Harter Wind am Apothekenmarkt
WIRTSCHAFTSBERICHT – Der Trend zu hochpreisigen Medikamenten macht sich auch bei den Umsätzen der Apotheken bemerkbar. Dazu kommt, dass die Prognosen der Sozialversicherungen immer ungenauer werden. (Pharmaceutical Tribune 05/2017)
Die Umsätze der österreichischen Apotheken stiegen im Vorjahr um 2,6 Prozent. „Also weit unter dem, was uns seitens der Sozialversicherungsträger zugestanden wurde“, kommentierte Dr. Christian Müller- Uri, 2. Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer anlässlich der Präsentation des aktuellen Wirtschaftsberichtes auf der diesjährigen Fortbildungswoche in Schladming. Betrachtet man die Zahl der abgegebenen Packungen, wird sehr rasch klar, dass diese Wertsteigerung hauptsächlich durch hochpreisige Arzneimittel erreicht wurde.
„In den Medien ist oft erst dann von hochpreisigen Arzneimitteln die Rede, wenn es sich um Präparate mit einem Preis von über 700 Euro handelt“, erklärte Müller-Uri. „Wir betrachten ein Arzneimittel dann als hochpreisig, wenn es – wie es auch in der Arzneitaxe steht – einen Apothekeneinkaufspreis von mehr als 200 Euro hat.“ So wurden im Vergleich zu 2015 um 2,18 Prozent weniger Packungen abgegeben. Starke Umsatzzuwächse in einzelnen Bundesländern lassen sich dadurch erklären, dass Präparate, die dort zuvor vermehrt stationär abgegeben wurden, in den extramuralen Bereich abgewandert sind. Bei den Arzneimitteln mit einem AVP von unter 200 Euro gab es im Vorjahr mit Ausnahme von Vorarlberg in allen Bundesländern ein Negativwachstum (siehe Abb. 1). Insgesamt beträgt der Anteil der hochpreisigen Arzneimittel am gesamten Apothekenumsatz bereits 39,8 Prozent und dürfte weiter steigen.
Müller-Uri: „Aus unserer Sicht ist kein Ende abzusehen.“ Was die Apotheken zu spüren bekommen, ist allerdings nicht die Umsatzsteigerung, sondern der damit nicht proportional steigende Anstieg der Vergütungen. So stiegen die Umsätze der Apotheken von 2011 bis 2016 um 19 Prozent, die Vergütung stieg im gleichen Zeitraum allerdings lediglich um 2,8 Prozent (nicht inflationsbereinigt). Was Müller-Uri ebenfalls Sorgen bereitet, ist die konservative Planung des Hauptverbandes. So stand den prognostizierten Verlusten des Hauptverbandes in den letzten beiden Jahren ein deutliches Plus gegenüber (siehe Abb. 2). „Unserer Auffassung nach besteht kein Anlass, hier regulatorisch eingreifen zu müssen“, so Müller-Uri in Anspielung auf das geplante Gesetz zu hochpreisigen Arzneimitteln (siehe auch Bericht auf Seite 3).
Aus dieser Prognostik des Hauptverbandes könne man jedenfalls keinerlei bindende Aussagen treffen. Betrachtet man die 20 Arzneimittel mit den höchsten Umsatzsteigerungen im Jahr 2016, befinden sich:
- 1 in der grünen Box,
- 1 in der gelben Box (Bereich RE2),
- 1 in der NO-Box und
- 17 in der gelben Box (Bereich RE1 – Medikamente mit einem definierten Verwendungszweck, für die eine Bewilligung durch einen Chefarzt eingeholt werden muss).
Mit diesen Arzneimitteln wurden im Jahr 2016 Umsatzsteigerungen von 89,8 Mio. Euro erreicht, das entspricht rund 133 Prozent der gesamten Umsatzsteigerungen des Vorjahres. Da für den Großteil der für die Umsatzsteigerung verantwortlichen Produkte eine chefärztliche Bewilligung notwendig sei, hätten es die Kassen laut Müller-Uri damit selbst in der Hand, ob sie diese Produkte bezahlen.
Die Median-Apotheke hätte im Jahr 2016 einen Gesamtumsatz von 2,906 Mio. Euro (+2,6 Prozent), davon entfielen 1,963 Mio. (67,6 Prozent; entspricht einem Plus von 2,6 Prozent) auf den Kassenumsatz und 0,943 Mio. (32,4 Prozent; entspricht einem Plus von 2,7 Prozent) auf den Privatumsatz. Der Wareneinsatz machte 71,2 Prozent aus, die Arbeitskosten 18,2 Prozent, sonstige Aufwände (Miete, Strom etc.) 7,5 Prozent, kalkulatorische Kosten 1,4 Prozent und das Betriebsergebnis lag bei 1,9 Prozent.
64 Masernerkrankungen gab es bis 1. März in Österreich. Damit dürfte 2017 zu einem Masern- Rekordjahr werden. Grund für die vielen Erkrankungen ist die zu geringe Durchimpfungsrate.
24 Mio. Euro ist der „Kampffonds“ der Wiener Ärztekammer schwer. Damit wolle man Rücklagen haben, z.B. für den Fall eines vertragslosen Zustandes mit einer Krankenkasse, kommentierte Präsident Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres entsprechende Berichte.