21. Dez. 2023Weihnachtskolumne

Ungeduld und Vorfreude

Unsere Kolumnistin Dr. Irene Promussas erinnert sich an Weihnachten in ihrer Kindheit und wünscht auch Apothekenkundinnen und -kunden wieder mehr Zeit für Vorfreude.

Portrait of unknown faceless woman typing on laptop keyboard while working in office interior decorated for Christmas holidays, posing near xmas tree.
sementsova321/AdobeStock

In meiner Kindheit waren die beiden Begriffe „Ungeduld und Vorfreude“ ganz eng mit Weihnachten verbunden. Die Ideen des Adventkranzes und des Adventkalenders gehen darauf zurück, die Tage bis Weihnachten für Kinder besonders hervorzuheben, lichter zu machen und die Wartezeit kontinuierlich sichtbar zu verkürzen.

Heute habe ich oft das Gefühl, dass die beiden Begriffen einander konkurrieren – je größer der eine, umso mehr tritt der andere zurück.

Beide haben mit Warten zu tun. Das ist tatsächlich eine Tätigkeit, die in vielen Lebensbereichen aus- und eingeübt werden muss, die aber ungeliebt ist und als lästige Zeitverschwendung gesehen wird. In Zeiten, wo schier jede Information jetzt und sofort zur Verfügung stehen muss, kann man sich kaum mehr vorstellen, dass man voller Sehnsucht auf einen Brief gewartet hat. Ich bin nicht sicher, ob sehnsüchtig auf eine WhatsApp-Nachricht zu warten den gleichen bittersüßen Schmerz auslöst?

Kein Raum für Langeweile

Na gut, lassen wir die Romantik und kehren an unseren Arbeitsplatz in der Apotheke zurück. Dort wartet auch niemand gern, genauer gesagt wird oft gedacht, dass die Wartezeit in einer Arztordination mit möglichst schneller Aktion in der Apotheke aufgewogen werden muss. Inzwischen kann man ja telefonieren, dem Windelkind im Kinderwagen ein Tablet in die Hand drücken oder sonst wie die Zeit füllen, die Roboter Franz braucht, um endlich alle Medikamente auszuwerfen. Der Satz „Wir müssen kurz warten, bis alles da ist, wenn Sie mit Karte zahlen wollen“ wird geflissentlich überhört und mit der Bankomatkarte so lange gefuchtelt, bis endlich der ersehnte Pieps des Bankomaten ertönt. Dazwischen Anmerkungen wie „Da krieg ich aber 2 Packungen!“ oder „Geht‘s schon?“

Wir dachten übrigens, ein zweiter Greifarm für Franz würde uns das Leben erleichtern, aber wir wurden eines Besseren belehrt.

Es gehört offenbar zur Selbstoptimierung, dass jede freie Minute mit Tätigkeit ausgefüllt werden muss. Am besten ist das in öffentlichen Verkehrsmitteln zu beobachten. Wir haben vergessen, dass wir am kreativsten sind, wenn wir der Langeweile Raum geben. Einfach in die Luft schauen und Menschen beobachten? Könnte ja als seltsam oder faul ausgelegt werden. Dass wir beim Wischen und Tippen nicht mehr mitbekommen, was rund um uns vorgeht, ist vielleicht auch der Grund dafür, dass spontanes Flirten via Blickkontakt aus der Mode gekommen ist. Wie schade!

Apropos Flirten: Vor kurzem beobachtete ich in einem Geschäft einen Mitarbeiter, der sichtlich Freude an seiner Arbeit hatte. Zu einer älteren Dame sagte er am Schluss scherzhaft: „Von Ihnen träume ich fast jede Nacht!“ Sie antwortetet schlagfertig darauf: „Ist das dann ein Wunschtraum oder ein Albtraum?“

Zauberhafte Stimmung zurückholen

Wir befinden uns mitten im Advent, der heuer besonders kurz ist. Unsere findige Chefin hat sich kleine Überraschungen ausgedacht für unsere Kundinnen und Kunden, wie einen Punsch da, ein paar Kekse oder kleine Geschenke dort. Vielleicht schaffen wir es so, der zauberhaften Stimmung aus unserer Kindheit wieder ein bisschen auf die Beine zu helfen. Wie wohltuend hört es sich an, wenn jemand auf unser Angebot, nach Abschluss seines Einkaufs noch einen Punsch zu trinken, freudig antwortet: „Ja gern, ich habe Zeit!“

Geben wir der Vorfreude wieder mehr Gewicht, das hält auch die Ungeduld in Zaum! Frohe Weihnachten!