24. Mai 2023Weder Mitleid noch Heldentum

25 Jahre Österreichisches Paralympisches Committee

Parasportler:innen trainieren heute ebenso professionell wie Athlet:innen in olympischen Sportarten. Inklusion und ein entsprechendes Umfeld sind jedoch notwendige Voraussetzungen dafür.

PARALYMPICS – 25 years OEPC
ÖPC/GEPA Pictures

Mit einem Festakt im Parlament hielt das Österreichische Paralympische Committee (ÖPC) Anfang Mai 2023 Rückschau auf seine nunmehr 25-jährige Erfolgsgeschichte. 1998 gegründet, um die Entsendungen paralympischer Delegationen auf eine professionelle Basis zu stellen und die Finanzierung zu sichern, tritt das Team des ÖPC auch dafür ein, dass Parasportlerinnen und Parasportler ein entsprechendes Umfeld für die Sportausübung finden. „Derzeit sind in Österreich in 14 Sportfachverbände bereits die Para-Sportarten inkludiert. Das bedeutet, dass die Athletinnen und Athleten etwa dieselben Trainingsstätten wie Sportlerinnen und Sportler ohne Behinderung nutzen können“, berichtet ÖPC-Generalsekretärin Mag. Petra Huber. Nach Vorgabe des Internationalen Paralympischen Committee (IPC) soll international die Inklusion bis 2026 abgeschlossen sein. Sichtbar wird die Inklusion auch bei den nächsten Paralympics in Paris: Sie finden nicht nur an denselben Sportstätten wie die Olympischen Spiele statt, sondern haben erstmals auch das gleiche Logo und Maskottchen.

Eine entscheidende Verbesserung der Rahmenbedingungen für Para-Athletinnen und -Athleten bringt zudem die Absicherung etwa durch die Aufnahme in den Heeressport (dzt. 20 Sportlerinnen und Sportler), beim Bundesministerium für Finanzen (Zollsport), beim Innenministerium (Polizeisport) oder durch das Sportministerium – nicht nur finanziell, sondern auch in Versicherungsfragen eine bedeutende Absicherung. „Durch die Aufnahme in den Polizeisport bekommen zudem die Guides der Athletinnen und Athleten mit Sehbehinderung die Möglichkeit, sich umfassend auf Training und Wettkampf zu fokussieren“, ergänzt ÖPC-Präsidentin, BM a.D. Maria Rauch-Kallat.

Abbau sprachlicher Barrieren

Medial werden Para-Athletinnen und -Athleten oft als Heldinnen und Helden und Vorbilder gefeiert: Das könne zwar motivieren, viel wichtiger wäre jedoch die Anerkennung der sportlichen Leistungen als das Hervorheben des positiven Umgangs mit ihrer Behinderung, sagen die Sportlerinnen und Sportler. „Zum Glück sind die Berührungsängste auch der Presse gegenüber Parasportlerinnen und Parasportlern kleiner geworden“, meint Pepo Puch, mehrfacher Paralympics-Medaillengewinner in der Para-Dressur. Tatsächlich brauche es aber einen weiteren Abbau sprachlicher Barrieren, so die mehrfache Paralympics-Medaillengewinnerin im Monoski, Sportlerin des Jahres und nunmehrige Leiterin des Landessportzentrums Tirol, Claudia Lösch: „Wir sind weder Opfer noch bemitleidenswert, brauchen aber punktuell Unterstützung im Alltag.“

Sir Ludwig Guttmann: Neurologe und Initiator der paralympischen Idee

1948 fanden in Aylesbury (England) zeitgleich mit den Olympischen Spielen in London die ersten Sportspiele für Rollstuhlfahrerinnen und Rollstuhlfahrer statt: die „Stoke Mandeville Games“, initiiert vom Neurologen Sir Ludwig Guttmann. Insgesamt 14 kriegsversehrte Männer und Frauen mit Rückenmarkverletzungen traten dabei im Bogenschießen gegeneinander an. 1960 fanden die ersten Paralympics in Rom statt, woran wenige Wochen nach den Olympischen Spielen 400 Rollstuhlsportlerinnen und -sportler aus 21 Nationen teilnahmen.

Der deutschstämmige Ludwig Guttmann schloss 1924 sein Medizinstudium in Breslau ab. Von Beginn an arbeitete er mit dem damals führenden Neurologen Prof. Otfried Foerster zusammen und wurde dessen Assistent.  Als er 1933 als Jude nicht mehr an arischen Krankenhäusern arbeiten durfte, wechselte er an das Jüdische Krankenhaus in Breslau, das er ab 1937 leitete. 1939 flüchtete Guttmann mit seiner Familie nach Großbritannien, wo er sich zunächst in Oxford niederließ und u.a. am St Hugh’s College Military Hospital for Head Injuries tätig war. 1943 bekam er das Angebot das „National Spinal Injuries Centre“ am Emergency Medical Services Hospital in Stoke Mandeville aufzubauen.

Sport war für ihn zentraler Bestandteil der Therapie und Rehabilitation, um die Patientinnen und Patienten sowohl physisch als auch in ihrem Selbstwert zu stärken. Neben Bogenschießen förderte Guttmann unter anderem eine Art „Rollstuhl-Polo“ und Hockey, wobei Patientinnen und Patienten und Physiotherapeuten und -therapeutinnen gegeneinander antraten. 1966 trat Guttmann den Ruhestand, im selben Jahr wurde er von Queen in den Adelsstand erhoben und mehrfach ausgezeichnet. Er verstarb 1980.

thehistorypress.co.uk | IPC

Podiumsdiskussion „Paralympischer Sport in Österreich: Medaillen, Meilensteine, Missionen“ mit Pepo Puch (Para-Dressur), Roman Rabl (Para-Ski), ÖPC-Generalsekretärin Petra Huber, Miriam Labus und Andreas Onea (Moderation) sowie Claudia Lösch (Para-Ski) und Florian Brungraber (Para-Triathlon, Bild v.li.); Wien, 2.5.2023; https://oepc.at/events/25-jahre-oepc/