1. Juli 2025Damit die Haare anhaltend sprießen

Ritlecitinib bei Alopecia areata untersucht

Die bisherigen Behandlungsmöglichkeiten bei der Alopecia areata (AA) wirken oft nicht dauerhaft. Eine aktuelle Post-hoc-Analyse bewertete die Wirksamkeit und Sicherheit von Ritlecitinib nach 48 Behandlungswochen.

Haarausfall in Form von Alopecia areata. Glatze einer Frau. Haarausfall nach Covid. Kahle Stellen bei totaler Alopezie
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Bei den meisten Betroffenen wuchsen die Haare anhaltend.

Eine Alopecia areata betrifft schätzungsweise 2 % der Weltbevölkerung. Etwa 10–35 % der Betroffenen entwickeln schwere Formen der AA wie eine Alopecia totalis oder eine Alopecia universalis.

Bei der Alopecia totalis geht das Kopfhaar vollständig verloren, Betroffenen mit Alopecia universalis fehlen jegliche Haare an Kopf, Gesicht und Körper. Bei allen Formen können die Haare wieder spontan wachsen, bei schwerem Haarausfall ist dies aber unwahrscheinlich. Die Erkrankung verläuft chronisch und die verfügbaren Behandlungsoptionen sind begrenzt. Off-label-Therapien haben zahlreiche Einschränkungen, was deren Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit angeht.

Januskinase (JAK)-Inhibitoren zeigten in Studien vielversprechende Ergebnisse. In Europa gibt es bisher zwei zugelassene orale JAK-Inhibitoren zur Behandlung der schweren AA. Zum einen Baricitinib, ein JAK1- und JAK2-Inhibitor, zum anderen Ritlecitinib, ein selektiver dualer JAK3/Tec-Kinase-Inhibitor. Ritlecitinib eignet sich sowohl bei Jugendlichen ab zwölf Jahren als auch bei Erwachsenen. Zur Langzeitwirksamkeit von JAK-Inhibitoren bei AA gibt es allerdings nur wenig Daten.

Wirksamkeit von Ritlecitinib bei schwerer Alopecia areata über 48 Wochen untersucht

Eine aktuelle Studie (1) untersuchte die Auswirkungen sowie den Nutzen der Behandlung mit Ritlecitinib über einen Zeitraum von 48 Wochen. Es handelte sich um eine Post-hoc-Analyse der kombinierten Dosisfindungs- und Zulassungsstudie dieses Wirkstoffs (Phase-IIb/III-Studie ALLEGRO). Insgesamt nahmen 718 Patientinnen und Patienten ab zwölf Jahren an dieser internationalen randomisierten, doppelblinden und placebokontrollierten Studie teil. Die Teilnehmenden hatten einen Haarverlust von mehr als der Hälfte der Kopfhaut, einschließlich einer Alopecia totalis oder universalis. Nach Randomisierung bekamen sie über 24 Wochen Ritlecitinib in unterschiedlicher Dosierung oder Placebo. Manche Patientinnen und Patienten erhielten zusätzlich eine vierwöchige initiale tägliche Aufsättigungsdosis von 200 mg (200/50 mg, 200/30 mg) und manche nicht (50 mg, 30 mg). Danach wechselten die ursprünglich der Placebogruppe zugewiesenen Patientinnen und Patienten auf Ritlecitinib 200/50 mg oder 50 mg einmal täglich für weitere 24 Wochen. Jene, die Ritlecitinib erhielten, setzten ihre zugewiesene Erhaltungsdosis fort.

Die Ärztinnen und Ärzte bewerteten das klinische Ansprechen basierend auf einem Severity of Alopecia Tool (SALT)-Wert und zogen für die Analyse schließlich vier Zielkriterien heran: SALT ≤ 20 (≤ 20 % Kopfhaarverlust), SALT ≤ 10 (≤ 10 % Kopfhaarverlust) sowie Verbesserung der Augenbrauenbewertung (EBA) und Verbesserung der Wimpernbewertung (ELA).

Die Forschenden berücksichtigten bei ihrer Analyse sowohl diejenigen Patientinnen und Patienten, die in Woche 24 bereits eine klinische Verbesserung aufgewiesen hatten, als auch diejenigen, die bis dahin nicht angesprochen hatten.

Teils verzögertes Ansprechen

Die Ergebnisse waren eindeutig: Bei den meisten Patientinnen und Patienten, die bereits nach 24 Wochen angesprochen hatten, wuchsen die Haare nachhaltig und anhaltend. Anhaltend bedeutete dabei, dass zwischen Woche 24 und 48 zu keinem Zeitpunkt ein Wirkverlust eingetreten war. Mehr als 85 % der Patientinnen und Patienten, die nach 24 Wochen einen SALT ≤ 20 erreichten, hielten diesen Status auch nach 48 Wochen. Für SALT ≤ 10 lagen die Werte abhängig von der Dosierung zwischen 68 und 91 %. Auch bei den EBA- und ELA-Werten hielt die Verbesserung bei einem Großteil der Patientinnen und Patienten bis Woche 48 an.

Bemerkenswert war weiters, dass ein relevanter Teil der Patientinnen und Patienten erst verzögert auf die Behandlung ansprach. Etwa ein Drittel der Betroffenen, die nach 24 Wochen noch ohne SALT ≤ 20 blieben, erreichte diesen bis Woche 48. Auch beim SALT ≤ 10 stieg der Anteil der Responder unter fortgesetzter Behandlung im Verlauf an (19,8–25,5 %). Ähnlich zeigten sich Verbesserungen bei EBA (bis zu 32,8 %) und ELA (bis zu 30,2 %).

Ein entscheidender Faktor für verzögertes Ansprechen war der initiale Schweregrad der Erkrankung. Betroffene ohne frühes Ansprechen hatten zu Studienbeginn einen höheren SALT-Wert, litten häufiger an schweren Verlaufsformen und wiesen eine längere Krankheitsdauer auf. Die Daten unterstreichen damit die Notwendigkeit einer individuellen Therapiedauer. Vor allem bei jenen, die nicht früh ansprechen, könnten eine langfristige Behandlung benötigen, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Die Autorinnen und Autoren empfehlen, diese Patientinnen und Patienten über sechs Monate hinaus zu behandeln.

Ritlecitinib war sicher und gut verträglich

Unerwünschte Ereignisse waren häufig und traten bei 74–93 % der Patientinnen und Patienten auf. Sie blieben jedoch überwiegend leicht bis moderat. Es gab zwei schwerwiegende unerwünschte Ereignisse, die laut Prüfarzt aber nicht im Zusammenhang mit der Therapie standen. Insgesamt war Ritlecitinib bis Woche 48 bei allen Dosisstufen gut verträglich und sicher. Alle Subgruppen zeigten ein ähnliches Sicherheitsprofil.

Zu den Limitationen dieser Analyse zählt ihr Post-hoc-Charakter. Die Autorinnen und Autoren fordern deshalb prospektive Studien mit längerer Behandlungsdauer, um die Ergebnisse zu bestätigen. Als weitere Nachteile nannten sie die zu geringe Diversität unter den Teilnehmenden (68 % waren weiß) und die Tatsache, dass Personen mit einem Haarausfall von weniger als 50 % der Kopfhaut nicht an der Studie teilnehmen durften. Zudem war die Stichprobengröße pro Behandlungsgruppe gering, was die Aussagekraft ebenfalls einschränkt. Die Nachbeobachtungszeit belief sich auf 48 Wochen. Derzeit läuft eine Langzeitstudie, die Erkenntnisse zur Dauerhaftigkeit des Therapieansprechen über ein Jahr hinaus liefern soll.