Geimpft – geschützt! Sicher?

V. li.: Schmitzberger, Mursch-Edlmayr, Paulke-Korinek, Wiedermann-Schmidt und Schwarz informierten zum Thema Impfen.

Eine hochkarätige Expertenrunde hat nun einen Plan erarbeitet, um Impfhindernissen in Österreich strategisch entgegenzuwirken. Der E-Impfpass steht bereits in den Startlöchern.

Österreich verfügt über einen, im europäischen Vergleich, umfassenden öffentlichen Impfplan. Dennoch erreichen wir nur unterdurchschnittliche Durchimpfungsraten. Woran das liegt und was dagegen getan werden kann, war Thema der 19. Veranstaltung der Reihe „Zukunft Gesundheit“ der Karl Landsteiner Gesellschaft am 25. September.
„Das Impfwesen gehört zu den potentesten Maßnahmen, die die Medizin hervorgebracht hat, um Morbidität und Mortalität zu verhindern“, erklärte Univ.-Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Vakzinologie (ÖgVak), zu Beginn der Diskussion. Angesichts dessen müsse man sich wirklich fragen, ob es wirklich Leute gibt, die daran nicht glauben.

Skepsis in der jungen Bevölkerung

So zeigte eine Studie des Instituts für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien, die in Kooperation mit dem Praevenire-Gemeindeprojekt „Gemeinsam Vorsorgen in Pöggstall“ (Niederösterreich), durchgeführt wurde, dass eine überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung Impfungen befürwortet. Etwa 16 Prozent waren skeptisch, doch nur etwa fünf bis sechs Prozent waren Impfgegner. Dabei zeigte sich, dass Impfskepsis vor allem in der jüngeren Bevölkerung stärker vertreten war, sprich bei Patienten, „die mit den unmittelbaren Risiken nicht so konfrontiert waren wie die Älteren“, so Wiedermann-Schmidt.
Ein von Patienten häufig angesprochenes Problem zum Thema Impfen ist die schlechte Kommunikation mit dem medizinischen Personal, das oft eine zu fachliche Sprache wählt. Wiedermann-­Schmidt berichtet von einer deutschen Analyse, wonach Unwissenheit, mangelhafte Kommunikation, aber auch abnehmendes Vertrauen in die Vorgaben von Obrigkeiten – insbesondere in der jüngeren Bevölkerung – zu Verunsicherung und Impfskepsis führen. Vor allem Jugendliche und junge Erwachsene suchen gesundheitsbezogene Informationen vermehrt im Internet, wo sie „mit einem Wust an Information konfrontiert werden, der am Ende mehr verunsichert, als er bringt,“ so Wiedermann-Schmidt.

Kommunikation: „One Voice“-Strategie

Ein wesentlicher Lösungsansatz ist daher die Erneuerung der Kommunikationsstrategie. Kernpunkt sei hier die Informationsvermittlung in einer gut verständlichen, einfachen Sprache. „Wir wollen Impfskeptiker abholen, damit sie nicht zu Impfkritikern oder gar Impfgegnern werden“, sagte Dr. Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer.
Bezüglich Medienkommunikation warnen die Autoren des Memorandums vor den Konsequenzen einer Berichterstattung, die Impfgegnern allzu viel Raum lässt. Wiedermann-Schmidt plädiert für die Industrie-unabhängige, sachliche Information, z.B. in Form von TV-Impfspots von offizieller Seite. Ein Streitpunkt bei der Podiumsdiskussion war hier, inwieweit man Emotionen in derartigen Informations-Spots oder Testimonials zulassen dürfe. „Ohne Emotionen bewegt sich einfach viel zu wenig“, so Univ.-Prof. Dr. Bernhard Schwarz, Vorstands-Präsident der Karl Landsteiner Gesellschaft.

Vorbilder in Theorie und Praxis

Ebenfalls im Sinne der „One Voice“-­Strategie soll die Aus- und Weiterbildung von Gesundheitsberufen ausgebaut werden. Das Thema Impfen ist in sämtlichen Ausbildungskatalogen von Gesundheitsberufen nur rudimentär vorhanden, beklagt Wiedemann-Schmidt. „Hier ist ein großer Handlungsbedarf“, so die Vakzinologin.
Das Impfen zu predigen ist das eine, selbst geimpft sein das andere. „Hinterfragen wir uns einmal selber! Gehen wir mit gutem Beispiel voran“, rief Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, vor allem die Angehörigen der Gesundheitsberufe zur Vervollständigung des eigenen Impfschutzes auf.

Elektronischer Impfpass

Ein wichtiger Punkt für die Erhöhung der Durchimpfungsraten ist die Einführung eines elektronischen Impfpasses. 2019 soll dazu in mehreren Bundesländern – voraussichtlich in Niederösterreich, der Steiermark und in Wien – ein Pilotprojekt starten, das sich vorläufig auf Impfungen bei Kindern bis zum sechsten Lebensjahr beschränkt. „Natürlich könnten für einen elektronischen Impfpass zukünftig auch Dinge wie automatische Impferinnerungen angedacht werden. Man hätte den großen Vorteil, dass die Information noch abrufbar ist, wenn der Impfpass nicht mehr auffindbar ist,“ so Priv.-Doz. Dr. Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung Impfwesen im Gesundheitsministerium.

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Die Rolle der Apotheker

Apothekerkammerpräsidentin Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr, warum das Thema volkswirtschaftlich und gesundheitspolitisch von Bedeutung ist und welche  Rolle die Apotheken in der Impfaufklärung spielen.

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Ärzte in der Pflicht

Dr. Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferates der Österreichischen Ärztekammer warum Ärzte in puncto Impfen in der Pflicht stehen und wichtig ist, junge Eltern ausführlich zu informieren.

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Überwindung der Impfskepsis

Priv.-Doz. Dr. Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung Impfwesen im Gesundheitsministerium über die Überwindung der Impfskepsis und warum das Gesundheitsministerium die Initiative unterstützt.

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Die Ziele der Kampagne

Univ.-Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt, Präsidentin der Österr. Gesellschaft für Vakzinologie über die Ziele der Impfinitiative und die am leichtesten lösbaren Impfhindernisse.

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Die Karl Landsteiner Gesellschaft

Univ.-Prof. Dr. Bernhard Schwarz, Vorstands-Präsident der Karl Landsteiner Gesellschaft über die Ziele und Mission der Karl Landsteiner Gesellschaft und deren Motivation die Impfinitiative zu unterstützen.

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Podiumsdiskussion „Die passive Haltung zum aktiven Impfschutz – geht es uns zu gut?;
Wien, 25.09.2018