Sport während Dialyse bringt deutlichen Benefit
Leichtes Training während der Blutwäsche reduziert Hospitalisierungen um die Hälfte, der Sport machte zudem fitter. Das zeigte eine große Studie unter der Leitung der Technischen Universität München (TUM) in 21 Dialysezentren.
Diverse Einschränkungen aber auch der Zeitaufwand durch die Dialyse würden oft dafür sorgen, dass die Betroffenen sich sportlich kaum betätigen. „Da wollten wir ansetzen“, erklärte Studienleiter Univ.-Prof. Dr. Martin Halle, Poliklinik für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin der TUM, kürzlich in einer Aussendung. 1.211 Patientinnen und Patienten in 21 deutschen Dialysezentren nahmen an der im NEJM-Evidence publizierten Studie* teil.
„Damit haben wir eine der weltweit größten Studien zu sportlicher Aktivität bei spezifischen Erkrankungen auf die Beine gestellt“, fährt Halle fort. Zudem sei die Studie repräsentativ für Dialyse-Betroffene in Deutschland, ergab ein Abgleich mit Krankenversicherungsdaten punkto Alter, Geschlecht und Gesundheitszustand. Rund 80.000 Menschen müssen sich in Deutschland mehrmals wöchentlich einer Dialyse unterziehen.
Patientinnen und Patienten mit Eifer dabei
Innerhalb eines Jahres absolvierte eine Hälfte der Studien-Teilnehmenden mindestens einmal, optimal dreimal wöchentlich während ihrer Dialyse ein begleitetes, individuell angepasstes Training: 30 Minuten Ausdauertraining mit einem Ergometer und weitere 30 Minuten Übungen mit Gewichten, elastischen Bändern oder Bällen. Die andere Hälfte wurde nur medizinisch betreut. Die Übungen kamen gut an, wie zwei Kurzvideos über den Sport an der Dialyse aus dem Nephrologischen Zentrum Zwickau zeigen.
Nach einem Jahr hatte sich der Gesundheitszustand in der Verumgruppe deutlich verbessert. Sie konnten häufiger innerhalb einer Minute aus dem Sitzen aufstehen als zu Studienbeginn und innerhalb von sechs Minuten längere Laufstrecken zurücklegen. In der Kontrollgruppe hingegen waren diese Werte sogar niedriger als am Anfang.
Wieder ohne Hilfe aus dem Sessel aufstehen
Solche standardisierten Tests würden zunächst nicht sehr alltagsnah wirken, sagt Halle: „Tatsächlich zeigen die Ergebnisse aber einen Gewinn an Lebensqualität und Selbstbestimmung. Die Betroffenen können beispielsweise zuhause ohne Unterstützung aus einem Sessel aufstehen, was vorher nicht immer der Fall war.“
Außerdem war die Zahl der Tage, die Teilnehmende der Interventionsgruppe innerhalb des Studienzeitraums im Krankenhaus verbrachten, nur halb so groß wie in der Kontrollgruppe – zwei Tage im Mittel im Vergleich zu fünf. „Mit vergleichsweise geringem Aufwand können wir die Gesundheit der Betroffenen verbessern und zudem die Kosten für das Gesundheitssystem senken“, betont Halle.
Ziel: Trainingstherapie als Kassenleistung
Laut Berechnungen lägen die Kosten für ein individualisiertes Training bei etwa 25 Euro pro Trainingseinheit und Person. Den Abschlussbericht zu der aus dem Innovationsfonds der Krankenkassen finanzierten Studie hat das Konsortium DiaTT (Dialyse Trainings-Therapie, siehe auch Kasten) dem Gemeinsamen Bundesausschuss der Krankenkassen überreicht.
Dieses Gremium entscheidet, ob Training während der Dialyse als Standard-Angebot für alle Versicherten kommt. Halle hofft darauf, „dass unser Trainingsprogramm zur Kassenleistung wird“. High-Tech-Medizin sei wichtig, „ihr volles Potenzial kann sie aber nur in Kombination mit anderen Feldern wie der Präventionsmedizin erreichen“. Die Studienteilnehmenden sollen übrigens in den kommenden Jahren weiter begleitet werden. Damit möchte das Forschungsteam mehr über die langfristigen Trainingseffekte erfahren.
*K. Anding-Rost et al., Exercise during Hemodialysis in Patients with Chronic Kidney Failure, NEJM Evidence 2023. https://doi.org/10.1056/evidoa2300057
DiaTT – Dialyse Trainings-Therapie
DiaTT steht für Dialyse Trainings-Therapie. DiaTT-Konsortialpartner waren neben der TUM die Universitätsklinik Köln, das Universitätsklinikum Freiburg, das Kuratorium für Dialyse und Nierentransplantation e.V., die Deutsche Gesellschaft Rehabilitationssport für chronisch Nierenkranke e.V. der Bundesverband Niere e.V. sowie die Krankenkassen Techniker, AOK Plus und Barmer – Landesvertretung Sachsen.
Mehr auf: http://www.diatt.de/