körpergewicht ist eines der schwierigsten Gesundheitsprobleme der Gegenwart“, so Afshin.
Andere Studien kommen zu etwas anderen Zahlen, in einem stimmen aber alle überein: dass das Problem – wie treffend – zunimmt. 70 % der Amerikaner sind schon jetzt übergewichtig – und aufstrebende Schwellenländer eifern den USA auch in dieser Hinsicht nach: In Malaysien weisen bereits fast 50 % der Bevölkerung einen BMI von über 25 auf. Und das Problem wird sich in den nächsten Jahrzehnten laut Prognosen potenzieren. Denn verglichen mit den USA (wo die Zahl der Fettleibigen stagniert) leben zehnmal so viele Einwohner in China, Indien und Indonesien und jedes Jahr entspricht der Nettozuwachs der Menschen in diesen Ländern mehr als der gesamten Bevölkerung Skandinaviens oder etwa so vielen Personen wie in Portugal, Griechenland und Ungarn zusammengerechnet leben.
BIP-Wachstum mal zwei
Der erwähnten Studie zufolge starben 2015 etwa vier Millionen Menschen an den Folgen ihres sehr hohen Gewichts. Todesursachen waren in zwei Dritteln der Fälle Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Es folgten Diabetes mit rund 15 % sowie chronische Nierenerkrankungen und Krebs mit jeweils unter 10 %.
Doch in Schwellenländern wie China wird nicht nur mehr Fastfood, Schokolade etc. gegessen, sondern auch mehr geraucht. Der Bedarf an Arzneien, aber auch medizinischer Technologie (der technologische Fortschritt ist der dritte Wachstumstreiber), beispielsweise Robotern, die den Menschen im Alter behilflich sind, wird steigen. Dasselbe gilt für die globalen Gesundheitsausgaben. „Gesundheit wächst immer doppelt so stark wie die Konjunktur“, weiß Zimmermann. In China werden derzeit nur rund 5,5 % des BIP für Gesundheit ausgegeben, der globale Schnitt liegt laut WHO bei 9,9 %. Spitzenreiter sind die USA mit 17,1 %. Und auch hier werden die Schwellenländer Asiens aufholen. China wird laut dem Investmentstrategen 2025 bereits bis zu 2,4 Milliarden US-Dollar für Gesundheit ausgeben.
* N Engl J Med 2017; 377: 13–27, DOI: 10.1056/NEJMoa1614362
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