EADV 2023: Schwanger und hautkrank
Eine schwangere Patientin kann man nicht behandeln wie wie jeden anderen Patienten. Es gibt bei ihnen einiges zu beachten – sowohl hinsichtlich spezifischer mit der Schwangerschaft assoziierter Dermatosen als auch bei der Wahl der Medikamente. Es beginnt bereits beim Anamnesegespräch.
Bereits bei der Anamnese sollte die Schwangerschaft eine Rolle spielen. Informationen diesbezüglich sind auch für Dermatologinnen und Dermatologen relevant, erklärte Dr. Samantha Vaughan-Jones vom Ashford and St Peter‘s Hospitals NHS Foundation Trust in Chertsey. Daher spricht man neben dermatologischer Familienanamnese sowie Art, Beginn bzw. Vortherapie der Beschwerden auch über Schwangerschaftswoche, Geburtstermin sowie eventuelle frühere Fehlgeburten.
Vaughan-Jones macht sich zudem eine Notiz, wer die Frau betreut (Gynäkologe/Hebamme), falls eine Korrespondenz nötig wird. Denn in manchen Fällen braucht man vielleicht Wachstumsscans und Blutwerte. Die körperliche Untersuchung selbst erfolgt wie bei jedem anderen Patienten auch, allerdings sollte man besonders auf die Verteilungsmuster z.B. des Ausschlags achten und fragen, wo genau er angefangen hat.
Diagnostische Hinweise in Kürze
Erstgebärende | ++ | +++ | ++ | ++ |
Mehrlingsschwangerschaft | + | (+) | ||
Auftreten in vorheriger Schwangerschaft | + | + | +++ | + |
Symptombeginn vor dem 3. Trimester | + | (+) | + | +++ |
abdominale Beteiligung | +++ | +++ | + | ++ |
Juckreiz als isoliertes Symptom | +++ | |||
ausschließlich sekundäre Hautläsionen | +++ |
Prozentualer Anteil bei 401 Patientinnen: (+): < 5 %, +: 5–40 % ++: 40–70 % +++: > 70 %
Originaltabelle: Ambros-Rudolph CM et al. 2006; doi: 10.1016/j.jaad.2005.12.012
Welche Dermatosen sind typischerweise mit der Schwangerschaft assoziiert?
Es gibt 2 Dermatosen, die man bei Schwangeren hauptsächlich antrifft: die atopische und die polymorphe Schwangerschaftsdermatose. Hautinfektionen sollte man aber auch immer in die Differenzialdiagnose einschließen. „Wird in der Historie nur Juckreiz angegeben, sollte man auch die Möglichkeit einer Schwangerschaftscholestase (intrahepatic cholestasis of pregnancy, ICP) erwägen“, so Vaughan-Jones. Natürlich können sich auch bereits bestehende Hautkrankheiten wie Akne, Rosazea (Pyoderma faciale) oder eine Urtikaria während der Schwangerschaft verschlimmern.
Patientinnen mit atopischer Schwangerschaftsdermatose (atopic eruption of pregnancy, AEP) hatten in der Vergangenheit oft schon mit Atopien zu tun, z.B. AD, Asthma oder allergische Rhinitis. Die Dermatose beginnt meist im 2. Trimester und ist ggf. schon in vorherigen Schwangerschaften aufgetreten, beschrieb Vaughan-Jones. Die Läsionen können ekzematös sein, follikulär, papulös, urtikariell oder prurigoartig. Sie treten häufig zuerst an den Beinen auf und breiten sich erst im Verlauf auf den Stamm aus. Das Serum-IgE kann erhöht sein, der Wert sei aber oft nicht sehr hilfreich. „Was ich in der klinischen Praxis festgestellt habe ist, dass viele dieser Patientinnen einen Eisenmangel haben“, berichtete Vaughan-Jones. Sie riet daher dazu, bei AEP die Serum-Eisen- und Vitamin-D-Spiegel zu checken. Bei einigen Schwangeren gesellt sich zu der AEP auch eine Kontaktdermatitis hinzu.
Eine polymorphe Schwangerschaftsdermatose (pruritic urticarial papules and plaques of pregnancy, PUPPP) manifestiert sich später in der Schwangerschaft, meist im letzten Trimester oder sogar postpartal. 70% der Betroffenen sind Erstpara. Wie „polymorph“ andeutet, kann es im Rahmen der PUPPP z.B. zu Striae, aber mitunter auch zu einem annularen Erythem, Vesikeln oder ekzematösen Veränderungen kommen, was die Abgrenzung zum AEP erschwert.
Im Vergleich zur AEP beginnt sie aber in der Regel am Abdomen und breitet sich von dort aus auf den restlichen Körper aus. Zudem ist sie die häufigste Dermatose bei Mehrlingsschwangerschaften, bei denen eine AEP nur selten vorkommt.
Die Pathogenese der PUPPP ließ sich bislang nicht klären, spekuliert werden u.a. Zusamenhänge mit einer starken Gewichtszunahme der Mutter oder männlichem Geschlecht des Fetus.
Die wichtigste blasenbildende Autoimmundermatose in der Schwangerschaft ist der Pemphigoides gestationis (PG). Die Blasen entwickeln sich auf anularen polyzyklischen Plaques. Betroffen ist insbesondere die Region um den Bauchnabel herum. Histologisch zeigt sich im Bereich der Blasen eine eindeutige Eosinophilie, via Immunfluoreszenz lässt sich z.B. eine Ablagerung von C3 und IgG nachweisen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass ein PG auch das Amnion einschließen kann, was sich mitunter auf die fetale Entwicklung auswirkt.
Bei der Schwangerschaftscholestase (Pruritus gravidarum) handelt es sich um eine genetisch bedingte und hormonell getriggerte reversible Cholestase. Generell kommt sie in Europa relativ selten vor, in Bolivien und Chile fallen die Inzidenzen etwas höher aus. Betroffene berichten über starken Pruritus, der oft im 3. Trimenon auftritt und sekundär zu Hautveränderungen (Kratzläsionen) führen kann. Der gestörte Gallenabfluss bei der Mutter ist für den Fetus nicht ungefährlich, es drohen Frühgeburt (19–60%) und in seltenen Fällen Totgeburt (1–2%). Therapiert wird z.B. mit Ursodesoxycholsäure.
Welche Untersuchungen sind wichtig?
Laboruntersuchungen beinhalten die üblichen Bluttests. Ein besonderes Augenmerk sollte man auf die Eisen- und Vitamin-D-Spiegel sowie das IgE legen. Bei Juckreiz empfiehlt Vaughan-Jones die Kontrolle der Gallensäure im Serum. Ein Autoimmun-Screen erfolgt bei Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung, besteht die Möglichkeit eines PG, gehört auch eine Biopsie mit direkter Immunfluoreszenz dazu.
Was muss bei der Therapie beachtet werden?
Therapeutisch hat man einige Optionen, erklärte Vaughan-Jones, die auch über Emollients hinausgehen. Oft bestehen Vorbehalte hinsichtlich topischer Steroide, weswegen die Frauen dann z.B. von ihrer Hebamme nur eine 1%ige Hydrocortisonsalbe bekommen. Man kann sie aber ermutigen, dass auch stärkere und damit effektivere Externa möglich sind. „Die Phototherapie ist eine sehr effektive Zweitlinientherapie“, fügte die Referentin hinzu. Aber auch Systemtherapien, darunter einige Antihistaminika, Antibiotika und Steroide, sind unter Umständen möglich.
Die richtige Aufklärung ist besonders wichtig, um die Patientin mit ins Boot zu holen. Schwangere sind, was die Sicherheit von Medikamenten betrifft, oft unsicher und werden von vielen Außenstehenden beeinflusst. Deren Meinungen können den ärztlichen Rat bzw. die gewählte Therapie untergraben, wie Vaughan-Jones aus eigener Erfahrung weiß. Diesbezüglich wies sie auf die verschiedenen Patienteninformationsmaterialien hin, die die EADV-Task-Force erarbeitet hat und die man sich auf der EADV-Seite im Bereich für Patienten unter „Skin Diseases in Pregnancy“ herunterladen kann.