19. Mai 2025Aktuelle Entwicklungen bei COPD

GOLD 2025: Klimawandel, pulmonale Hypertonie und neue Therapieoptionen

Der aktuelle GOLD-Report 2025 (Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease)1 enthält bedeutende Neuerungen hinsichtlich Diagnostik, Phänotypisierung und Therapie sowie erstmals ausführliche Empfehlungen zum Einfluss des Klimawandels, Impfstrategien, kardiovaskulären Komorbiditäten und dem Einsatz von Biologika in der Behandlung.

Take Home Messages

  • Früherkennung: Risikopatientinnen und -patienten auch ohne manifeste Obstruktion sollten frühzeitig identifiziert werden.
  • Personalisierung: individualisierte Therapieplanung
  • Optimierte Therapiepfade: Die Verwendung von Kombinationstherapien basierend auf Exazerbationsverlauf und Biomarkern verbessert die Prognose.
  • Multimodaler Ansatz: Kardiovaskuläre Begleiterkrankungen sowie pulmonale
  • Hypertonie sind integrale Bestandteile der COPD-Versorgung.
  • Nichtmedikamentöse Optionen: Pulmonale Rehabilitation, Nikotinentwöhnung und ggf. Lungentransplantation bedenken.
Smog-Cityscape
Foto: jef 77/stock.adobe.com

Die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) ist eine progrediente, heterogene Lungenerkrankung, die durch persistierende, nicht vollständig reversible Atemwegsobstruktion charakterisiert ist. COPD ist weltweit die dritthäufigste Todesursache und verursacht erhebliche sozioökonomische Belastungen.2

Der GOLD-Report 2024 führte die Begriffe pre-COPD und PRISm (Preserved Ratio Impaired Spirometry) ein, um Risikopersonen frühzeitig zu identifizieren, bevor eine signifikante Atemflusslimitation auftritt.3 Diese Gruppen zeigen häufig typische Symptome wie Dyspnoe oder chronischen Husten, trotz unauffälliger spirometrischer Befunde. Neue Forschungsergebnisse belegen, dass Patientinnen und Patienten mit PRISm ein erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse sowie eine erhöhte Mortalität aufweisen.4, 5

Bildgebende Verfahren und Biomarker, etwa CT-basierter Nachweis von Air Trapping oder Mucus Plugging, unterstützen die frühzeitige Diagnose struktureller Veränderungen und erlauben die Identifikation sogenannter „treatable traits“.6 Dieses Konzept fördert einen personalisierten Therapieansatz und verbessert langfristig das Krankheitsmanagement.

Einfluss des Klimawandels

Ein neues Kapitel im GOLD-Report 2025 thematisiert die Auswirkungen klimatischer Veränderungen auf den Verlauf der COPD.1 Extreme Wetterlagen, insbesondere Hitzewellen und Kälteperioden, sind mit einer erhöhten Exazerbationsrate und Hospitalisierung verbunden.7 Auch Feinstaub, Ozon und Stickoxide fördern bronchiale Hyperreaktivität und respiratorische Verschlechterungen.8 GOLD empfiehlt daher angepasste Raumtemperaturen (≥ 18 °C im Winter, ≤ 24 °C im Sommer) sowie das Vermeiden stark belasteter Luft bzw. Umwelt und Luftreinhaltemaßnahmen.

Impfempfehlungen

Die folgenden empfohlenen Impfungen reduzieren die Exazerbationshäufigkeit und Hospitalisierungsrate signifikant:

  • Influenza (jährlich)
  • Pneumokokken (Konjugat + evtl. Polysaccharid)
  • COVID-19 (aktuelle Empfehlungen)
  • RSV (bei älteren Menschen)
  • Herpes zoster
  • Tdap

Kardiovaskuläres Risiko

Akute Exazerbationen der COPD (AECOPD) stellen einen entscheidenden Risikofaktor für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse dar. Während und in den ersten Wochen nach einer AECOPD ist das Risiko für Komplikationen wie Herzinsuffizienz, akutes Koronarsyndrom, zerebrale Ischämien und Arrhythmien um das bis zu 20-Fache erhöht.9,10

Zur Früherkennung kardiovaskulärer Komorbiditäten wird empfohlen, Laborparameter wie Troponin und NT-proBNP regelmäßig, insbesondere im Rahmen einer Exazerbation, zu bestimmen und im Verlauf zu kontrollieren. Auch Personen mit stabiler COPD und lediglich leichter bis mittelgradiger Obstruktion weisen eine signifikant erhöhte Prävalenz kardiovaskulärer Erkrankungen auf.11

Pulmonale Hypertonie

Der aktualisierte GOLD-Report 2025 widmet der pulmonalen Hypertonie (PH) bei COPD erstmals ein eigenes Kapitel. PH wird definiert durch einen mittleren pulmonalarteriellen Druck (mPAP) > 20 mmHg. Etwa 25–30 % der COPD-Patientinnen und -Patienten zeigen eine milde Form der PH, die überwiegend der Gruppe 3 PH (PH bei Lungenerkrankung) oder bei gleichzeitiger Linksherzerkrankung der Gruppe 2 PH zugeordnet wird.1

Ein interdisziplinärer Therapieansatz wird insbesondere bei der Identifikation behandelbarer Subtypen wie der chronisch thromboembolischen pulmonalen Hypertonie (CTEPH) empfohlen.12 Schwere PH-Formen sind durch einen pulmonalen Gefäßwiderstand (PVR) > 5 Wood Units gekennzeichnet und erfordern eine gezielte Diagnostik und Therapie gemäß den Empfehlungen der ESC/ERS-Leitlinien von 2022.13

Neue Therapieoptionen für die COPD

Die initiale Behandlung erfolgt typischerweise mit einem langwirksamen Muskarinantagonisten (LAMA) oder in Kombination mit einem langwirksamen b-2-Agonisten (LABA). Die Entscheidung über eine zusätzliche Therapie mit inhalativen Kortikosteroiden (ICS) orientiert sich an der Exazerbationshistorie und der Eosinophilenzahl im Blut.

Eine Triple-Therapie (ICS + LABA + LAMA) wird gegenüber einer dualen Kombination (ICS + LABA) bevorzugt, wenn die Eosinophilenzahl ≥ 300 Zellen/μl beträgt oder bei fortbestehenden Exazerbationen trotz dualer Bronchodilatation.1

Dupilumab und Ensifentrin im Therapiepfad

Grafik
modifiziert nach GOLD-Report 2025

LABA = long acting beta2-agonist; LAMA = long acting muscarin antagonist; ICS = inhaled corticosteroid

* Die Therapie mit einem einzigen Inhalator kann effizienter und wirksamer sein als mit mehreren Devices. Zudem sollte
die Anwendung eines ICS bei Pneumonie oder anderen starken Nebenwirkungen reevaluiert werden. Bei Bluteosinophilie ≥ 300/μl ist ein ICS mit verringerter Wahrscheinlichkeit für Exazerbationen verbunden.

Einsatz neuer Substanzen: Ensifentrin und Biologika

Ensifentrin ist ein inhalativer PDE3- und PDE4-Inhibitor mit dualer bronchodilatatorischer und antiinflammatorischer Wirkung. In aktuellen Phase-III-Studien konnte eine signifikante Verbesserung der Lungenfunktion sowie eine Reduktion der Dyspnoe nachgewiesen werden.14

Dupilumab, ein humaner monoklonaler Antikörper gegen die a-Untereinheit des IL-4-Rezeptors, blockiert die Signalwege von Interleukin-4 und -13. Bei Patientinnen und Patienten mit einer Blut-Eosinophilenzahl ≥ 300 Zellen/μl und chronischer Bronchitis kann Dupilumab als Add-on-Therapie nach erfolgter Triple-Therapie erwogen werden. Die Phase-III-Studien BOREAS und NOTUS zeigten eine signifikante Verbesserung von FEV1 sowie eine Reduktion der Exazerbationen.15, 16

Im ABRA-Trial wurde der Einsatz von Benralizumab, einem IL-5-Rezeptor-Antikörper, im Rahmen eosinophiler Exazerbationen untersucht. Eine einmalige subkutane Gabe konnte in Kombination mit oralen Kortikosteroiden sowohl die Lungenfunktion verbessern als auch die Exazerbationsrate senken.17

Zusätzlich kann bei nicht rauchenden Personen Azithromycin zur Exazerbationsprophylaxe eingesetzt werden, da Makrolide antiinflammatorische und immunmodulierende Effekte entfalten.18 Auch Roflumilast, ein PDE4-Inhibitor, ist bei Patientinnen und Patienten mit FEV1 < 50 %, chronischer Bronchitis und häufiger Exazerbationen indiziert. Aufgrund häufiger Nebenwirkungen wie Diarrhoe und Gewichtsverlust sollte Roflumilast bei kachektischen Patientinnen und Patienten jedoch mit Vorsicht eingesetzt werden.