5. Feb. 2020

Lavendel: Wirksam gegen Angst und Schnupfen

Nahaufnahme von violettem Lavendel
EKH-Pictures

Die Arzneipflanze des Jahres heißt Lavendel. Diese Auszeichnung für die duftende lila Pflanze ist mehr als verdient, zeichnet sie sich doch durch ein umfassendes pharmakologisches Potenzial aus.

Die Herbal Medicines Products Platform Austria (HMPPA) hat den Lavendel zur Arzneipflanze des Jahres 2020 gekürt. Im Gegensatz zu Deutschland, wo der Echte Lavendel zur Arzneipflanze des Jahres gewählt wurde, kürte man in Österreich die ganze Gruppe. Einen Fokus will man aber dennoch legen – und zwar auf den Echten Lavendel und den Speiklavendel, die beide in der Medizin eingesetzt werden.

Inhaltstoffe

Als Arzneidroge werden die Lavendelblüten (Lavendulae flos) verwendet. In den Blüten des Echten Lavendels sind ein bis drei Prozent ätherisches Öl enthalten – laut Europäischem Arzneibuch (Ph.Eur.) mindestens 1,3 Prozent. Dieses besteht vor allem aus Monoterpenen, insbesondere Linalylacetat (25 bis 47 Prozent) und Linalool (20 bis 45 Prozent). In geringen Mengen enthält das ätherische Öl u.a. auch 1,8 Cineol, 3-Octanon, Terpinen-4-ol und Campher. Da Lavendelöle teuer sind, werden sie immer wieder mit Lavandinöl sowie synthetischem Linalool und Linalylacetat verfälscht.

Belegte Wirkung

„Die Wirksamkeit der Inhaltsstoffe von Lavendelöl ist durch zahlreiche Studien belegt“, erläutert Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Brigitte Kopp, Vizepräsidentin der HMPPA, Department für Pharmakognosie, Universität Wien. So bescheinigen mehrere in-vitro-Studien dem Öl eine sehr breite antimikrobielle Wirkung gegen eine Vielzahl von Keimen. In Tierstudien wurden krampflösende, beruhigende, schmerzstillende und entzündungshemmende Effekte nachgewiesen. Lavendelöl kann die Blut-Hirn-Schranke passieren und im zentralen Nervensystem funktionelle Veränderungen hervorrufen, die einer angstlösenden klinischen Wirkung entsprechen.

Auch im aus den Blüten des Speiklavendels gewonnenen Öl (Speiköl) finden sich als Hauptkomponenten Linalool (34 bis 50 Prozent), Cineol (16 bis 39 Prozent) und Campher (acht bis 16 Prozent). Das ätherische Öl wirkt expektorierend, sekretolytisch, antibakteriell, krampflösend und entzündungshemmend. Die expektorierende Wirkung wird unterstützt durch eine antimikrobielle Wirkung gegen diverse Bakterien und Pilze. Durch Speiköl kommt es zu einer Besserung der mukozillären Clearance bei akuten und chronischen Erkrankungen der Atemwege.

Angstlösende Wirkung

„Viele Angsterkrankungen werden heutzutage aufgrund mehr oder weniger gravierender Nebenwirkungen nicht adäquat behandelt“, erklärte em. o. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Siegfried Kasper, Zentrum für Hirnforschung, Medizinische Universität Wien. So kommen vorwiegend Antidepressiva, Neuroleptika oder Benzodiazepine zum Einsatz. Eine mögliche Alternative ist das Lavendelölpräparat Silexan®, das bei Pateinten mit subsyndromalen Angststörungen und bei syndromaler generalisierter Angststörung (GAS) gegenüber Placebo überlegen und ebenso wirksam wie das Benzodiazepam Lorazepam in der Anfangsdosis oder der SSRI Paroxetin war. Die Ergebnisse weisen laut Kasper auch auf eine günstige Beeinflussung von Begleitsymptomen wie Unruhezuständen, Depressionen, Schlafstörungen und somatischen Beschwerden hin. Weiters wurden positive Effekte auf Allgemeinbefinden und Lebensqualität beobachtet. Abgesehen von leichten gastrointestinalen Symptomen wie Aufstoßen traten kaum unerwünschte Wirkungen auf. Kasper betonte, dass sich auch keine Hinweise auf Arzneimittelinteraktionen oder Absetzeffekte sowie kein Suchtpotenzial und keine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit ergaben.

Wirksam bei Sinusitis

Ein weiteres Therapiegebiet für Lavendel als Arzneipflanze ist die Sinusitis. „Positive Effekte zeigt ein in Österreich aus Speiklavendel hergestelltes Präparat auch bei Atemwegsinfekten, insbesondere bei viral bedingter Sinusitis oder Bronchitis“, berichtet Dr. Daniel Dejaco, Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Medizinische Universität Innsbruck. So belegte eine Studie aus dem Jahr 2017 eine signifikante Verbesserung der Symptome bei akuter Bronchitis („unterer Atemwegsinfekt“) verglichen mit Placebo.1 Eine 2019 publizierte klinische Studie bei 288 Erwachsenen mit typischen Schnupfensymptomen (Sinusitis) legt nahe, dass es im Vergleich zu Placebo zu einer signifikanten besseren Symptomreduktion und einer signifikanten Verbesserung der Lebensqualität führt, sicher in der Anwendung und gut verträglich ist.2 Basierend auf diesen Daten könne das Präparat laut Dejaco als ergänzende Therapie zu Nasenduschen, Grippemitteln und abschwellenden Nasentropfen bei akuter Sinusitis erwogen werden.

Referenzen:

  1. Kähler. Spicae aetheroleum in uncomplicated acute bronchitis: a double-blind, randomised clinical trial. Wien Med Wochenschr. 2017
  2. Dejaco. Tavipec in acute rhinosinusitis: a multi-centre, doubleblind, randomized, placebo-controlled, clinical trial. Rhinology. 2019