Steinhart: Misstrauensantrag vom Tisch, Neuwahlantrag vertagt
Der Misstrauensantrag gegen Dr. Johannes Steinhart, Präsident der Ärztekammer für Wien, verfehlte in der außerordentlichen Vollversammlung am 10.10.2023 deutlich die Zweidrittelmehrheit. Ein Neuwahlantrag wurde auf Dezember vertagt.
Von 81 gültigen Stimmen sprachen sich 44 für eine Abwahl aus. Das ist zwar mehr als die Hälfte (54%), jedoch weit entfernt von der notwendigen Zweidrittelmehrheit. Damit ist die geplante Absetzung von Steinhart in der von der Ärzt*innenkoalition Wien beantragten außerordentlichen Vollversammlung (Details siehe medonline-Bericht hier) gescheitert.
„Ich bedauere das Bild, das durch die politischen Kämpfe der letzten Monate entstanden ist“, so Dr. Johannes Steinhart in einer Aussendung der Ärztekammer Wien in der vergangenen Nacht. Deshalb sei er froh, dass die außerordentliche Vollversammlung bei einigen Themen Klarheit gebracht habe. Es müsse „jetzt endlich wieder Sacharbeit stattfinden“ – von den Honorarverhandlungen über Impfservice bis hin zu den Herausforderungen in den Spitälern.
Die Gegner Steinharts werfen ihm einen katastrophalen Umgang mit der Krise in der Wiener Ärztekammer vor. Allen voran geht es um Vorwürfe rund um die Beschaffungsplattform Equip4Ordi, einer ausgelagerten Tochtergesellschaft der Niedergelassenen-Kurie. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts der Untreue, Begünstigung und des schweren Betrugs.
Steinhart und Szekeres weisen alle Vorwürfe zurück
Unter anderem wird auch Steinhart, ehemaliger Niedergelassenen-Kurienobmann, als Beschuldigter geführt. Er weist alle Vorwürfe zurück. Zudem liegt seit Ende August 2023 eine Anzeige gegen Ex-Ärztekammer-Präsident Dr. Thomas Szekeres vor. Diese hatte Vizepräsident Dr. Stefan Ferenci, Ex-Finanzreferent, getätigt. Er sei durch die herrschende Gesetzeslage dazu verpflichtet gewesen, die Staatsanwaltschaft zu informieren.
Der Vorwurf: Amtsmissbrauch bei einer Darlehensvergabe an die Einkaufsplattform. Szekeres hat ebenfalls alle Vorwürfe zurückgewiesen und gegenüber der APA betont, dass er sich bereits im Frühjahr dazu geäußert habe: Er habe zunächst seine Zustimmung zu diesem Darlehen verweigert und die Aufsichtsbehörde befragt. Diese habe bestätigt, dass die Kammer das Recht habe, eine Firma zu betreiben. Zudem habe die Entscheidung eine Mehrheit der Mandatare in der Kurie getroffen. Deren Beschlüsse habe er als Präsident umsetzen müssen.
Rücktritt von Huber, „Stillstand“ überwunden
Der Machtkampf war zuletzt völlig eskaliert. Bei einer Sitzung der Kurie der niedergelassenen Ärzte Mitte September soll es sogar zu einem Handgemenge gekommen sein. Doch der „Stillstand“ sei nun überwunden, hieß es nach der jüngsten Kuriensitzung am 09.10.2023, sogar von „Aufbruchsstimmung“ war in einer Aussendung die Rede.
Niedergelassenen-Kurienobmann Dr. Erik Randall Huber hatte bereits Ende vergangener Woche seinen Rückzug verkündet. Er hatte die Vorwürfe rund um Equip4Ordi ans Licht gebracht. Sein Nachfolger oder seine Nachfolgerin soll bei der nächsten ordentlichen Kuriensitzung am 16.10.2023 gewählt werden. Bis zur Wahl übernimmt die stv. Kurienobfrau Dr. Naghme Kamaleyan-Schmied.
Die Kurie sei wieder „handlungsfähig“ und habe seit Langem „endlich wieder produktiv gearbeitet“, betonte Kamaleyan-Schmied in der Aussendung. Die Sitzung habe gezeigt, „dass die Vertreterinnen und Vertreter der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in Wien entschlossen sind, Differenzen aus der Vergangenheit zu überwinden“.
Dienstverbot von Ärztin wieder aufgehoben
Man wolle sich den bevorstehenden Herausforderungen und Chancen „mit erneuertem Engagement und gemeinsamem Fokus“ stellen. Unter anderem sei der Kurienausschuss zur Causa Equip4Ordi einstimmig verlängert worden. Ebenso habe man das Dienstverbot von Dr. Yvetta Zakarian im Ärztefunkdienst aufgehoben. Dieses war ihr nach eher ungustiöser Kritik an Huber in einem Posting auferlegt worden.
Was allerdings noch nicht vom Tisch ist: Ein Antrag zur Auflösung der Vollversammlung mit nachfolgenden Neuwahlen. Dieser Antrag wurde auf die nächste Vollversammlung am 12. Dezember 2023 vertagt. Doch auch diesen könnte Steinhart überstehen, denn Szekeres ist von seiner Forderung nach Neuwahlen abgerückt. Er und Steinhart traten vergangene Woche überraschend gemeinsam an die Öffentlichkeit und appellierten an eine „Koalition der konstruktiven Kräfte“.