Winter Talent Day: Bewegung und Sport erleben
Für Menschen mit Behinderungen gibt es eine Vielfalt an Bewegungsmöglichkeiten – auch in der Winterzeit! Wie viel (Lebens-)Freude durch gemeinsamen Sport vermittelt wird, zeigte der Winter Talent Day des Österreichischen Paralympischen Committee im oberösterreichischen Hinterstoder.
Ein Angebot wie der Winter Talent Day, veranstaltet vom Österreichischen Paralympischen Committee (ÖPC) und dem Österreichischen Skiverband, ist ein „Meilenstein in der Nachwuchsarbeit“, betont der erfahrene und erfolgreiche Para-Skiläufer Markus Salcher: „Es geht darum, Kinder und Jugendliche mit Einschränkungen zum Sport zu bringen – ganz egal, ob es beim Breitensport bleibt oder ob Leistungssport daraus wird.“ Die sportliche Erfahrung zeige Menschen mit Behinderung, welche Möglichkeiten sie mit ihrem Körper (noch) haben. „Man kann mit jedem Handicap Sport ausüben und auch Sport auf Schnee ist ideal dazu geeignet“, betont der seit Geburt halbseitig gelähmte Spitzensportler und Zollbeamte. Jeder Mensch sollte sich einen Sport suchen, den er oder sie gerne macht. Abgesehen davon ermöglicht Sport Inklusion, etwa wenn es um den gemeinsamen Familienurlaub geht.
Aus diesem Motiv ist auch die Familie des 5-jährigen Jonathan nach Hinterstoder gekommen. „Wir sind eine sportbegeisterte Familie und wir lieben Skifahren“, sagt Jonathans Mutter. Jonathan, der im Alltag einen Rollstuhl benutzt, bekam hier die Möglichkeit, ein Schnuppertraining im Monoski zu absolvieren. Auch sonst bemühen sich Jonathans Eltern darum, ihm verschiedene Sportarten zu zeigen: Die Familie nutzt etwa die Angebote des Österreichischen Behindertensportverbandes (ÖBSV) wie die Rollstuhlsportwoche – Jonathan soll damit herausfinden, was ihm Spaß macht.
Skiausflug mit der Familie
Ebenso beim Talent Day dabei war der 17-jährige Daniel S. Er bekam auf der Piste praktische Tipps von der 9-fachen Paralympics-Medaillengewinnerin Claudia Lösch. „Ich konnte davor schon einige Male den Monoski ausprobieren, am Anfang war es aber gar nicht so leicht“, erzählt Daniel, der gerade eine Lehre zum Verwaltungsassistenten absolviert. Mittlerweile kommt er mit dem Wintersportgerät aber gut zurecht. „Das nächste Ziel ist ein gemeinsamer Skiausflug mit der Familie.“
Österreich ist übrigens das einzige Land weltweit, in dem eine Instruktorenausbildung für Paraski (Skilauf für Menschen mit Amputationen, Sehbehinderungen, Zerebralparesen und Rückenmarksverletzungen) angeboten wird. Die Ausbildung wird von der Bundessportakademie Innsbruck in Kooperation mit Ski Austria und dem ÖBSV unter der Leitung von Mag. Michael Mayrhofer und Mag. Bettina Mössenböck durchgeführt.
Bewegungsinteresse gibt den Ausschlag
Entscheidend dafür, ob Kinder oder Jugendliche mit Behinderung mit einer Sportart beginnen, ist vor allem deren Bewegungsinteresse, betont Eric Digruber, Physiotherapeut und langjähriger Trainer des Paraski-Nationalteams. „Das sollte man natürlich fördern, und da ist ein Event wie der Talent Day ideal.“ Auch Kinder ohne Beeinträchtigung könnten im Sinne der Bewegungsvielfalt durchaus einmal Monoski oder Langlaufschlitten testen. Sportlehrern und -lehrerinnen rät Digruber, Schulausflüge zu organisieren, bei denen Kinder mit und ohne Behinderung entsprechend ihren Fähigkeiten verschiedene Sportarten kennenlernen und damit nicht zuletzt auch ihre sozialen Erfahrungen erweitern.
In puncto (Winter-)Sport für Menschen mit Sehbehinderung gab Tobias Eberhard beim Talent Day wertvolle Anregungen für (künftige) Guides: Sie sollten vor allem keine Scheu davor haben, andere zu leiten und sich empathisch auf das Gegenüber einlassen. „Am Anfang lieber zu viel sagen als zu wenig, denn die Athletinnen und Athleten orientieren sich am akustischen Signal“, sagt Eberhard. Er selbst war lange Jahre aktiver Biathlet im heimischen Nationalteam und bekam nach dem Ende seiner Karriere als Polizeisportler 2023 die Möglichkeit, als Begleitläufer der sehbehinderten Para-Biathletin Carina Edlinger zu fungieren.
Dass es für gemeinsamen Sport auch nötig ist, die Scheu vor einer Kontaktaufnahme mit Menschen mit Behinderung abzubauen, betont die Präsidentin des ÖPC, Maria Rauch-Kallat: „Wenn in der Gesellschaft von Menschen mit Behinderung weggesehen wird, dann steckt oft Unsicherheit oder Unwissenheit dahinter. Gehen wir einfach auf die Menschen zu und fragen nach, ob wir helfen dürfen oder was sie brauchen.“ Die Erfahrung von Bewegung und Sport bietet für Menschen mit Behinderungen auch die Möglichkeit, ihr Selbstwertgefühl zu stärken.
Chancen des paralympischen Sports
„Sport soll einfach Freude machen und gerade für Kinder mit Behinderungen ist das besonders wichtig“, sagt dazu ÖPC-Generalsekretärin und Sportwissenschaftlerin Mag. Petra Huber. „Es geht uns um Bewusstseinsbildung und darum, auf die Möglichkeiten des paralympischen Sports aufmerksam zu machen – wenn einmal eine Paralympics-Teilnahme daraus wird, dann ist das natürlich schön.“ Interessierte können sich jedenfalls beim ÖPC melden, wo das Team dann Kontakte zu den jeweiligen Sportverbänden herstellt, um die weiteren Möglichkeiten der Sportausübung auszuloten.
Bei den diesjährigen Paralympics in Paris werden 7 Jugendliche mit Behinderung die Möglichkeit bekommen, beim Jugendcamp des ÖPC den „paralympischen Spirit“ zu erfahren. Markus Salcher oder Claudia Lösch waren selbst bei einem dieser Jugendcamps dabei, ebenso wie Rollstuhl-Tennisspieler Nico Langmann, der mit der „Nico Langmann Foundation“ Kindern und Jugendlichen Sport-Rollstühle oder Sportgeräte zur Verfügung stellt.
www.oepc.at
www.talent-day.at/
www.nico-langmann.at/
Mehr zum Thema „Bewegung und Sport erleben“ gibt es ab 31. Jänner 2024 in Folge 23 des PARA:Sport-Podcasts zu hören!
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